Das Vertrauen in Institutionen stürzt in Sachsen ab. Rechte Inhalte sind laut Umfrage mehrheitsfähig. Bei dem neuesten Sachsen-Monitor hat sich bei vielen Themen die Stimmung verschlechtert. Einen besonderen Schock stellten jedoch die Ergebnisse zum Vertrauen in die Bundesregierung dar, das bei 82 Prozent der Befragten kaum oder wenig vorhanden sind. Die Umfrage zeugt von Misstrauen und Glauben an „Überfremdung“ sowie Verschwörungserzählungen.
Bereits bei der letzten Sonntagsfrage gab es für die drei diesjährigen Ostwahlen aufregende Ergebnisse. Bis zu 34 Prozent bekam die AfD im Osten. Die Ergebnisse des aktuellen Sachsen-Monitors lassen die Sorge um die Landtagswahl und die zu erwartenden Ergebnisse der als rechtsextrem eingestuften AfD weiter steigen.
Der Sachsen-Monitor ist eine Umfrage der sächsischen Landesregierung, die seit 2016 jährlich durchgeführt wird. Für den nun erschienen Sachsen-Monitor 2023 führte das Meinungsforschungsinstitut Dimap zwischen Juni und September letzten Jahres 2041 Interviews mit sächsischen Bürgern ab 18 Jahren durch.
Kaum Vertrauen in Institutionen: Sachsen verlieren Interesse in Politik
Nicht nur bei der Bundesregierung schwindet das Vertrauen. Mit 80 Prozent Misstrauen stehen das EU-Parlament und die Europäische Kommission ähnlich unbeliebt da. Das Ergebnis ist 11 Prozentpunkte schlechter als im vorherigen Sachsen-Monitor. In die Landesregierung in Sachsen vertrauen zumindest 44 Prozent der Befragten, 9 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Zudem haben 79 Prozent der Befragten keinen Glauben in die Kirche mehr.
Die Medien schneiden mit nur 15 Prozent Vertrauen noch schlechter ab
Auf die Frage, aus welchen Medien hauptsächlich Informationen über das politische Geschehen bezogen werden, war die meistgenannte Antwort das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit 47 Prozent. Dort gab es jedoch auch die größte Verringerung um 19 Prozentpunkte. Weit oben waren zudem das öffentlich-rechtliche Radio (28 Prozent), die Tageszeitungen (27 Prozent) und das private Fernsehen (26 Prozent).
Bei der Politik steigt das Desinteresse: Unter den Befragten interessierten sich 44 Prozent stark oder sehr stark für Politik im Allgemeinen. Zur Politik im Freistaat Sachsen lag das Ergebnis nur wenige Prozentpunkte höher. Sortiert nach Alter wird deutlich, dass besonders in der jungen Generation (18–29 Jahre) ein großes politisches Desinteresse herrscht. Vergleichsmäßig gute Werte erzielen die Polizei (65 Prozent), Wissenschaftler (64 Prozent) und die Gerichte (56 Prozent). Selbst dort fielen die Ergebnisse jedoch geringer als im Vorjahr aus.
Im Vergleich zum Vorjahr nahmen menschenfeindliche
und nationalistische Einstellungen erheblich zu:
64 Prozent (+24 zum Vorjahr) der Bürger empfinden Deutschland als „durch Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“, während die eigene Umgebung von 30 Prozent (+21) als „überfremdet“ wahrgenommen wird. Laut dimap findet sich diese Tendenz auch in anderen Bundesländern. 17 Prozent der Befragten hielten die Darstellung der nationalsozialistischen Verbrechen übertrieben und 11 Prozent gaben an, dass „die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen“ seien.
Auch gegen Langzeitarbeitslose (66 Prozent), Muslime (54 Prozent), Sinti und Roma (46 Prozent) und homosexuelle Menschen (30 Prozent) gab es Zustimmung zu menschenfeindlichen Aussagen. Der antisemitischen Aussage „Juden haben zu viel Macht in der Welt“ stimmten 18 Prozent der Befragten zu.
Verschwörungen nehmen in Sachsen zu:
„Geheime Organisationen“ und „Marionetten“-Politiker
81 Prozent (+10) der Befragten waren der Meinung, dass Politiker nur Wählerstimmen haben wollen, und 45 Prozent stellten die freie Meinungsäußerung infrage. Die Umfrage machte deutlich, dass Verschwörungserzählungen in Sachsen immer populärer werden. Unter den Umfrageteilnehmern gaben 36 Prozent an, „geheime Organisationen“ hätten großen Einfluss auf politische Entscheidungen, und 43 Prozent sehen Politiker als „Marionetten der dahinterstehenden Mächte“.
Für ein Drittel der befragten Bürger gleicht Deutschland eher einer Diktatur als einer Demokratie. Ganze 53 Prozent gaben zudem an, es müsse mehr Widerstand gegen die aktuelle Politik gezeigt werden und 40 Prozent glaubten, die regierenden Parteien würden das Volk betrügen.
Auch positive Ergebnisse in Sachsen-Umfrage –
Optimismus bei Bürgern, Sorge bei Politikern
Nicht alle Werte des Sachsen-Monitors sind negativ: 86 Prozent glauben, man könne auf das seit 1990 Erreichte stolz sein, und 82 Prozent gaben an, Sachsen auf Augenhöhe mit vielen westdeutschen Bundesländern zu sehen. 55 Prozent der Umfrage-Teilnehmer gaben an, der Zukunft des Freistaats optimistisch entgegenzusehen. Für die eigene Zukunft gaben sich 63 Prozent optimistisch. 72 Prozent der Befragten beschrieben ihre wirtschaftliche Situation als gut.
Während ungefähr Dreiviertel der Bürger die Gefahr eines sozialen Abstiegs für gering halten, halten 36 Prozent die Chancen für einen sozialen Aufstieg eher schlecht und 15 Prozent sogar sehr schlecht. 3o Prozent rechneten sich der „mittleren Mittelschicht zu“, 37 Prozent der „unteren Mittelschicht“. Gleichzeitig aber finden 64 Prozent der Bevölkerung, dass es in Deutschland eher ungerecht zugeht.
CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer und Justizministerin Katja Meier (Die Grünen) zeigten sich beunruhigt. Kretschmer forderte eine Politik des gesunden Menschenverstandes, um bessere Umfragewerte beim nächsten Sachsenmonitor zu erzielen. Meier forderte „klare Kante und klare Ansagen“, damit „nicht die Rechtsextremen den politischen Ton angeben“.