[1]Dazu werden Gipfel abgehalten, Bündnisse geschmiedet, und ehrgeizige Ziele verkündet. Wenn man sich nun aber den Wohnungsmarkt ansieht, hat sich die Lage eher stetig verschlechtert. Nun haben wir seit knapp einem halben Jahr wieder ein Bundesbauministerium und eine Ministerin, die jüngst das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“ auf den Weg gebracht hat. Gibt es Hoffnung, dass sich – diesmal – tatsächlich etwas bewegt, schließlich hat sich ja durchaus in den vergangenen Jahren schon einiges getan: Neubauten haben erheblich – wenn auch nicht genug – zugenommen. Gleichzeitig nämlich ist der Bedarf vielerorts weiter gestiegen. Viele Hemmnisse, über die bereits seit vielen Jahren geredet wird, verhindern noch immer, dass ausreichend Wohnraum geschaffen wird. Es gibt da offensichtlich eine Diskrepanz zwischen politischenr Erkenntnis und praktischer Umsetzung. Der richtige Weg ist bekannt, von der Bauministerin Klara Geywitz und ihrem Bündnis muss jetzt der Ruck ausgehen, dass alle Beteiligten ihn auch einschlagen. Das ist schwer, aber: Bleiben wir optimistisch.
Was sind die größten Hemmnisse für einen zügigen Wohnungsneubau?
Für all das ist nicht die Bundesregierung sondern sind Bundesländer und Kommunen zuständig und natürlich kann Frau Geywitz weder das Baurecht der Länder beeinflussen noch Bauflächen ausweisen oder die Ausstattung der Genehmigungsbehörden verbessern. Aber sie kann einen Anstoß geben und alle Akteure zusammenbringen, damit auf den entscheidenden Ebenen etwas passiert.
Ein weiteres Aufschieben können wir uns einfach nicht mehr leisten, die Lage auf dem Wohnungsmarkt droht eher noch schlimmer zu werden. Mithin ist zu befürchten, dass fast alles, was derzeit geplant, aber noch nicht in der Bauphase ist, überhaupt nicht mehr gebaut werden kann, mithin wird.
Die Kalkulationen gehen nämlich angesichts der explodierenden Preise für Baumaterial nicht mehr auf. Dazu kommen die bekannten Lieferkettenprobleme und der Fachkräftemangel. Gleichzeitig steigen die Zinsen und die Finanzierung wird schwieriger. Das bringt Bauunternehmen und Immobilienentwickler in Existenznot. Wir haben viel Zeit verstreichen lassen, als die Lage besser war, als die Wirtschaft lief und die Zinsen niedrig waren. Jetzt aber sind die Probleme signifikant, dass sich etwas verändern muss. Und das gilt im übrigen nicht nur für den Wohnungsbau, sondern auch für die Digitalisierung oder das Schulsystem. In vielen Bereichen konnte Deutschland es sich lange leisten, Reformen und Investitionen aufzuschieben. Spätestens seit Corona ist klar, dass diese Zeit vorbei ist.
Die politischen Stellschrauben beim Bau, wie das Ausweisen von Flächen und das Abbauen von Vorschriften, helfen bei diesen akuten Krisen-Symptomen hingegen nicht. Die Politik hat zu verssuchen, einen unmittelbar bevorstehenden Einbruch beim Wohnungsbau zu verhindern.
Die Regierung muss nun schnell für eine Entlastung sorgen, sie könnte zum Beispiel die Mehrwertsteuer auf Baumaterial zeitweise senken. Der Druck von Investorenseite auf den Markt lässt bereits etwas nach, weil Alternativen für sichere Anlagen wie zum Beispiel Staatsanleihen wieder Zinsen abwerfen und damit attraktiver werden. Hingegen ist aber keine Flucht aus dem Wohnungssegment zu sehen. Stattdessen sind Wohnimmobilien immer noch das bevorzugte Produkt institutioneller Investoren. Und, viele dieser Investoren finanzieren Immobilienprojekte vollständig mit Eigenkapital, für die sind steigende Zinsen kein Problem darstellen. Bei Investments, die Fremdfinanzierung wie Bankkredite enthalten, schrumpft die Rendite durch die höheren Zinsen dagegen empfindlich zusammen. Auch beim Wohneigentum wie Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern werden die Preise wahrscheinlich leicht zurückgehen. Zum einen – und zwar nicht nur – weil die Finanzierungskosten durch die höheren Zinsen steigen, sondern auch, weil in der Wirtschaftskrise das verfügbare Einkommen schrumpft.
