Der deutsche Außenhandel mit China schrumpft. Mit den USA nimmt er dagegen zu. In der Folge hat China erstmals seit acht Jahren seinen Rang als größter Handelspartner Deutschlands verloren. Diese Rolle haben jetzt die USA Das geht aus neuen Zahlen zum deutschen Außenhandel im ersten Quartal 2024 hervor, die das Statistische Bundesamt veröffentlichte. Sie spiegeln die großen Verwerfungen im Welthandel als Folge der jüngsten Kriege und Konflikte wider. Bei vielen Waren bleibt China aber dominant. Für Deutschland enthalten die Zahlen mit Blick auf die US-Wahlen im Herbst auch eine Warnung China hat seine Stellung als Deutschlands wichtigster Handelspartner nach vielen Jahren wieder an die USA verloren. Das geht aus neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zum deutschen Außenhandel im ersten Quartal 2024 hervor.
Sie zeigen die enormen Verwerfungen im Welthandel als Folge der jüngsten Krisen, Kriege und Konflikte. Die Folgen für Deutschland gehen weit über die nackten Handelszahlen hinaus.
Grund für die Wachablösung waren zuletzt deutlich geringere deutsche Importe aus China. Sie waren bereits 2023 stark geschrumpft und blieben im ersten Quartal 2024 mit 36 Milliarden Euro nochmals um 11,7 Prozent unter dem Vorjahr. Auch Deutschlands Exporte nach China sanken um 1,1 Prozent auf 24,0 Milliarden Euro. In der Summe war das gesamte Volumen des Außenhandels mit China mit 60 Milliarden Euro geringer als der Handel mit den USA, der 63,2 Milliarden Euro erreichte.
Aber: China bleibt wichtigstes Lieferland
Insgesamt führte Deutschland im ersten Quartal 2024 Waren für 331,2 Milliarden Euro aus dem Ausland ein. China blieb dabei mit einem Anteil von rund elf Prozent der mit Abstand wichtigste Warenlieferant Deutschlands. Bei den Importen folgen die Niederlande mit einem Anteil von 7,6 Prozent und die USA mit sieben Prozent.
Der Anteil Chinas verringerte sich im Jahresvergleich immerhin um 0,5 Prozentpunkte. Wichtigste Importgüter aus China waren Computer sowie elektrische und optische Produkte mit einem Wert von 11,0 Milliarden Euro. Es folgen elektrische Ausrüstungen, Maschinen und chemische Erzeugnisse, deren Wert aber um 50 Prozent unter dem Vorjahr blieb.
Chinas dominante Rolle bei wichtigen Produkten
Weiterhin kommen in Deutschland viele Produkte des täglichen Lebens, aber auch wichtige Produkte für die Energiewende zu einem Großteil aus China. So kamen 85 Prozent aller importierten Photovoltaik-Anlagen aus China, sogar 86 aller tragbaren Computer, 61 Prozent aller Smartphones sowie 45 Prozent aller Lithium-Ionen-Akkus.
Bei E-Autos stieg der Anteil der Fahrzeuge aus China an den Importen auf 25,9 Prozent. In die andere Richtung verkauften deutsche Hersteller nach China Kraftwagen und Autoteile im Wert von 5,9 Milliarden Euro. Die Exporte dieser deutschen Schlüsselindustrie blieben um 6,8 unter dem Vorjahr. In der Rangliste der wichtigsten deutschen Exportgüter folgten Maschinen für 4,8 Milliarden Euro (minus 1,4 Prozent) und Datenverarbeitungsgeräte, elektrische und optische Erzeugnisse für 3,3 Milliarden Euro (plus 3,7 Prozent).
Während Deutschland im gesamten Außenhandel seit Monaten wieder hohe Überschüsse erzielt, ist der Handelssaldo mit China negativ. Der Wert der Importe aus China überstieg die deutschen Exporte nach China allein im ersten Quartal um zwölf Milliarden Euro. Im ersten Quartal 2023 hatte das Defizit sogar 16,5 Milliarden Euro betragen.
Chinas Aufstieg und Deutschlands Wohlstand
Chinas Bedeutung für deutsche Firmen hatte seit der Jahrtausendwende extrem zugenommen. Chinas wirtschaftlicher Aufstieg ist sogar eng mit der Phase kräftigen Wirtschaftswachstums in Deutschland verbunden. Deutsche Unternehmen profitierten vom riesigen Markt China, Firmen und Verbraucher von günstigen Importen. Vor acht Jahren überholte China schließlich die USA als Deutschlands größter Handelspartner.
Dahinter stehen zwei Trends: Der deutsche Handel mit China schrumpft, während er mit den USA wächst. Deutschlands Exporte nach China gingen 2023 um neun Prozent auf 97 Milliarden Euro zurück. Die Importe aus China verringerten sich sogar um 19 Prozent auf 156 Milliarden Euro. Insgesamt schrumpfte das Handelsvolumen um 15,5 Prozent, bei einem hohen deutschen Handelsdefizit mit China.
