Schon bei der Eröffnung des Bundesverfassungsgerichts stand fest, dass zu seinen ersten Aufgaben die Entscheidung über ein Parteienverbot der KPD würde gehören müssen

Am 17. August 1956 verbot das Bundesverfassungsgericht die Kommunistische Partei Deutschlands, kurz KPD. Auch wenn manche Historiker das Verbotsverfahren für verfassungs- widrig halten: Die Richter legten im Urteil umfassend dar, was Demokratie ist. Bei der feierlichen Eröffnung des Bundesverfassungs- gerichts am 28. September 1951 (Bild) spricht Bundespräsident Heuss die wichtigste Bestimmung des Grundgesetzes an.

 

„Wir hatten nun bei uns in Deutschland, ja den mit falschem Pathos verbrämten und im primitiven Machtsadismus vollkommen realisierten totalitären Staat. Und den im Hintergrund, haben wir ins Grundgesetz gelegt das Bekenntnis zu Menschenrecht und Menschenwürde und das ist in dieser Zeit keine sentimentale Floskel, sondern das Lebensbedürfnis eines Volkes, das die Qual und die Scham als Erfahrung hinter sich hat.“

Dieses Bekenntnis zur Menschenwürde wird von den neuen Richtern auch bald in ihrer Rechtsprechungspraxis umgesetzt. Anders als beim Bundesgerichtshof, dem höchsten Fachgericht für Straf- und Zivilsachen, sind am Bundesverfassungsgericht nur sehr wenige Juristen, die im Hitlerstaat Karriere gemacht hatten. Etliche waren gezwungen worden, ihren Dienst zu quittieren, mussten ins Exil gehen, hatten dort an ausländischen Universitäten gelehrt.

Karlsruher Gericht als Institution der Staatsklugheit

Bundespräsident Theodor Heuss (l-r), der erste Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hermann Höpker-Aschoff und Bundeskanzler Konrad Adenauer während der Feierstunde zur Eröffnung des Bundesverfassungsgerichts

Die Richter am Bundesverfassungs- gericht entwickeln eine weitreichende Rechtsprechung auf Grundlage des Grundgesetzes, die für die Sicherung der Freiheitsrechte gegenüber Behörden und Gesetzgeber, aber auch beim Streit unter Privatleuten sorgt. Sie haben hier ihre Rolle für Gesellschaft und Staat mit Rechtsempfinden und Klugheit ausfüllt und so der Bundesrepublik einen Schub an Liberalität und demokratischem Selbstbewusstsein gebracht. Und dem Karlsruher Gericht hohes Ansehen als Institution der Staatsklugheit.

Dieses Bekenntnis zur Menschenwürde wird von den neuen Richtern auch bald in ihrer Rechtsprechungspraxis umgesetzt

Anders als beim Bundesgerichtshof, dem höchsten Fachgericht für Straf- und Zivilsachen, sind am Bundesverfassungsgericht nur sehr wenige Juristen, die im Hitlerstaat Karriere gemacht hatten. Etliche waren gezwungen worden, ihren Dienst zu quittieren, sie mussten ins Exil gehen und hatten dort an ausländischen Universitäten gelehrt.

Karlsruher Gericht als Institution der Staatsklugheit

Die Richter am Bundesverfassungs- gericht entwickeln eine weitreichende Rechtsprechung auf Grundlage des Grundgesetzes, die für die Sicherung der Freiheitsrechte gegenüber Behörden und Gesetzgeber, aber auch beim Streit unter Privatleuten sorgt. Sie haben hier ihre Rolle für Gesellschaft und Staat mit Rechtsempfinden und Klugheit ausfüllt und so der Bundesrepublik einen Schub an Liberalität und demokratischem Selbstbewusstsein gebracht. Und dem Karlsruher Gericht hohes Ansehen als Institution der Staatsklugheit.

Aber für diese Verfassungsrichter gibt es auch eine dunkle Seite der Macht.

