Genau 127 Minuten – so lange stand Wladimir Putin dem amerikanischen Moderator Tucker Carlson in einem Interview Rede und Antwort. Wobei es vor allem „Rede“ anstelle von „Antwort“ war, was Zuschauer in dem am Donnerstag veröffentlichten Interview zu hören und sehen bekamen.
Putin monologisierte über weite Teile des Gesprächs.
Für Russlands Präsidenten war das Interview – das erste, das Putin seit Beginn der russischen Vollinvasion der Ukraine am 24. Februar 2022 einem westlichen Interviewpartner gegeben hat – eine Gelegenheit, seine pseudohistorische „Begründung“ für den völkerrechtswidrigen Krieg auch im Westen erneut zu propagieren.
Der Journalist Stefan Aust hat das ZDF erfolgreich wegen eines falschen Fotos verklagt. Das Urteil torpediert Böhmermanns Satire-Konzept des Spiels mit Unsicherheit. Nun wird neu verhandelt. Wir plädoieren für ein anderes Urteil …
Im März 2015 präsentierte der damalige ARD-Moderator Günther Jauch am Sonntagabend ein heikles Video. Zu sehen war der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, der während einer scharfen Rede den Mittelfinger in Richtung „Deutschland“ zeigte. Gast Varoufakis bezeichnete das Video – erst einmal – als Fake.
Akteure erstellen dort Clips oder Memes, die – mal mehr, mal weniger offensichtlich – Inhalte transportieren. Memes sind Bilder, die mit witzigen oder sarkastischen Sprüchen kommentiert werden. Und das kursiert zu Millionen im Internet und solche Sprüch sind – in der Regel – harmlos, doch oftmals werden auch Memes benutzt, um unter dem Deckmantel des Humors rechtsextremes Gedankengut zu verbreiten. Wenn Kinder und Jugendliche den digitalen Raum betreten, sind die rechts- extremistischen Inhalte also schon lange da – aber warum verbreiten sie diese über Klassenchats und andere Plattformen weiter?
Manchmal hilft der Zufall. Im März 1947 müssen sich Beamte des Auswärtigen Amtes vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal verantworten, da macht Robert Kempner einen bedeutenden Fund.
In der Masse der schriftlichen Hinterlassenschaft der Nazizeit erregt ein Deckblatt die Neugier des stellvertretenden Hauptanklägers. Ein Stempel in roter Farbe ist deutlich lesbar: „Geheime Reichssache“. Es folgen 15 Seiten unter dem harmlos nüchternen Titel „Besprechungsprotokoll“. Es ist der Beleg für die systematische Ermordung der europäischen Juden, die Aufzeichnung über die sogenannte Wannseekonferenz am 20. Januar 1942. Es ist die 16. Protokollabschrift. Und es ist die einzige erhaltene von insgesamt 30.
Jung, gebildet, ehrgeizig
Zur Mittagszeit dieses 20. Januar folgen 15 Männer einer Einladung von Reinhard Heydrich, Chef des gefürchteten Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), in die noble Industriellenvilla im schicken Berliner Wannsee, einem Vorort Berlins. Draußen herrschen zwölf Grad minus, und was in der Villa in gut zwei Stunden besprochen wird, lässt dem Zeitgenossen noch heute das Blut gefrieren. Gekommen sind SS-Offiziere, Staatssekretäre und Führungskräfte der NS-Verwaltung. Es sind nicht die bekannten Namen, aber fast alle sind jung und gebildet. Jeder zweite ist promoviert. Vor allem aber sind sie ehrgeizig.
Für weniger historisch Interessierte gilt die Wannseekonferenz als Beschluss-Gremium für den Holocaust. Was in doppelter Hinsicht falsch ist. Erstens wurde an diesem Tag gar kein Beschluss gefasst. Es wurde „informiert“. Und zweitens hatte der Völkermord an den Juden schon begonnen.
