Mit der Pandemie erlebte das Arbeiten von zu Hause einen Boom, seitdem wächst das Angebot kontinuierlich. Dabei gibt es Unterschiede zwischen Regionen und Branchen – mit einem Spitzenreiter Oben Hemd oder Bluse, unten Jogginghose: Vor der Pandemie war es die Ausnahme, so zur Arbeit erscheinen zu können, Corona machte die Ausnahme zur Regel.
Wie wichtig den Beschäftigten die Möglichkeit zum Arbeiten aus dem Homeoffice nach wie vor ist, zeigen auch Zahlen: In den vergangenen Jahren hat der Anteil an Stellenanzeigen mit Homeoffice-Möglichkeit sogar deutlich zugenommen. Das zeigt eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung, für die von Januar 2019 bis Mai 2024 rund 55 Millionen Onlinestellenanzeigen ausgewertet wurden.
»Dass Homeoffice als Option von vornherein ausgeschlossen wird, haben wir fast gar nicht gefunden«, sagt Gunvald Herdin, Arbeitsmarktexperte der Stiftung.Am stärksten zeigte sich der Anstieg demnach in Berufen, für die es eine formal hohe Bildung braucht: 6,6 Prozent der Stellen, die einen Master oder ein Diplom voraussetzen, boten 2019 eine Homeoffice-Option, im vergangenen Jahr waren es rund 32 Prozent. Bei Tätigkeiten mit Meister oder Bachelor stieg der Anteil von knapp sechs auf 28 Prozent.
Bei Anzeigen für Fachkräfte mit Berufsausbildung gibt es zwar auch einen kontinuierlichen Anstieg – der Untersuchung zufolge ist er aber deutlich verhaltener. In 1,7 Prozent der Stellenanzeigen fand sich 2019 eine Homeoffice-Option, im vergangenen Jahr traf das auf rund acht Prozent zu. Bei Helfer- und Anlerntätigkeiten lasse sich ein solcher Trend nicht feststellen. Zwar habe es zwischenzeitlich einen leichten Anstieg gegeben, seit 2023 sei der jedoch wieder zurückgegangen.
Unter den zehn Berufen mit der höchsten Homeoffice-Quote sind allein sieben Berufe aus dem Bereich Software und IT. Nur eine Branche liegt noch höher: die der Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrer. Vermutlich, so heißt es in der Analyse, liege das an den vielen Onlinekursangeboten.Andere Branchen stoßen in Sachen Homeoffice an eine natürliche Grenze. Über einen Videocall kann kein Patient gewaschen, kein Dach gedeckt und kein Auto repariert werden. Auch die aktuelle Untersuchung zeigt: In Handwerksberufen, spielt Homeoffice die kleinste
Jüngere können Bedingungen stellen
»Grundsätzlich wollen Arbeitnehmer heute eine höhere Flexibilität«, sagt Hannes Zacher, Arbeitspsychologe an der Universität Leipzig. Arbeitgeber müssten überlegen, wie sie dem gerecht werden wollen. Im Handwerk oder der Pflege etwa biete sich womöglich eher eine Viertagewoche an. Doch selbst in diesen Branchen gehört es Zacher zufolge immer öfter dazu, Abrechnungen oder Dienstpläne von zu Hause aus zu machen.
Die Jüngeren haben viele Optionen auf dem Arbeitsmarkt und sind nicht mehr bereit, unter denselben Bedingungen zu arbeiten wie ihre Eltern oder Großeltern«, sagt Zacher. Eben auch, weil sie es nicht müssen.Dass individuelle Vereinbarungen über alle Berufe hinweg immer wichtiger würden, sei außerdem ein Grund dafür, dass Stellenausschreibungen nur bedingt aussagekräftig seien. Viele freie Positionen würden erst gar nicht oder nur intern ausgeschrieben. »Manche Vereinbarungen greifen auch erst nach einer bestimmten Zeit im Betrieb«, sagt Zacher. Kurz: Stellenanzeigen bilden eine Tendenz, aber nicht immer die volle Realität ab.
Große Unterschiede gibt es der aktuellen Untersuchung zufolge nicht nur zwischen Branchen und benötigten Qualifikationen, auch regional ist die Homeoffice-Option nicht gleich verteilt. In Großstädten, so heißt es in der Untersuchung, liege die Quote bei rund 26 Prozent. Mit rund 34 Prozent führt Düsseldorf die Liste an, gefolgt von Frankfurt am Main (knapp 34 Prozent) und Stuttgart (rund 33 Prozent).Dünn besiedelte Kreise kommen dagegen auf gerade einmal neun Prozent. Dabei geht es aber nur darum, wo die Stellen ausgeschrieben sind – und nicht, wo die Menschen dann tatsächlich arbeiten. »Der Radius, in dem Unternehmen nach Leuten suchen können, vergrößert sich«, sagt Herdin. »Und für Arbeitnehmer gilt das andersherum auch«.