Zum Anlass des Jubiläumsjahres, fand am 4. Oktober 2023 ein Festakt für die Mitarbeiter des Zentrums für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) statt. Rebekka Stahl, Pflegedienstleitung des Zentrums für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie des UKHD, begrüßte gemeinsam mit Professor Dr. Tobias Renkawitz, Zentrumssprecher und Ärztlicher Direktor der Klinik für Orthopädie des UKHD, Professor Dr. Gerhard Schmidmaier, Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des UKHD und Professor Dr. Norbert Weidner, Ärztlicher Direktor der Klinik für Paraplegiologie des UKHD, die Gäste.
Einen Rückblick über die Geschichte der letzten 100 Jahre gab der ehemalige Ärztliche Direktor Professor Dr. Volker Ewerbeck.
Er erinnerte an die Gründung der Klinik nach dem ersten Weltkrieg mit dem Ziel, die vielen Kriegsversehrten bestmöglich zu behandeln. Er sparte auch die dunkle Zeit während des Dritten Reiches nicht aus, als körperbehinderte Patienten fürchten mussten, aus der Klinik deportiert zu werden. Dass heute querschnittsgelähmte Menschen eine nahezu normale Lebenserwartung haben, sei der großen Interdisziplinarität zu verdanken, mit der in Schlierbach gearbeitet werde.
Prof. Ewerbeck betonte den „Geist von Schlierbach“, der auch dem besonders schönen und menschengerechten Standort zu verdanken sei.
Forschungsergebnisse in die klinische Realität überführen
Anschließend gab Professor Dr. Tobias Renkawitz einen Ausblick in die Zukunft der Orthopädie: „Wir stehen heute an der Schwelle, Forschungsergebnisse tatsächlich in die klinische Realität überführen zu können.“ Als Beispiel nannte Prof. Renkawitz etwa das „Nanopattering“, die Veränderung von Implantatoberflächen im Nanobereich. Diese von der Natur abgeschaute Strategie hemmt die Anhaftung von Bakterien, wodurch die Infektionsgefahr gesenkt wird. Bereits im nächsten Jahr soll eine Studie starten, bei der High-Tech-Prothesen mit dem menschlichen Nervensystem verbunden werden, so dass sie das Gefühl einer echten Gliedmaße vermitteln. „Diese zukunftsweisenden Strategien werden die Medizin und die Orthopädie verändern“, prophezeit Prof. Renkawitz. „Nicht verändert haben sich dagegen die Werte, die auch nach 100 Jahren unseren Alltag als Ärztinnen und Ärzte prägen: Menschlichkeit, Solidarität mit den Patientinnen und Patienten und der Teamspirit innerhalb unserer Klinik, aber auch mit unseren vielen Partnern in und außerhalb unseres Universitätsklinikums.“
Von der Universitätsklinik zur Universitätsmedizin
Professor Dr. Ingo Autenrieth, Leitender Ärztlicher Direktor des UKHD, gratulierte den Vertretern der Orthopädischen Klinik zum Jubiläum: „Wir sind stolz auf Schlierbach. Sie sind ein bedeutender Teil der Erfolgsgeschichte der Universitätsmedizin Heidelberg. Auf diesem wunderbaren Gelände mit seinen historischen Gebäuden gelingt es seit hundert Jahren, die Medizin der Zukunft durch Forschung zu gestalten.“ Auf längere Sicht befürwortet der Vorstandsvorsitzende jedoch den Umzug der Orthopädie in den Klinikring im Neuenheimer Feld, in die direkte Nachbarschaft zur Chirurgischen Klinik des UKHD. „Den Spirit von Schlierbach müssen Sie dann mitnehmen“, forderte er seine orthopädischen Kolleginnen und Kollegen auf. Als Auftrag an die Politik nannte Prof. Autenrieth das Ziel, ein Deutsches Zentrum für muskuloskelettale Medizin zu errichten. Hier sollte die personalisierte und datengetriebene Medizin vorangetrieben werden, aber auch die Prävention. „Langfristig wollen wir uns von einem Universitätsklinikum für Patientinnen und Patienten zu einer vorausschauenden Universitätsmedizin für Kranke und Gesunde entwickeln“, beschrieb Prof. Autenrieth die Vision für die Zukunft.
Der Grundstein für eine der größten und ältesten orthopädischen Universitätskliniken in Deutschland wurde bereits als orthopädische Heilanstalt für Kriegsverletzte im Ersten Weltkrieg gelegt. Doch schon damals gab es Forderungen nach einer orthopädischen Zentralanstalt und Angliederung an die Universität Heidelberg. Nach der Einweihung des Gebäudes im Dezember 1922 nahm die Klinik zum Jahreswechsel als Teil der Universität ihren Betrieb auf. Und auch heute erinnert das mittlerweile renovierte Gebäude äußerlich an die Geschichte – hinter der Fassade lässt aber die Tradition der modernen Medizin den Vortritt.
Die Verbindung aus Wissenschaft und Patientenversorgung etablierte sich somit bereits im 19. Jahrhundert und prägt noch heute den Aufbau und die Struktur des Campus. So erweitern seit den 1960-er Jahren die Klinik für Paraplegiologie des UKHD und in neuerer Zeit die die Klink für Unfallchirurgie den Schlierbacher Campus. Professor Dr. Rüdiger Rupp, Leiter der Sektion Experimentelle Neurorehabilitation der Klinik für Paraplegiologie am UKHD, betonte in seiner Ansprache die Bedeutung der interprofessionelle Zusammenarbeit am Zentrum: „Die einzigartige Verbindung der Fachbereiche auf engstem Raum ist vergleichbar mit einem Getriebe, in dem ein Zahnrad perfekt in das andere greift. Um voranzukommen, kommt es auf jedes noch so kleine Zahnrad an! Nur wenn alle klinischen und nicht klinischen Fachbereiche respekt- und verantwortungsvoll zusammenarbeiten, können wir das Maximale für unsere Patientinnen und Patienten erreichen. In Anbetracht des Fachkräftemangels ist die Wertschätzung der Mitarbeitenden im Alltag und auf übergeordneter Ebene essentiell wichtig. Dies schließt vor allem auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, denn die Forschungsergebnisse von heute sind die Behandlungsmethoden von morgen.“