Frische Austern, raffiniert gewürzte Weinbergschnecken, gefüllter Fasanenbraten, serviert in Gefäßen aus Silber und Gold, dazu noch Wein in rauen Mengen – schon die alten – Römer wussten zu schlemmen und zu feiern. Vor allem Bankette, genannt convivia, waren damals ein beliebter Zeitvertreib. Man gab sie für die Familie, Geschäftspartner oder Kunden – gar nicht so anders als heute. Doch waren die römischen Gela(lie)ge tatsächlich so protzig und ungezügelt, wie wir denken, sie uns heute denken zu dürfen?
Die Esskultur der Römer:
Bankett statt Nobelrestaurant
„Unsere Einrichtung gehobener Restaurants“ – ach nä – gab es im alten Rom noch nicht“, erklärt Günther E. Thüry, Professor für Altertumswissenschaften an der Paris-Lodron-Universität Salzburg. „Es gab zwar Imbissstuben und einfachere Gastwirtschaften.
Doch wollte man gute Küche speisen und genießen, fand das im Privathaus statt. Allerdings“, gibt Thüry zu bedenken, „sprechen wir hier von Gastmählern in den Häusern der Reicheren und Reichsten. Wie heute nicht jeder Mensch in Nobelrestaurants alltäglich ein und aus geht und sich sozusagen von Kaviar und Austern ernährt, so war das auch in römischer Zeit.“
Die Esskultur der Römer:
Bankett statt Nobelrestaurant
„Unsere Einrichtung gehobener Restaurants“ – ach ne – gab es im alten Rom noch nicht“, erklärt Günther E. Thüry, Professor für Altertumswissenschaften an der Paris-Lodron-Universität Salzburg. „Es gab zwar Imbissstuben und einfachere Gastwirtschaften. Doch wollte man gute Küche speisen und genießen, fand das im Privathaus statt. Allerdings“, gibt Thüry zu bedenken, „sprechen wir hier von Gastmählern in den Häusern der Reicheren und Reichsten. Wie heute nicht jeder Mensch in Nobelrestaurants alltäglich ein und aus geht und sich sozusagen von Kaviar und Austern ernährt, so war das auch in römischer Zeit.“
Silber, Gold und Ehedelstein –
was weniger Feines kam garnicht erst rein …
Wie nun aber feierten sie, die Reichen und die Schönen?
Wie auch immer – auf jeden Fall stilvoll und luxuriös. In den Villen der römischen Upper Class gab es eigene Banketträumlichkeiten, die kunstvoll mit Mosaikböden, Wandmalereien und Stuckreliefs ausgestattet waren. Gesessen oder vielmehr gelegen wurde im Speisesaal gern auf einer dreiteiligen Kissengarnitur – und aher rührt auch der Name triclinium, wörtlich übersetzt „Raum mit drei Kissen“, als Bezeichnung für den Bankettraum. Jedoch waren die Sofas hauptsächlich den Herren vorbehalten, falls überhaupt anwesenden Damen hatten sich meist mit Stühlen zu begnügen.
Dieses Tafelsilber, das in Tivoli entdeckt wurde, umfasst 30 Teile. Auf den beiden zueinander passenden Trinkbechern ist der Name der Besitzerin eingraviert: „Sattia, Tochter von Lucius“.
In der Raummitte stand der reich gedeckte Tisch –
und auch hier wurde geprotzt
Kunstvoll verarbeitete Teller aus Silber, Gold und Bronze, teils sogar mit Bergkristallen, Achaten oder Onyxen verziert, waren keine Seltenheit auf römischen Tafeln. Wohlhabendere Familien nannten Tafelsilber ihr Eigen, wie es an vielen Orten (zum Beispiel Pompeji oder Tivoli) gefunden wurde.
Gegessen wurde mit den Fingerspitzen oder zwei verschiedenen Arten von Löffeln: dem cochlear, mit dem etwa Eier und Schnecken verspeist wurden, und der ligula, die sich eher für Suppen eignete.
Kreative Kunstwerke:
Die Glasindustrie bei den Römern
Deutlich günstiger als Edelmetalle, aber ganz besonders in Mode, war bei den Römern der Werkstoff Glas. Er fand zur damaligen Zeit weite Verbreitung, sodass man ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. von einer regelrechten Glasindustrie sprechen kann. Dafür wurden die Glasmacher kreativ: Es gab ein- und mehrfarbige Glasgefäße, Gefäße mit eingearbeiteten Goldschichten oder auch Cameoglas.