Heydrich hatte Vertreter aller relevanten Institutionen – etwa des Auswärtigen Amtes und des Verkehrsministeriums – am Tisch. Es ging um die Koordination der geplanten Deportationen und Massenmorde. Und es ging darum, alle beteiligten Zuständigkeitsbereiche unter Heydrichs Leitung zu stellen. Der erste Satz des Protokolls belegt das schon. „Bestellung zum Beauftragten für die Vorbereitung der Endlösung der europäischen Judenfrage“, ein Karrieresprung für Heydrich.
Eine halbe Million jüdische Opfer schon vor der Konferenz
Der 20. Januar 1942 war entgegen häufiger Behauptungen nicht der Beginn der organisierten Massenmorde an den Juden. Der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ waren schon Monate vorher Hunderttausende zum Opfer gefallen. Vor allem in den Gebieten der Sowjetunion, die deutsche Truppen seit Sommer 1941 besetzt hielten. Die Deutschen hatten 500.000 Juden, darunter auch Kinder und Frauen, bis zur Wannseekonferenz schon getötet. Zumeist starben sie durch Kugeln von Erschießungskommandos.
Vorboten für die Vernichtungsabsichten an den Juden gab es lange vorher. Hitler führte schon am 30. Januar 1939 eindeutiges Vokabular im Munde, als er im Kriegsfalle dem – wie es im Nazi-Jargon hieß – „internationalen Judentum“ die Vernichtung prophezeite. Als der Krieg gegen die Sowjetunion („Unternehmen Barbarossa“) am 22. Juni 1941 begann und weite Teile des Riesenreiches überrannt wurden, befanden sich nach nur wenigen Monaten Millionen von nicht-deutschen Juden im Machtbereich Nazi-Deutschlands.
Der Historiker und Holocaust-Experte Michael Wildt sieht darin eine Zäsur in der Verfolgungspolitik gegenüber den Juden. Vertreiben und zur Emigration zwingen – das war bei mehr als elf Millionen Juden, die im Wannseeprotokoll erfasst wurden, nicht mehr möglich. „Um sich der Juden zu entledigen, wurden (die Pläne) entsprechend monströser, gigantischer“, so Wildt.
Eichmann, der Kronzeuge
Richtig konkret, wie die Juden aus der Welt geschafft werden sollten, ist das 15-Seiten-Protokoll nicht. Die „Evakuierung nach dem Osten“ ist missverständlich und legt dennoch nahe, was gemeint ist: die Vernichtung. Adolf Eichmann, leitender Mitarbeiter Heydrichs und Teilnehmer der Wannseekonferenz, gestand das Jahre später unumwunden ein. Nach seiner spektakulären Entführung aus Argentinien durch den israelischen Geheimdienst sagte er im Prozess in Jerusalem 1961 auf die Frage, was man in der Villa besprochen habe: „Da sind die verschiedenen Tötungsarten besprochen worden.“
Auch wenn in dem einzig erhaltenen Protollexemplar Tarnformulierungen wie „entsprechend behandelt“ verwandt wurden, ist das Dokument eine Ausnahme in Sachen Eindeutigkeit der Absichten, ist sich der Historiker Peter Longerich sicher. Weil, so seine Begründung, über die Teilnahme an der Konferenz das Jahrhundertverbrechen von allen mitgetragen wurde: von der SS, dem Justiz-, Innen- sowie Außenministerium, der Rüstungsindustrie und nicht zuletzt der Partei. Und dennoch hatten führende Nazis nach 1945 die Chuzpe zu behaupten, von allem nichts gewusst zu haben, wie Reichsmarschall Hermann Göring oder Alfred Rosenberg, einer der führenden NS-Ideologen und Minister für die besetzten Ostgebiete.
