Da rennt Jamand seit Monaten seinem früheren Arbeitgeber hinterher, um endlich ein vernünftiges Arbeitszeugnis zu bekommen.
Lohnt sich die Mühe überhaupt? Fünf Gründe, unbedingt dranzu – bleiben.Gute Gründe, warum man den alten Arbeitgeber verlässt. Logisch, dass man da lieber nach vorn schaut, statt sich mit dem Vergangenen zu beschäftigen. Und dann knirscht es im alten Job auch noch wegen des Arbeitszeugnisses. Häufige Knackpunkte: unterschiedliche Auffassungen zu den Tätigkeiten, zur Leistungsbeurteilung und unklare, missverständliche Formulierungen. Da hilft nur Dranbleiben, auch wenn es nervt, denn Arbeitszeugnisse haben mehrere wichtige Funktionen.
1. Leistungsbeurteilung
Ja, es stimmt: Der Anspruch auf ein qualifiziertes, wohlwollendes Arbeitszeugnis beim Ausscheiden aus einem Unternehmen ist gesetzlich geregelt. Es stimmt also: Grundsätzlich muss das Zeugnis positiv formuliert sein. Das bezieht sich dann vor allem auf die Passagen der Leistungsbeurteilung. Hier liest man meist ähnliche Textbausteine in der eigenen »Zeugnissprache«. Stilistisch nicht toll, dafür aber rechtlich wasserdicht. Die abgestuften Formulierungen etwa von »voller« bis »vollster Zufriedenheit« lassen sich in Schulnoten übersetzen – dafür findet man an verschiedensten Stellen Übersetzungshilfen.
2. Arbeitsbescheinigung
Das Arbeitszeugnis beginnt mit Angaben zum Arbeitnehmer und dem Eintrittstermin. Es endet mit dem Austrittsdatum – damit ist Funktion Nummer zwei die Arbeitsbescheinigung. Ohne diese könnte man in den Lebenslauf zur Beschäftigungsdauer alles Mögliche schreiben. Um das auszuschließen, lassen sich viele Arbeitgeber innerhalb der Probezeit das letzte Arbeitszeugnis vorlegen. Sie ahnen bereits: Wenn die Angaben dann vom Lebenslauf oder Aussagen im Gespräch abweichen, kommen schnell ungemütliche Nachfragen.
3. Tätigkeitsbescheinigung
Im nächsten Textblock geht es um die Beschreibung der bisherigen Aufgaben, die als Funktion Nummer drei eine Tätigkeitsbescheinigung ist. Hier entscheidet sich, wie die Wertigkeit der bisherigen Stelle gesehen wird – und das hängt zu 100 Prozent ab von zutreffenden Formulierungen. Und hier ist Eigeninitiative gefragt! Bieten Sie rechtzeitig an, einen konkret formulierten Vorschlag zu machen. Dafür sind Chef und Personalabteilung oft dankbar: Es erspart Zeit und vor allem Diskussionen. Vielleicht haben Sie noch die Stellenausschreibung oder finden eine vergleichbare auf Stellenportalen. Da sind dann auch gleich aktuelle Schlüsselwörter drin, die die Beschreibung up-to-date machen.
4. Erfolgsbestätigung
Häufig ist das »Was« im Arbeitszeugnis nur auf diese Auflistung beschränkt. Vor allem bei Führungskräften (aber wenn möglich auch bei allen anderen Rollen) sollten unbedingt auch erreichte Ergebnisse und Sonderprojekte dargestellt werden. Die Erfolgsbestätigung ist also Funktion Nummer vier. Diese oft vergessene Zeugnisfunktion ist superwichtig, weil es sich um konkrete, häufig auch messbare Details handelt, die dann die Kategorie »nachweisbare Erfolge« darstellen.
Und spätestens hier hören vermutete Gefälligkeiten im Zeugnis ziemlich sicher auf: Es liegt voll im Ermessen des Unternehmens, ob man diese Bestätigung gibt. Und wenn sie da steht, hat sie entsprechendes Gewicht. Am besten wählt man Erfolge aus, über die man im Interview locker und mit Begeisterung erzählen kann. Gleichzeitig helfen solche Angaben bei Bewerbungen für den nächsten Karriereschritt.
5. Wertschätzungsbarometer
Was verrät ein Arbeitszeugnis noch? Nehmen wir an, nach fünf Jahren Firmenzugehörigkeit liegt mir ein einseitiges Blatt vor. Alle Pflichtangaben sind da und mehr nicht. In einem Vorstellungsgespräch würde man da schon sehr genau nachfragen, wie es um die Zusammenarbeit und das Verhältnis zum Chef bestellt war. Funktion Nummer fünf ist also das Wertschätzungsbarometer. Ein qualifiziertes Zeugnis sollte anderthalb bis zwei Seiten umfassen und so auch in der Länge angemessen zur Beschäftigungsdauer sein.
Ein Arbeitszeugnis begleitet Arbeitnehmer durch das gesamte Berufsleben.
Ohne Arbeitszeugnisse
gib es keinen lückenlosen Lebenslauf
Mithin kann ich also noemals ein Arbeitszeugnis einfach unter den Tisch fallen lassen. Deshalb nämlich ist es wichtig, sich innerhalb der sechs Monate nach Ausscheiden aus dem Unternehmen intensiv um ein Zeugnis zu bemühen. Falls es allein nicht gelingt, wenden Sie sich rechtzeitig vor Ablauf an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, damit eine Zeugnisberichtigungsklage überhaupt noch möglich ist. Ein Anwalt berät und hilft vor allem auch dabei, eine außergerichtliche Einigung zu finden.
Und falls Sie dann nach allem Hin und Her
mit dem Zeugnis nicht zufrieden sind,
gibt es immern noch eine Möglichkeit:
Das Referenzschreiben.
Oft erklären sich dazu frühere Chefs bereit, die das Unternehmen bereits verlassen haben oder mittlerweile im Ruhestand sind. In manchen Fällen sind da auch Kunden sehr unterstützend. Referenzen werden ohnehin immer wichtiger als Kriterium für die endgültige Bewerberentscheidung.
Wer den realen Wert von Arbeitszeugnissen kennt, kann daraus für sich einen großen Nutzen ziehen.