Erstaunlich modern: die Glasgefäße der alten Römer. Das Mosaikmuster sollte die Musterung von Halbedelsteinen imitieren.
Griechische Einflüsse:
Eine kulinarische Revolution
Besonders zur frührömischen Zeit, also einige Jahrhunderte vor Christus, gehörte Getreidebrei (puls), gewürzt mit Zwiebel und Knoblauch, zum römischen Essensstandard. Dazu gab es Kohl und Bohnen und selten auch mal Fleisch. Erst ab etwa 200 v. Chr. fanden Tafelluxus und Feinschmeckerei ihren Weg ins alte Rom – importiert aus dem griechischen Kulturraum. „Wir können hier durchaus von einer kulinarischen Revolution sprechen“, so Thüry. „Man begann, die Mahlzeiten aufwändiger und genussreicher zu gestalten, Kochen wurde zur Kunst.“ Sowohl die elaborierten Bankette als auch der teils ausschweifende Weinkonsum waren eine Übernahme aus dem griechischen Kulturkreis. Diese Tatsache fand sogar Einzug in den römischen Sprachgebrauch. Die Nächte wurden laut Zeitgenossen nicht durchgemacht, sondern „durchgegriecht.“
Fasanenfleisch, Austern und Schalentiere, selbst Singvögel waren ab diesem Zeitpunkt keine Seltenheit mehr auf römischen Tafeln. Daneben gab es aber auch Bodenständiges wie Spanferkel, Bohneneintopf oder Schinken in Teighülle. Häufig wurde zu den einzelnen Gängen Brot gereicht, um die aufwändig zubereiteten Würzsaucen tunken zu können. „Die Nahrungsmittel für die Bankette kamen aus Spanien, Ägypten, Griechenland und Kleinasien“, weiß Thüry. „Sogar von hundertjährigem Wein wird berichtet.“ Bei der Lebensmittelproduktion wurde man findig: Austern, Gänse, Pfauen und Weinbergschnecken wurden gemästet und Fische bereits in Salzwasserbassins gehalten.
Die Speisen der Römer: Auf die Würze kam es an
Zumindesr ebenso wichtig war freilich ein anderer Aspekt in der römischen Küche: „Eine Schlüsselrolle spielten zweifelsohne die Gewürze.“ Sie nämlich dienten nicht nur dazu, den Eigengeschmack der Speisen zu unterstreichen, „sondern auch, um ihnen eigene, neue Akzente aufzusetzen“, so Thüry, der gemeinsam mit Johannes Walter über das Thema Gewürze bei den Römern ein eigenes Buch verfasst hat.
Einige Gewürze wurden aus Fernost importiert und viele davon kennen wir noch heute aus unserer Küche: Dill, Koriander, Sellerie und Bohnenkraut etwa. „Die römische Kultur liebte außerdem die See und ihr reiches Angebot an kulinarisch nutzbaren Erzeugnissen, die sie auch in Form von Fischsaucen, Fischkonserven oder Meeresschnecken bis ins Binnenland lieferte“, so Thüry. Bei den Rezepten war man kreativ, wie ein antikes Kochbuch, das De re coquinaria beweist: Unter anderem findet man dort ein Rezept für ein Gericht namens „Schweinswurst gefüllt mit Siebenschläfer“.
Darstellung eines römischen Banketts nach griechischem Vorbild. Auf dem Tischchen befinden sich die Gefäße zum Anmischen von Wein.
Wein, Wein und nochmals Wein:
Nach dem Festmahl das Gelage?
„Ein Gastmahl im Haus eines reichen Gastgebers bestand aus zwei Teilen: Einem eigentlichen mehrgängigen Essen, zubereitet von Köchen des Hauses und serviert von Dienstpersonal. Im Anschluss daran wurde nicht mehr gegessen, sondern vor allem Wein getrunken.“
Dass es sich dabei stets um zügellose Saufgelage handelte, scheint zweifelhaft, immerhin wurde der Wein häufig mit Wasser verdünnt. Eine römische Sitte war es zudem, das Wasser dafür in einer sogenannten authepsa zu erwärmen – einem Gefäß, ähnlich den heutigen Samowars. Doch auch kaltes Wasser und sogar Eis wurden genutzt. Gab es bei den Getränken keinerlei Abwechslung? „Da das Römische Reich riesig war und es Gebiete gab, in denen man (anders als in Italien) ebenso das Bier schätzte, kann es durchaus sein, dass in manchen Teilen des Reiches auch Bier bei Gastmählern eine gewisse Rolle spielte“, so Günther Thüry.
