„Fauipelzwiese“ Die Erhöhung des Bürgergelds erregt die Gemüter. Eine nüchterne Berechnung von Grenzkosten und Grenznutzen zeigt: Arbeit lohnt sich selbst für Gutverdiener oft kaum noch und das liegt nicht – etwa nur – an großzügigen Transferleistungen:

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Juli 2024 | Allgemein, Essay, Junge Rundschau | Kommentieren

Um 5 Uhr morgens stand der Kompromiss im Haushaltsstreit. Oder das, was man damals für den Kompromiss hielt. Denn als Cem Özdemir sich wehrte, war es schon vorbei mit der Einigkeit. Der grüne Landwirtschaftsminister kündigte an, nicht mittragen zu können, was der Kanzler, der Vizekanzler und der Finanzminister da ausgehandelt hatten.

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Juli 2024 | Allgemein, Sapere aude, Senioren | Kommentieren
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Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner bei der Pressekonferenz zum Haushaltskompromiss im vergangenen Dezember: Machen sie es dieses Mal besser?  (Quelle: IMAGO/imago-images-bilder)
Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,
beim letzten Mal hielt die Einigkeit nur wenige Stunden. Es war Mitte Dezember, Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner hatten die Nacht durchverhandelt. Um 5 Uhr morgens stand der Kompromiss im Haushaltsstreit. Oder das, was man damals für den Kompromiss hielt.
Denn als Cem Özdemir sich wehrte, war es schon vorbei mit der Einigkeit. Der grüne Landwirtschaftsminister kündigte an, nicht mittragen zu können, was der Kanzler, der Vizekanzler und der Finanzminister da ausgehandelt hatten. Die Lösung enthielt gleich zwei Härten für seine Bauern: Die Kfz-Steuerbefreiung und die Agrardieselsubvention sollten entfallen. Ein großer Haufen Mist, der die Bauern auf die Barrikaden brachte. Spätestens da wollte fast niemand mehr was mit der Einigung zu tun haben. Der Ampelstreit ums Geld ging weiter.
Es werden also böse Erinnerungen wach, wenn in diesen Tagen wieder über den Haushalt verhandelt wird. Die Ampelregierung will es natürlich besser machen diesmal. Nur hat sie eben schon oft bewiesen, wie gut sie darin ist, sich ihre wochenlang zusammenverhandelten Kompromisse in wenigen Stunden wieder zu zerreden. Schafft sie dieses Kunststück auch jetzt wieder?
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Es gibt dummerweise ein paar Dinge, die dafür sprechen. Die Haushaltslücke ist noch größer als im vergangenen Jahr, das allein macht es kompliziert. SPD und Grüne wollen deshalb eigentlich mehr Schulden aufnehmen, die FDP will das auf keinen Fall. So weit, so bekannt.
Vergangene Woche aber verkeilten sich SPD und FDP überraschend heftig. Die SPD forderte in einer gemeinsamen Erklärung der maßgeblichen Fraktionsflügel, die Notlage auszurufen, um die Schuldenbremse noch einmal aussetzen zu können. Die FDP drohte zurück, und zwar mit Koalitionsbruch, wenn es dazu kommen sollte. Eine wenig hilfreiche Eskalation, wie genervte Grüne hinter vorgehaltener Hand bemerkten.
Die erste Deadline wird die Ampel diese Woche reißen. Den Haushaltsentwurf kann sie am Mittwoch, dem 3. Juli, nicht wie geplant beschließen. Das ist seit einigen Tagen klar. So weit sind sie noch nicht, obwohl Scholz, Habeck und Lindner auch am Wochenende verhandelt haben. Statt eines Gesetzentwurfs könnte es eine „politische Einigung“ geben, also so etwas wie Eckpunkte, die großen Linien. Besser als nichts, könnte man sagen, besonders die SPD hatte zuletzt Druck auf ihren Kanzler gemacht, irgendwas vorzulegen.
Doch „politische Einigungen“ bergen in der Ampel eine Gefahr.Solange es nichts Schriftliches außer ein paar Eckpunkten gibt, also keinen durchgerechneten Gesetzentwurf, könnte passieren, was in vergleichbaren Situationen schon oft passiert ist: Alle drei Ampelpartner interpretieren die „Einigung“ auf ihre ganz eigene Weise. Jeder schickt seine Spindoktoren los, um Journalisten davon zu überzeugen, dass man sich in den Verhandlungen am meisten durchgesetzt habe. Am Ende blickt kaum noch jemand durch, was genau beschlossen wurde. Und der Streit geht weiter.