Reinhard Heydrich, der nur wenige Monate nach der Konferenz einem Attentat zum Opfer fiel, verfolgte neben der Ermordung der europäischen Juden noch einen weiteren Plan. Sollte die Sowjetunion besiegt werden, plante der Spitzen-Nazi den massenhaften Einsatz von Juden als Straßenarbeiter im Osten. „Wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird“, ist auf Seite sieben des Protokolls in Bürokratensprache zu lesen. Der verbleibende „Restbestand“ müsse „entsprechend behandelt“ werden.
Black History Month: Das musst du über den Aktionsmonat für Schwarze Geschichte wissen
Black History Month: Das musst du über den Aktionsmonat wissen
Im Februar ist Black History Month – der Monat, in dem vermehrt und gezielt auf Schwarze Geschichte und Kultur aufmerksam gemacht wird. Eingeführt wurde er vor fast hundert Jahren in den USA, aber auch in Deutschland findet er zum Glück immer mehr Beachtung. Alles, was du über den wichtigen und empowernden Aktionsmonat wissen musst, erklären wir dir hier.
Black History Month: Geschichte des Aktionsmonats
Den Black History Month gibt es seit 1976. Von 1916 bis 1975 war ein verkürzter, einwöchiger Aktionszeitraum in der zweiten Februarwoche als Black History Week bekannt. Initiiert wurde diese Woche von Carter Woodsen, einem Schwarzen Historiker. Der Sohn ehemaliger Sklaven reiste im Sommer 1915 nach Chicago, um das 50-jährige Ende der Sklaverei zu feiern. In dem Jahr gab es so viel Andrang zu den Ausstellungen und Veranstaltungen rund um das Ende der Sklaverei, dass Woodsen 1916 schließlich die “Negro History Week” ankündigte, in der er die Geschichte der Afroamerikaner:innen in den USA der breiten Gesellschaft der USA zugänglich machen wollte.
Die Black-Power- und Bürgerrechtsbewegung in den USA machte sich vor allem seit den späten 1960ern dafür stark, die Feierlichkeiten auf einen ganzen Monat auszuweiten. 1976 rief der damalige US-Präsident Gerald Ford sein Volk dazu auf, die zu oft vernachlässigten Leistungen Schwarzer Amerikaner:innen in allen Bereichen der Geschichte zu würdigen. 1977 wurde der Februar als Black History Month von Präsident Jimmy Carter gesetzlich festgehalten.
Black History Month: Wieso findet er in den USA im Februar statt?
Dass der Black History Month in den USA im Februar stattfindet, hat gleich zwei gute Gründe: Denn zwei Figuren, die aus der US-amerikanischen Schwarzen Geschichte nicht wegzudenken sind, wurden im Februar geboren.
US-Präsident Abraham Lincoln wurde am 12. Februar 1809 geboren. Der 16. Präsident der USA war Gegner der Sklaverei, was einige Südstaaten der USA dazu veranlasste, aus der frsichen Staaten-Union auszutreten. Die Folge davon war der Amerikanische Bürgerkrieg von 1861 bis 1865, in dem sich Nord- und Südstaaten, freie und Slave-States gegenüberstanden. Am 1. Januar 1863, mitten im Bürgerkrieg, ließ Präsident Lincoln verkünden, dass “alle Personen, die in einem Staat oder dem bestimmten Teil eines Staates, dessen Bevölkerung sich zu diesem Zeitpunkt in Rebellion gegen die Vereinigten Staaten befindet, als Sklaven gehalten werden, fortan und für immer frei sein sollen.” Damit legte Abraham Lincoln den Grundstein für das Ende der Skalverei in den USA.
Außerdem wurde der ehemalige Sklave und Sklaverei-Gegner Frederick Douglass ziemlich sicher am 14. Februar 1818 geboren (sein genauer Geburtstag ist nicht belegt). Douglass war nach seiner Flucht aus der Sklaverei im Jahr 1838 als Politiker, Anti-Sklaverei-Aktivist und Schriftsteller tätig und gilt als einflussreichster Afroamerikaner des 19. Jahrhunderts.