Schon lange mit Problemen zu kämpfen hat der Markt für Einzelhandelsimmobilien. Mieten und Kaufpreise sind schon teils deutlich gesunken. In vielen Innenstädten stehen Geschäfte leer. Über das Thema „sterbende Innenstädte“ wird nun schon seit Jahren diskutiert, viele Lösungsvorschläge liegen auf dem Tisch, aber die Situation wird schlimmer statt besser. Werden wir uns damit abfinden müssen, dass die deutschen Innenstädte nicht mehr zu retten sind? Offenbar müssen wir uns von Innenstädten mit ihrer seit den 60er Jahren bestehenden Einzelhandels-Monokultur verabschieden und das ist auch gut so. Das heißt aber nicht, dass Stadtzentren sterben. In Zukunft werden die Innenstädte wahrscheinlich so aussehen, wie man sie vorzeiten noch gekannt haben: mit einer lebenswerten Mischung, unter anderem aus Einzelhandel, Büros, Kultur, Gastronomie, Bildungseinrichtungen und auch Wohnen.
Das ist auch keine neue Idee. Aber vielerorts prägt seit Jahren zunehmend trostloser Leerstand das Bild, statt einer solchen Vielfalt.
In den vergangenen Jahren bis zur Corona-Krise war die Lage in den meisten deutschen Städten gar nicht so schlecht. Wir als BMO sind in über 80 deutschen Städten in Einzelhandelsimmobilien investiert. Gerade in den mittelgroßen Städten war das zwar kein Selbstläufer, aber mit entsprechendem Arbeitsaufwand haben wir noch immer passende Nachmieter für alle unsere Einzelhandelsimmobilien gefunden. Das hat sich tatsächlich mit Corona und den Lockdowns dahingehend geändert, dass wir in manchen Lagen noch kreativer in der Nachvermietung sein müssen und auch nach anderen Nutzungsarten schauen. Aber ja, die Lage für viele Innenstädte ist jetzt so dramatisch, der Schmerz so groß, dass sich etwas ändern muss. Wir erleben auch, dass die Kommunalpolitik jetzt wirklich aktiv wird.
Das alles stand bisher nicht im Fokus der Kommunen
Die Entwicklung der Innenstädte ist längst ein Thema, allerdings stand das bisher nicht im Fokus der Kommunen. Bei der Wirtschaftsförderung wurde sich lange Zeit vor allem auf die Ausweisung von Gewerbegebieten im Außenbereich konzentriert. Bei vielen Einzelhandelsimmobilien wusste im Rathaus niemand, wem die eigentlich gehören.
Was können die Kommunen denn wirklich tun?
Das Wichtigste ist, ein schlüssiges Leitbild zu erarbeiten: Wo wollen wir überhaupt hin? Was sind unsere Voraussetzungen und Möglichkeiten vor Ort? Dann können die Kommunen zielgenau handeln. In vielen Fällen sind für eine Umnutzung, etwa von Einzelhandel zu Gastronomie, neue Genehmigungen notwendig. Da müssen die Ämter schnell und unbürokratisch handeln. Neue Nutzungsformen führen nicht nur zu einer Belebung der Innenstadt, sondern oft auch zu Konflikten beispielsweise durch Lärm von Gästen in Restaurants und Kneipen, die es vorher nicht gab. Das muss die Kommunalpolitik moderieren und die Interessen ausgleichen. Eine Stadt kann mal eben zum Beispiel auch direkt Ladenlokale anmieten, um Leerstand zu verhindern oder um statt eines weiteren Ein-Euro-Shops ein junges lokales Unternehmen in die Innenstadt zu bringen, das sich aber die Miete noch nicht leisten kann.
Mieten von mehreren Hundert Euro pro Quadratmeter leisten sich etwa Modeketten in Spitzenlagen, jedoch werden
solche Spitzenmieten auch bisher nur in der 1a-Lage erzielt. Die wird es auch weiterhin geben, denn gerade die Luxusbranche ist ein Teil des Einzelhandels, der gar keine Probleme hat. Allerdings werden diese Lagen kürzer und die Händler benötigen teils weniger Fläche. Statt mehrerer Stockwerke mietet ein Filialist dann oft nur noch das Erdgeschoss an. Darauf müssen wir uns mit neuen Nutzungskonzepten einstellen. Ein Obergeschoss, das bisher als Ladenfläche diente, kann beispielsweise in ein Büro oder eine Arztpraxis umgewandelt werden. Nur eines ist leider meist nicht praktikabel: die Umnutzung etwa von Kaufhäusern in Wohnraum. Die Vorgaben im Planungs- und Baurecht sind so unterschiedlich und ein entsprechender Umbau so aufwendig, dass sich fast niemand solche Wohnungen leisten könnte.