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Rolf Mützenich (von links), Christian Dürr und Britta Haßelmann: Auf die Chefs der Ampelfraktionen im Bundestag kommt es beim Haushalt an.  (Quelle: IMAGO/Bernd Elmenthaler/imago)
So muss es aber nicht kommen. Es gibt auch ein paar Hinweise, dass es dieses Mal besser laufen könnte. Die Ausgangslage ist eine andere: Als das Bundesverfassungsgericht im November das Finanzkonstrukt der Ampel für verfassungswidrig erklärte, war der Kabinettsentwurf fertig. Die Ampelfraktionen im Bundestag waren gerade dabei, ihn zu Ende zu verhandeln. Was auch bedeutete, dass Scholz, Habeck und Lindner als Kabinettsmitglieder eigentlich gar nicht mehr zuständig waren. Sie mussten das riesige Haushaltsloch flicken, ohne die selbstbewussten Fraktionen von SPD, Grünen und FDP im Bundestag auszubooten. Und das in nur wenigen Wochen. Dieses Mal wissen alle seit Monaten Bescheid, dass es eng wird. Und sie können ihren Entwurf von Anfang an so konzipieren, wie es nötig ist.
So schlecht scheint das nicht zu laufen. Zumindest geben sich Leute, die nah dran sind, in diesen Tagen optimistisch. Überraschend optimistisch. Das könnte natürlich Autosuggestion sein: Man redet sich so lange ein, dass es gut läuft, bis man wirklich daran glaubt.
Doch angeblich gibt es tatsächlich bedeutende Fortschritte. Statt über 30 Milliarden Euro soll die Lücke zuletzt nur noch rund 10 Milliarden Euro groß gewesen sein. Nachdem vorher immer vorsichtig und vage auf einen Kabinettsbeschluss „im Juli“ verwiesen worden war, legte sich Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag beinahe fest und sagte, es werde wohl der 17. Juli. Da sei er bei aller gebotenen Vorsicht zuversichtlich.
Das ist nicht das einzig Bemerkenswerte. Die Grünen geben sich gerade besonders zurückhaltend, und zwar auch der sonst konfliktfreudige linke Parteiflügel. Das liegt eher nicht an einer plötzlich entdeckten Liebe für Christian Lindner, sondern wohl an der Erkenntnis, dass es diesmal wirklich ernst ist. Die Grünen sind bereit, harte Kompromisse einzugehen, nur damit die Ampel nicht auseinanderfliegt.
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Joe Biden und Emmanuel Macron: Der eine zu müde, der andere zu aufgedreht.  (Quelle: IMAGO/VANNICELLI/GRILLOTTI/imago)
Die Europawahl hat gezeigt, was den Ampelparteien bei einer vorgezogenen Neuwahl drohen würde. Das allein diszipliniert. Hinzu kommen die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst. Für die Ampelparteien sieht es überall recht katastrophal aus. Für die AfD überall glänzend. Niemand in der Bundesregierung will die Lage mit einer Regierungskrise oder auch nur einem Haushaltsstreit bis Weihnachten verschärfen.
Es ist ungemütlich genug, auch international. In den USA scheint es nur noch darum zu gehen, ob ein müder Joe Biden selbst gegen Donald Trump verlieren darf oder ob das ein jüngerer, unbekannterer Demokrat übernimmt. Und in Frankreich hat es der etwas zu aufgedrehte Emmanuel Macron fertiggebracht, dass bald der rechtsextreme Rassemblement National von Marine Le Pen die Regierung anführen könnte.
Genug Anschauungsmaterial also, wie es nicht geht. Und genug Motivation, es anders zu machen, besser. Mit einem fairen Kompromiss, bei dem alle Partner sparen und sich möglicherweise trotzdem ein Sondervermögen genehmigen. Um die Schuldenbremse zu ehren und zugleich genügend Geld für nötige Investitionen zu haben. Es wäre im ureigenen Ampelinteresse. Und vor allem: im Interesse dieses Landes.
Juli 2024 | In Arbeit | Kommentieren