Nachdem die Geburtstage dieser beiden prominenten Figuren aus der Geschichte in den USA sowieso jeden Februar von der Schwarzen Bevölkerung gefeiert wurden, legte Woodsen die zweite Woche im Februar als Aktionszeitraum fest. 1976 wurde dann der ganze Monat als Erweiterung dieser Tradition festgelegt. Der Lehrplan an Schulen wird in diesem Zeitraum angepasst, und zu Ehren der Schwarzen Bevölkerung in den USA finden viele Veranstaltungen, Festivals und kulturelle Ereignisse statt. 2024 steht der Black History Month unter dem Motto “African Americans and the Arts”.
Der Black History Month kommt allerdings nicht durchweg gut an. Der größte Kritikpunkt ist, dass (afro-)amerikanische Geschichte nicht nur auf einen Monat begrenzt werden sollte. Die Gefahr des Aktionszeitraums liegt nämlich darin, dass Schwarze Themen jedes Jahr im Februar prominent gefeaturt werden und dann den Rest des Jahres unter den Tisch fallen.
Schauspieler Morgan Freeman (“Die Verurteilten”, “Se7ven”) merkte außerdem an, dass afroamerikanische Geschichte amerikanische Geschichte sei und er keinen speziellen Monat dafür brauche.
Befürworter sehen im Black History Month jedoch eine Möglichkeit, Repräsentation und die Förderung der kulturellen Vielfalt sowie das Selbstbewusstsein der afroamerikanischen Bevölkerung nachhaltig zu stärken.
Black History Month: Und außerhalb der USA?
In Großbritannien und Irland wird der Black History Month seit 1987 im Oktober gefeiert. Als Initiatorin wird hier Schulleiterin und Lehrerin Betty Campbell genannt. Sie soll laut BBC dazu gesagt haben “Ich habe mir die schwarze Geschichte angesehen, die Karibik, Afrika und die Sklaverei und die Auswirkungen. Es gab Leute, die sagten: ‘Das solltest du nicht unterrichten.’ Warum nicht? Es passierte. Kindern sollte dies zu Bewusstsein geführt werden.”
In Kanada steht wie in den USA seit 1995 der Februar ganz im Zeichen der Black History.
Black History Month: Deutschland
In Deutschland wird seit 1990 im Februar der Black History Month mit Aktionen und Events gefeiert. Dank der “Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland” fanden anfangs nur in Berlin Veranstaltungen statt, inzwischen bieten aber alle größeren Städte Programm an. Bei den Events und Aktionen stehen Menschen aus der Karibik, Lateinamerika und alle, die sich als Schwarz identifizieren, also die BiPoc-Community (Schwarze, Indigene und People of Color), im Mittelpunkt. Zentrale Themen des Black History Month in Deutschland sind Solidarität und Anti-Rassismus.
Dass es in Deutschland weitaus mehr Sichtbarkeit für den Black History Month und auch die Schwarze Bevölkerung bräuchte, versteht sich von selbst. Und das nicht, weil wir uns etwas von den USA abschauen wollen wie Halloween oder Thanksgiving. Sondern es geht darum, dass Deutschland (wie Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal und die Niederlande) eine Kolonialmacht war und sich von 1880 bis 1917 Gebiete in Afrika völlig zu Unrecht untertan machte.
Es geht beim Black History Month in Deutschland um die Sichtbarmachung Schwarzer Geschichte und den Fakt, dass sie ein Teil der deutschen Geschichte, der deutschen Gesellschaft ist. Afrikanische und afroamerikanische Geschichte soll ins Zentrum gerückt und repräsentiert werden. Workshops, Lesungen, Ausstellungen, Kinovorführungen und Vorträge sollen deutlich machen, dass Schwarze Geschichte zu Deutschland gehört und strukturellen Rassismus, und Vorurteile abbauen. Denn genau damit – mit Rassismus und Vorurteilen – müssen sich viel zu viele Schwarze Menschen in Deutschland immer noch tagtäglich befassen.