Das Gericht wird damit ermächtigt, auf Antrag von Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat verfassungswidrige politische Parteien zu verbieten, falls von diesen eine virulente Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung ausgeht. Das ist ein handfester juristischer Auftrag, der nicht im politischen Belieben der Richter steht.
Als Bundespräsident Heuss anlässlich dieser Karlsruher Feierstunde spricht, wissen schon alle Bonner Politiker im Saal, dass beim Hohen Gericht demnächst von der Bundesregierung Parteiverbotsanträge gestellt werden.
In den Fokus der Bundesregierung geriet zum einen die Sozialistische Reichspartei SRP, ein Sammelbecken unverbesserlicher Altnazis: Über den Ausgang dieses Verfahrens dürfte nirgendwo ein Zweifel bestanden haben.“
Doch auch die Kommunistische Partei Deutschlands, KPD, geriet in den Fokus. Sie ist seit der ersten Bundestagswahl 1949 mit 5,7 Prozent – das entspricht 14 Abgeordneten – in den neuen Bundestag eingerückt. Diese Partei hatte noch in der Weimarer Republik zeitweise beachtlichen Zulauf. Ihre Mitglieder haben oft Widerstand in der NS-Zeit geleistet, viele wurden in KZs und Zuchthäusern geschunden und ermordet. Dieser Fall liegt also nicht so leicht, wie bei der Altnazi-Partei SRP.

Vor aber welchen Gefahren sollte der Staat geschützt werden?

Theodor Heuss verwendet in seiner Ansprache allerdings ausdrücklich den Begriff vom totalitären Staat, also ein weiter gefasster Begriff als etwa das Wort vom nationalsozialistischen oder faschistischen Führerstaat. Und gibt damit korrekt den Diskussionsstand im Parlamentarischen Rat wider. In diesem hatten die besten Köpfe der Parteien aus den drei westlichen Besatzungszonen von 1948 bis ‚49 die Verfassung, das Grundgesetz für die neue Bundesrepublik formuliert.
Auf Vorschlag von Theodor Heuss hatte man bei der Beratung, vor welcher Gefahr genau der Staat des Grundgesetzes geschützt werden soll, „die Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ hineingeschrieben.

Angstmachende Nervenproben in der BRD-Gründungsphase

Dass es damals in der jungen Bundesrepublik auch Gründe dafür gab, dafür sorgten auch angstmachende Nervenproben in der Gründungsphase für Politik und Bevölkerung.
Als am 20. Juni 1948 die drei Westmächte in ihren Zonen und Westberlin ohne Absprache mit der Sowjetunion die D-Mark einführten, reagierte die Sowjetische Militäradministration umgehend mit der sogenannten Berlin-Blockade, um im Gegenzug Einfluss auf Gesamtberlin zu erlangen: Westberlins Verkehrsverbindungen nach Westdeutschland wurden abgeriegelt.

Auf Initiative des US-amerikanischen Hochkommissars Lucius D. Clay wurde im Gegenzug von den Westalliierten eine Luftbrücke errichtet. Mit sogenannten Rosinenbombern hielten die Amerikaner die Westberliner ein Jahr lang mit Lebensmitteln und überlebenswichtigen Gütern über Wasser, erst ein Jahr später beendete die sowjetische Seite ihre Sperren.

Angstmachende Nervenproben in der BRD-Gründungsphase

Dass es damals in der jungen Bundesrepublik auch Gründe dafür gab, dafür sorgten auch angstmachende Nervenproben in der Gründungsphase für Politik und Bevölkerung.
Als am 20. Juni 1948 die drei Westmächte in ihren Zonen und Westberlin ohne Absprache mit der Sowjetunion die D-Mark einführten, reagierte die Sowjetische Militäradministration umgehend mit der sogenannten Berlin-Blockade, um im Gegenzug Einfluss auf Gesamtberlin zu erlangen: Westberlins Verkehrsverbindungen nach Westdeutschland wurden abgeriegelt.
Auf Initiative des US-amerikanischen Hochkommissars Lucius D. Clay wurde im Gegenzug von den Westalliierten eine Luftbrücke errichtet. Mit sogenannten Rosinenbombern hielten die Amerikaner die Westberliner ein Jahr lang – vom 24. Juni 1948 bis 12. Mai 1949 – mit Lebensmitteln und überlebenswichtigen Gütern über Wasser, erst ein Jahr später beendete die sowjetische Seite ihre Sperren.

Jan. 2024 | Allgemein, Essay, Junge Rundschau, Politik, Sapere aude | Kommentieren