Das nehme ich den russischen Ganoven am meisten übel: Dass ich mich über eine solche Meldung – als Pazifist der vor 60 Jahren den Keiwgsdienst verweigert und alte Menschen gepflegt hat.
Seis drum, hier der Beitrag:
Zahlreiche unbemannte Fluggeräte treffen Ziele weit im Landesinneren. Mehrere russische Transportflugzeuge wurden zerstört oder beschädigt. Gleichzeitig gerät Kiew nach Monaten der relativen Ruhe wieder stärker ins Visier.
In der Nacht auf Mittwoch hat Russland die umfangreichsten ukrainischen Drohnenangriffe seit Kriegsbeginn erlebt, Kiew die heftigsten seit dem Frühling. Besonders spektakulär ist die Attacke auf die nordwestrussische Provinzhauptstadt Pskow: Die Videos, die kurz vor Mitternacht Ortszeit verbreitet wurden, hätten direkt aus einem Kriegsgebiet stammen können. Am Horizont lodert ein Flammenmeer, Explosionen sind zu hören, dazwischen knattern Maschinengewehrsalven.
Der Pskower Gouverneur Michail Wedernikow und das russische Verteidigungsministerium bestätigten später, was Beobachter sofort vermutet hatten: Ukrainische Kampfdrohnen griffen den sowohl zivil als auch militärisch genutzten Flughafen am Stadtrand an. Der Militärgeheimdienst in Kiew hat sich inoffiziell zu der Attacke bekannt.
Zerstörtes Transportflugzeug
Mehr als zehn unbemannte Fluggeräte sollen an dem Angriff beteiligt gewesen sein. Er galt dem logistischen Zentrum einer Eliteeinheit der russischen Streitkräfte, den Luftlandetruppen. Nach offiziellen Angaben wurden vier Transportflugzeuge vom Typ Iljuschin-76 «beschädigt». Videos, die in der Nacht zirkulierten, deuteten aber darauf hin, dass mindestens eines dieser Flugzeuge völlig ausbrannte. Der ukrainische Militärgeheimdienst sprach von vier zerstörten Maschinen. Mehrere weitere hätten Schäden davongetragen.
Das Flammenmeer war durch den Einschlag von Drohnen in ein neben dem Flughafen gelegenes Treibstofflager entstanden. Die Angriffe erfolgten in mehreren Wellen, jedenfalls berichteten Augenzeugen in Telegram-Kanälen immer wieder von Gewehrfeuer. Offenbar reichte die Flugabwehr nicht aus, so dass, fast schon verzweifelt, mit Maschinenpistolen versucht wurde, die Drohnen vom Himmel zu holen.
Zwischen der ukrainischen Nordgrenze und Pskow liegen 650 Kilometer Luftlinie. Wurden die unbemannten Flugobjekte tatsächlich von ukrainischem Territorium gestartet, konnten sie unbemerkt über Hunderte von Kilometern durch den weissrussischen und russischen Luftraum fliegen. Selbst wenn davon auszugehen ist, dass die Luftraumüberwachung und die Flugabwehr nicht primär auf niedrig fliegende Drohnen ausgerichtet sind, stellt das der russischen Verteidigung kein gutes Zeugnis aus.
Pskow liegt so nah wie keine andere russische Provinzhauptstadt an der Grenze zu einem Nato-Staat – es sind nur rund 50 Kilometer bis nach Estland und 65 Kilometer bis Lettland. Offenbar sahen die Verantwortlichen keine Notwendigkeit, trotz der immer wieder heraufbeschworenen Gefahr, die angeblich von der Nato droht, die Stadt und die wichtige Militärpräsenz ausreichend zu schützen.
Es ist zudem nicht die erste erfolgreiche Attacke der Ukrainer gegen die militärische Infrastruktur: Bei mehreren Drohnenangriffen auf die Flugplätze von Engels und Djagilewo im Dezember 2022 wurden mehrere Jets zerstört und Armeeangehörige getötet. Erst vergangene Woche wurde bei einem Drohnenangriff auf den Luftwaffenstützpunkt in Solzy bei Nowgorod ein strategischer Bomber zerstört. Auch diese Basen liegen weit im Landesinneren.
Koordinierte Attacken
Neu am Angriff der Ukrainer in der Nacht auf Mittwoch ist auch, dass er koordiniert in verschiedenen Gegenden erfolgte. In den grenznahen Regionen Brjansk, Woronesch und Orjol, den im Moskauer Umland liegenden Oblasten Kaluga und Rjasan und ausserhalb der Hauptstadt gab es ebenfalls Drohnenattacken. In Brjansk wurde ein Mikroelektronik-Werk getroffen. Zeitweise war der Luftraum über allen vier internationalen Flughäfen Moskaus gesperrt.
Allerdings entwickeln sich auch die Russen weiter. Dank der Kooperation mit Iran und einem über Länder wie die Türkei und China laufenden Handel verfügen sie trotz westlichen Sanktionen weiterhin über die Technologie, um Drohnen und Raketen zu bauen. In der Nacht auf Mittwoch feuerten sie laut ukrainischen Angaben 28 Marschflugkörper und 15 Shahed-Kamikaze-Drohnen ab, knapp die Hälfte davon auf Kiew.
Auch wenn die ukrainische Luftverteidigung für sich in Anspruch nimmt, ausser einer Drohne alle Flugkörper abgeschossen zu haben, gab es in Kiew mindestens zwei Tote. Diese wurden von herabfallenden Trümmern getroffen. Die Hauptstadt verfügt dank westlicher Hilfe inzwischen über ein fast undurchdringliches Abwehrsystem. Weil die Raketen meist vom nahen weissrussischen Territorium abgefeuert werden, sind die Reaktionszeiten aber so kurz, dass sie erst über der Stadt getroffen werden können. Die Gefahr lässt sich somit nur begrenzen und nicht eliminieren.