Zu welch drastischen Maßnahmen Donald Trump nach der Wahlniederlage im November 2020 bereit war, um verzweifelt seine Macht zu sichern, zeigt ein neuer Bericht. Dem Nachrichtenportal Politico zufolge hatte das Weiße Haus damals ein Präsidenten-Dekret entworfen, mit dem der ranghöchste US-Militär zur Beschlagnahme aller Wahlmaschinen im Land angewiesen werden sollte.
„Mit sofortiger Wirkung muss das Verteidigungsministerium alle Maschinen, Ausrüstung, elektronisch gespeicherten Informationen über die Wahl beschlagnahmen, einsammeln, sichern und analysieren“, heißt es in dem dreiseitigen Dokument, das zu den mehr als 750 Unterlagen gehört, die dem Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses übergeben wurden, der den Sturm von Trump-Fans auf das US-Kapitol untersucht.
Beschlagnahmung von Wahlmaschinen: Donald Trump wollte sich an die Macht klammern
Die Anordnung des Präsidenten, welche allerdings nie unterschrieben wurde, hätte dem Verteidigungsminister 60 Tage Zeit gegeben, um zu bewerten, ob die US-Wahlen rechtmäßig abgelaufen seien oder nicht. Damit hätte sich Donald Trump länger an der Macht halten können.
Der auf den 16. Dezember 2020 datierte Entwurf der Verfügung von Donald Trump sieht zudem die Ernennung eines Staatsanwalts vor, der im Zusammenhang mit den beschlagnahmten Wahlmaschinen wegen jedes Betrugsvorwurfs Anklage erheben sollte. Begründet wird die Maßnahme mit einer Reihe von – mehrfach widerlegten – Verschwörungsmythen, wonach die Wahlmaschinen manipuliert worden seien.
Wer verfasste das Wahlmaschinen-Dokument für Donald Trump?
Wer den Entwurf verfasste, ist unklar. Politico berichtet, dass die Vorschläge in dem Dokument mit den Ideen der Anwältin und QAnon-Unterstützerin Sidney Powell zusammen passen würden. Diese Beobachtung wird von der Datierung des Schriftstücks gestützt: Zwei Tage später, am 18. Dezember 2020, gab es im Weißen Haus ein Treffen, das US-Medien als das „verrückteste Treffen der Trump-Präsidentschaft“ bezeichnet hatten.
Neben Powell damals mit dabei: der ehemalige nationale Sicherheitsberater Michael Flynn, Patrick Byrne, Ex-Chef eines Möbelhändlers, sowie eine wenig bekannte frühere Mitarbeiterin der Trump-Administration, Emily Newman. Alle Personen waren damals gekommen, um Donald Trump zu überzeugen, extreme Maßnahmen für seinen Machterhalt zu ergreifen.
Powell erzählte nach Recherchen der Nachrichtenseite Axios direkt zu Anfang des Treffens, dass der Wahlmaschinenhersteller Dominion die eigenen Geräte manipuliert habe, um Stimmen von Donald Trump zu Joe Biden umzumünzen. Die Aktion des Unternehmens sei Teil einer internationalen kommunistischen Verschwörung, um die Wahl für die Demokraten zu stehlen. Aufgrund dieser Erzählung soll sie vorgeschlagen haben, den nationalen Notstand in den USA auszurufen.
Expertin macht sich über Anordnungsentwurf von Donald Trump lustig
Rechtsexpertin Liza Goitein nach stellt der veröffentlichte Anordnungsentwurf von Donald Trump „nicht nur einen Missbrauch der Notstandsbefugnisse dar, sondern auch ein völliges Missverständnis dieser Befugnisse.“ Es sei „das juristische Äquivalent eines Kindes, das mit Buntstiften an die Wand kritzelt“, sagte sie gegenüber Politico.
Donald Trump und seine Verbündeten verbreiten bis heute die durch nichts belegte Behauptung, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Viele republikanische Wähler glauben jedoch nach wie vor an die Verschwörungserzählungen. Der frühere US-Präsident ging gerichtlich gegen die Herausgabe der Dokumente vor. Vor dem Supreme Court erlitt er diese Woche eine klare juristische Niederlage.
Die Dokumente beinhalten unter anderem Memos der Mitarbeiter von Donald Trump, E-Mails und Listen von Personen, die ihn am Tag des Kapitol-Sturms besucht oder angerufen haben, sowie Notizen, die bei diesen Gesprächen gemacht wurden. Der Untersuchungsausschuss will unter anderem mithilfe der Unterlagen die genauen Hintergründe der Attacke auf das Kapitol am 6. Januar 2021 aufdecken.