Aber es fällt mehr als schwer. Thomas Gottschalk hat seinen letzten „Wetten, dass..?“-Auftritt derart vergeigt, dass einem nicht mal nach einer launigen Showkritik zumute ist. Dabei würde es dafür genügend Material gegeben haben. Da wäre zum Beispiel der Umstand, dass Take That direkt im Anschluss an das Gekrähe verschiedener Hahnrassen auftreten und dabei weniger Töne treffen als die Tiere zuvor.
So – ungefähr jedenfalls – hätte der Abend dann zu guter Letzt doch noch über die Bühne gebracht werden können. Hätte vielleicht können gekonnt …
Das hätte dann der traurige Anblick eines kleinen, blonden Jungen bleiben können
Hätte können. Ja, – Aber stattdessen hat „Tommy“ über den ganzen Abend hinweg beinahe die gesamte Show über am Rand von Gottschalks Couch gekauert. Und so wirkte das ganze Spektakel, als hätte man ihn bestraft, ihn Katzentisch-mäßig aus der Runde der Erwachsenen ausgestoßen. Doch man hätte ihm ein Namensschild umhängen sollen: Denn aus diesem dort alleingelassenen Matthias Schweighöfer wurde bei Gottschalk ein Matthias Schweinsteiger.
Gottschalk unterlaufen – mehrmals – Versprecher:
Der erste Tiefpunkt an diesem Abend. Nach nicht einmal zehn Minuten. Und es wurde einfach nicht besser. Versprecher, Namensverwechslungen, ein Schlagabtausch mit Shirin David, bei dem Gottschalk so alt aussah, dass ihm seine amtlichen 73 Jahre dagegen noch schmeichelten. Er war nicht in Form, dieser Mister „Wetten, dass..?“. Mehr als 150 Ausgaben im Gepäck und trotzdem so viel Schlamperei, so wenig Esprit? Diese Fernsehlegende, sie begrub sich mit einer pomadigen Darbietung selbst.
Wir hätten ihm all die kleinen Schnitzer und Fahrlässigkeiten verzeihen können. Der Abschied war besiegelt, die Gutmütigkeit groß. „Einmal kommen wir hier noch alle zusammen, haben Spaß, schauen über den ein oder anderen Fehltritt hinweg – und danach bist du ja eh weg, Thommy“, so dachten wir. Und was macht Thomas Gottschalk? Er schludert durch seine Sendung wie ein unvorbereiteter Abiturient durch die Matheprüfung, der dem Lehrer nach seinem katastrophalen Scheitern vor versammelter Klasse noch ein paar deftige Worte an den Kopf wirft. Aber dazu später mehr.
Fremdschämen am Fließband
Zwischendrin geriet die Show zu einer Art Farce, zu einer Ulknummer an Peinlichkeiten. Kurz überlegte man: Ist das alles nur Masche? Hat die Redaktion des ZDF den Greis aufs Glatteis führen wollen – oder warum luden sie Matthias Schweighöfer UND Bastian Schweinsteiger ein? War doch klar, dass Gottschalk am Ende in einem „Inception“-artigen Namensszenario gefangen sein würde. Bastian Schweigsteiger, Matthias Schweinhöfer, Basthias Hofschwein: einfachstes Pointen-Pingpong, notiert von einem spitzfindigen ZDF-Praktikanten.
Nur leider:
So war es nicht. Thomas Gottschalk hat wirklich herumgestottert und die Namen verdreht, er hat das nicht mit Absicht gemacht. Das gab er im Verlauf der Sendung selbst zu, als er mehr schlecht als recht über seine Aussetzer witzelte: „Mit Namen bin ich ja besonders toll.“ Ja, Herr Gottschalk: Sie kennen die Gästeliste erst seit gestern. Da kann das schon mal passieren.
Diese Erhabenheit des Thomas Gottschalk, diese Mir-ist-heute-alles-egal-Attitüde bekam an diesem Abend etwas sehr Unangenehmes. Es ist nicht so, dass dies etwas Neues wäre. Schlecht vorbereitet, von sich selbst überzeugt und mit Hang zur Großspurigkeit geküsst, war er seit jeher. Doch er machte das mit Witz, Charme und Leichtigkeit wett, mit einer Simulation: Er gaukelte dem Publikum ein Gefühl der Sorglosigkeit vor, der Unbeschwertheit. Für diese zwei, drei Stunden, in denen er in einem schrillen Outfit Gästen zu nahe kommt und in großen Gesten Regeln erklärt, gelten nur solche Regeln, die er von seinen Moderationskarten vorliest.
Aber es gibt – hierzulande zumal – immer ein aber:
Wer nun also aber Gottschalk schon vermisst, dem sei gesagt: Der Moderator hat noch viel vor – trotz der beständigen Kritik. Nächste Woche beispielsweise moderiert er die Disney-Jubiläumsshow. Der Mäusekonzern wurde dieses Jahr nämlich 100 Jahre alt. Schauen wir mal, ob Thomas Gottschalk da wieder die Zuschauer spaltet. Schließlich sind wir hier nicht in Turkmenistan, sondern in Deutschlaaaaan …