Anders ist die Entwicklung mit den USA. Deutschlands Handel mit den Vereinigten Staaten legte 2023 trotz der allgemeinen Wirtschaftsflaute um gut ein Prozent zu. Die USA sind die größte Volkswirtschaft der Welt und seit 2015 auch der wichtigste Einzelmarkt für Exporte „Made in Germany“. Im vergangenen Jahr legten die deutschen Exporte in die USA um ein Prozent auf 158 Milliarden Euro zu. Dem standen Importe aus den USA im Wert von 94,4 Milliarden Euro gegenüber. Im Handel mit den USA macht Deutschland also einen sehr großen Überschuss.
Die staatliche Außenhandelsgesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) schrieb dazu bereits Ende 2023 in einer Studie: „Die dominante Stellung Chinas im Außenhandel mit Deutschland bröckelt“. Hauptgrund sei das schwächere Wachstum in China. „Dazu tragen die Immobilienkrise, geopolitische Risiken im Verhältnis zu den USA und schwächelnde Industrieinvestitionen bei“.
Ein anderer Faktor ist, dass deutsche Unternehmen unabhängiger von China werden wollen. Ein Grund sind schlechte Erfahrungen mit Lieferengpässen, als China in der Corona-Pandemie rigorose Lockdowns verfügte und Häfen komplett schloss. Deutschland versucht zudem als Reaktion auf Chinas Drohungen gegen Taiwan bei wichtigen Rohstoffen, Vorprodukten, aber auch bei Medikamenten die Abhängigkeit zu verringern. Dies ist auch eine Lehre aus der Energiekrise nach Russlands Überfall auf die Ukraine, also Russland seine Gaslieferungen nach Deutschland abrupt einstellte. Ein dritter Faktor ist, dass deutsche Unternehmen zunehmend in China produzieren, statt Waren dorthin zu exportieren.
Deutschlands größter Handelspartner? In Wahrheit die Europäische Union
Für die Exportnation Deutschland hat der Außenhandel eine überragende Bedeutung. Kaum ein anderes Land der Welt ist eng mit anderen Volkswirtschaften verflochten. Im Vergleich zu anderen Ländern hängt in Deutschland damit ein größerer Teil des Wohlstandes vom Warenaustausch mit anderen Ländern ab.
Auf Rang drei der größten Handelspartner Deutschlands folgten auch im Gesamtjahr 2023 die Niederlande mit Exporten und Importen von zusammen 215 Milliarden Euro. Betrachtet man nur die deutschen Exporte liegen sowohl Frankreich (117 Milliarden) als auch die Niederlanden (112 Milliarden) vor China.
Insgesamt gilt ohnehin: Die meisten Geschäfte machen deutschen Unternehmen mit den Ländern der Europäischen Union. Das gesamte deutsche Handelsvolumen innerhalb des EU-Binnenmarktes übertrifft den Handel mit China und den USA bei weitem.
Dagegen hat Russland nach dem Überfall auf die Ukraine seine Rolle als relevanter Handelspartner für Deutschland komplett verloren. Die deutschen Exporte nach Russland sanken 2023 um weitere 39 Prozent auf knapp neun Milliarden Euro. Die Importe brachen um 90 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro ein. Bis in die zweite Jahreshälfte 2022 war Russland noch ein wichtiger Energielieferant für Deutschland. Dann stoppte Russland die Gaslieferungen nach Deutschland, das wiederum den Import von Öl und Kohle aus Russland beendete.
Deutschlands Exportüberschuss deutlich gestiegen
Insgesamt exportierte Deutschland 2023 Waren für 1562 Milliarden Euro. Dem standen Importe von 1353 Milliarden Euro gegenüber. Die Importrechnung fiel vor allem wegen gesunkener Energiepreise geringer aus. Der Exportüberschuss stieg auf 209,6 Milliarden Euro, nach 88,6 Milliarden Euro im Jahr zuvor. Damals hatten vor allem die hohen Importpreise für Energie die Bilanz gedämpft.
Auch 2024 erzielt Deutschland im Außenhandel bisher einen hohen Überschuss. Er betrug allein in den ersten drei Monaten des Jahres rund 70 Milliarden Euro. 2024 könnte damit sogar ein Rekordjahr für den deutschen Außenhandel werden – gemessen am Überschuss.
Dass Deutschland seit Jahren mehr exportiert als einführt, sorgt bei Handelspartnern immer wieder für Kritik. Beides gilt auch für die USA. Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte in seiner ersten Amtszeit immer wieder gedroht, deutsche Produkte mit Zöllen zu belegen. Mehrfach konnten Handelskonflikt nur mühsam abgewendet oder begrenzt werden. Sollte Trump ins Weiße Haus zurückkehren, sind neue Handelskonflikte mit den USA wahrscheinlich.