Sex und Drugs und Lyra-Spiel:
So wurde für Entertainment gesorgt
Zu einer festlichen Dinnerparty gehörte auch Musikbegleitung. Künstler sorgten mit Flöte, Wasserorgel und Lyra während des Essens für musikalische Untermalung. Akrobaten, Tänzerinnen und Pantomimen bestritten das Rahmenprogramm, selbst Auftritte von Raubtieren wie Löwen und Leoparden sind überliefert. Welche Ausrichtung die Bankette hatten, hing vom Gastgeber ab. „Hier gab es eine große Bandbreite an individuellen Lebensstilen, Einstellungen und Verhaltensweisen“, betont Thüry. „Es gab Gastgeber und Bankette, auf denen sich vor allem Genießer über gute Küche freuen wollten. Ebenso kamen Gastmähler vor, bei denen die mehr oder weniger heimliche Haupttriebfeder die Zurschaustellung des eigenen Reichtums war. Und selbstverständlich genossen viele Gastgeber und Gäste schlicht das gemütliche und fröhliche Beisammensein.“
Zuerst wurde gespeist und anschließend getrunken – und das mal mehr, und mal weniger ausgiebig.
Dass Bankette lediglich zur seichten Unterhaltung und dem Genuss dienten, dieses Vorurteil kann der Experte ausräumen: „Wo intellektuellere Menschen beim Gastmahl saßen, ging es nicht nur ums Essen, Trinken und Feiern, sondern es wurde auch stundenlang über ernsthafte Fragen aller Art diskutiert.“ Und, so stellt Thüry klar: „Drogen spielen bei römischen Gastmählern überhaupt keine erkennbare Rolle. Alkoholexzesse hat es selbstverständlich gegeben, aber in nicht schlimmerer Form als bei uns heute.“
Gesehen durch die Brille der Kritiker:
Das Märchen über die römischen Orgien
Alsdann, wäre es nicht nur ein Vorurteil, dass die Römer wilde Orgien feierten? „Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass in römischer Zeit mehr wilde Exzesse und mehr Party-Orgien stattfanden als heute“, sagt Thüry. „Das Gerücht, dass römische Orgien die wildesten gewesen seien, ist dadurch entstanden, dass römische Moralisten, Satiriker und Zeitkritiker ein übertriebenes Bild des luxuriösen Lebens von Reichen und Vornehmen ihrer Zeit entwarfen. Sie wünschten sich eine Rückkehr zur anspruchslosen, einfachen Lebensweise des ältesten Roms.“Hielt nicht viel von ausschweifenden Genüssen: Der römische Politiker Sallust wie ihn sich das 18. Jahrhundert vorstellte (ein authentisches Bild des Sallust hat sich nicht erhalten).
Kritik an Genuss und Tafelfreuden
gab es also damals schon reichlich
„Meine Zeitgenossen durchwühlen Land und Meer systematisch nach Nahrungsmitteln“, monierte da etwa der Politiker und Geschichtsschreiber Sallust (ca. 86-34 v. Chr.). Der berühmte Gelehrte und Philosoph Varro (116 – 27. V. Chr.) ging sogar noch weiter und forderte: „Jupiter möge seinen Blitz in die römischen Markthallen werfen und die Schleckermäuler zum Zittern bringen!“
Aussagen, die heute ein Schmunzeln hervorrufen – doch lange Zeit stellten sie ein ernsthaftes Problem der geschichtswissenschaftlichen Forschung dar. Die Übertreibungen der antiken Moralisten seien in der früheren altertumswissenschaftlichen Forschung für bare Münze genommen worden, so Thüry. Auf diese Weise entstand der Mythos der zügellosen römischen Orgien und einer angeblichen kulinarischen Dekadenz.
„Die Forschung hat lange gebraucht, bis sie erkannte, dass dieses karikaturhaft verzeichnete Bild nicht ein Porträt realer Zustände war.“ In der Allgemeinbildung sei das Vorurteil sogar noch bis heute verankert. Laut Thüry waren uns die alten Römer vielleicht sogar ähnlicher, als wir denken: „Es gab vornehme und vielleicht auch etwas steife Tischrunden, es gab lockere und lustige, und es gab natürlich auch solche, bei denen das Locker- und Lustigsein besonders weit ging. Aber, das ist ja auch heute kaum anders.“