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Auch bei diesem Parteitag ist zu erwarten, dass der „Flügel“ von Björn Höcke seinen Einfluss ausweiten wird.
Auch bei diesem Parteitag ist zu erwarten, dass der „Flügel“ von Björn Höcke seinen Einfluss ausweiten wird.

Michel Friedman ruft zum Widerstand gegen die extreme Rechte auf.

Die AfD ist demokratisch gewählt. Trotzdem ist sie keine demokratische Partei. Unzählige Bemerkungen aus der Parteispitze bis hin zum Parteivorsitzenden Alexander Gauland, bis zu Björn Höcke verletzen Artikel 2 des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ in brutalster Weise. Für die Spitze der AfD ist die Würde von einigen Menschen antastbar. Die rassistischen, antisemitischen und xenophoben Parolen bilden den inhaltlichen Kern dieser Partei. Er besteht aus Hass, Hetze und Menschenverachtung.

Auch sollten wir aufhören, die Wähler dieser Partei als Protest- oder Wutwähler zu bezeichnen, weil dieser Entlastungsversuch eine Verharmlosung bedeutet. Wir sollten die Wähler wie auch die Spitzenfunktionäre sehr ernst nehmen, und das bedeutet, sie politisch und rechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Mit ihrer Stimme unterstützen sie Demagogen und Demokratiefeinde. Man kann nicht mit anderthalb Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.

Die AfD ist eine autoritäre, reaktionäre Partei

Die AfD ist eine autoritäre, reaktionäre Partei. Die Wölfe haben schon längst ihren Schafspelz ausgezogen, sind geistige Brandstifter, die ihre Hände nicht in Unschuld waschen können, wenn daraus tatsächliche Gewalt entsteht. Auch der Versuch, das Dritte Reich als einen „Vogelschiss der Geschichte“ zu bezeichnen, verharmlost die Zeit des Nationalsozialismus. Zur Erinnerung: In dieser Zeit wurden sechs Millionen Juden in der Shoa durch Deutsche ermordet. Ein „Vogelschiss“?

Dass diese Partei in alle Landtage gewählt und in einige mit deutlich höheren Stimmanteilen wiedergewählt wurde, dass sie die größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag ist, ist eine ernstzunehmende Bedrohung der Demokratie. Was nicht mehr geht: von den Anfängen zu sprechen, die man abwehren müsse. Zu viele Anfangspunkte sind eben nicht abgewehrt worden und sind zu Endpunkten der Gewalt geworden. Der letzte Endpunkt war der Terroranschlag auf die Synagoge in Halle.

Die AfD ist immer extremer geworden

Was nicht mehr geht, ist zu sagen: „Wir haben verstanden, jetzt werden wir handeln.“ Zu oft ist dies gesagt worden, zu selten ist gehandelt worden. Was nicht mehr geht, ist die Behauptung, dass die AfD bald wieder verschwinden wird. Sie ist mitten unter uns. Sie repräsentiert, parteipolitisch, die in Teilen unserer Bevölkerung bestehende Skepsis gegenüber der liberalen Demokratie, die Abwehr gegenüber allen, die „anders“ sind. Es handelt sich um Millionen Menschen, die nach wissenschaftlichen Untersuchungen diese negative Haltung repräsentieren, unabhängig von Alter, Bildung und Einkommen.

(Nicht mehr ganz) neu ist die Enthemmung, die Unverschämtheit, ist die Salonfähigkeit. Neu ist – und dies ist keine quantitativ, sondern eine qualitativ erschreckende Entwicklung –, dass eine Partei wie die AfD in den Bundestag gewählt wurde. Die AfD hat sich in den letzten Jahren auch an ihrer Parteispitze mehr und mehr radikalisiert, ist offen und deutlich immer extremer geworden und verbündet sich mit identitären Gruppen, NPD-Anhängern, Pegida und gewaltbereiten Rassisten. Und trotzdem oder erst recht: Die Anhängerzahl wächst parallel zu diesem Prozess.

Beim AfD-Parteitag ist zu erwarten, dass sich die Radikalisierung fortsetzen wird

Michel Friedman ist Publizist, Jurist und Honorarprofessor in Frankfurt. Er engagiert sich seit Jahrzehnten gegen Antisemitismus und Rassismus.
Michel Friedman ist Publizist, Jurist und Honorarprofessor in Frankfurt.

Auch bei diesem Parteitag ist zu erwarten, dass der „Flügel“ von Björn Höcke seinen Einfluss ausweiten und die Radikalisierung sich weiter fortsetzen wird. Die AfD zeigt immer deutlicher, dass sie nicht nur eine reale Gefahr für Minderheiten ist, sondern auch für die Strukturen der Demokratie und damit für alle Bürger/-innen dieses Landes. Spätestens nach dem Mord an Regierungspräsident Lübcke ist eindeutig sichtbar, dass es um den Kern unseres Gemeinwesens geht.

Wenn Repräsentanten des demokratischen Staates, wenn ehrenamtliche wie hauptamtliche Politiker/-innen bedroht, beleidigt und bepöbelt werden, wenn Einschüchterung gegenüber diesen Menschen immer aggressiver wird, wenn die pluralistische Presse als „Lügenpresse“ diffamiert wird und auch Journalist/ -innen durch verbale und tatsächliche Gewalt eingeschüchtert werden, ist die rote Linie erreicht und die wehrhafte Demokratie muss beweisen, dass sie auch wehrhaft ist.

Der AfD geht es um eine andere Gesellschaft

Spätestens jetzt müssen wir feststellen, dass es der AfD um einen anderen Staat, um eine andere Gesellschaft geht. Wenn selbst die Präsidenten des BKA und des Bundesverfassungsschutzes den Rechtsextremismus als eine Gefahr für die Demokratie bezeichnen, muss die Lage deutlich ernster sein, als viele sie wahrnehmen wollen.

Wegschauen und weghören geht nicht mehr. Sage keiner, er habe es nicht gewusst. Demokrat/-innen müssen deutlich aktiver werden. Wir müssen miteinander verhandeln, wie wir die Demokratie, die Freiheitsrechte in den nächsten Jahren konkretisieren und fortschreiben wollen. Sich wieder einzumischen, Gesicht zu zeigen und mit mindestens demselben Selbstbewusstsein und Enthusiasmus wie AfD-Anhänger es für ihre Überzeugung vorleben für diese Freiheitswerte zu werben, ist unverzichtbar.

Wie auch immer dieser Parteitag zu Ende geht, und wann auch immer die nächsten Bundestagswahlen sind, diese werden, was die Statik unserer Demokratie angeht, entscheidend sein. Und die Gefahr wächst.

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Die AfD erhält vom Berliner Vermögensverwalter Christian Krawinkel eine Großspende.
Der Wunsch des Geldgebers: Der Betrag soll nach Thüringen gehen.

Zudem ist jetzt nach einem mutmaßlichen Brandanschlag das Auto von AfD-Chef Tino Chrupalla abgebrannt.
Jörg Meuthen erhebt schwere Vorwürfe.

Trendbarometer: AfD auf niedrigstem Wert seit Jahren. Seit 2017 hatte die Partei kein so schlechtes Ergebnis.

Juli 2024 | In Arbeit | Kommentieren

Das Rheingau Musik Festival zählt zu den größten Musikfestivals Europas und veranstaltet jedes Jahr zwischen Juni und September über 170 Konzerte in der gesamten Region.

 

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Juli 2024 | Allgemein, Feuilleton, Sapere aude | Kommentieren

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