Merkel und Putin 2014: „In einer anderen Welt“

Die ehemalige deutsche Kanzlerin Angela Merkel soll bereits 2014 gegenüber dem damaligen US-Präsidenten Obama gesagt haben, sie sei „verwirrt“ von Putin. So berichteten es Insider der „New York Times“. „In einer anderen Welt“ befinde sich dieser, von jeder Realität weit entfernt. Im selben Jahr veröffentlichte der Neurowissenschaftler Ian Robertson einen Aufsatz in dem Magazin „Psychology Today“ …

… mit dem Titel: „Die Gefahr, die in Wladimir Putins Gehirn lauert“.
Darin schreibt der Psychologe, der in Dublin das Trinity College Institute of Neuroscience gründete, auch: „Es besteht wenig Zweifel daran, dass sich sein Gehirn neurologisch und physisch so sehr verändert hat, dass er fest und ernsthaft glaubt, dass Russland ohne ihn dem Untergang geweiht ist.“ Lange Perioden absoluter Macht hätten ihn hochgradig egozentrisch, narzisstisch und blind für Risiken gemacht.

In einer „Blase“

Auch heute werden solche Warnungen wieder laut: Der britische Premier Boris Johnson sagte, dass Putin ein „irrationaler Akteur“ sein könnte. Und: „Wir müssen im Moment akzeptieren, dass Wladimir Putin möglicherweise ohne jede Logik denkt, und das anstehende Desaster nicht sieht.“

So schätzt auch der ehemalige US-Offizier Herbert Raymond McMaster die Lage ein: „Ich denke nicht, dass er ein rationaler Akteur ist“, so der ehemalige Sicherheitsberater Donald Trumps bei CBS. Der russische Präsident lebe in einer „Blase“. Jeder in seinem Umfeld sage ihm, was er hören wolle. Das wurde der Welt veranschaulicht, als Putin in einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates seine engsten Berater regelrecht vorführte.

Putin und Clapper: „Plötzlich stottert Putin: Er grillt eigenen Geheimdienst“

Auch James Clapper, der unter US-Präsident Obama die Geheimdienste koordinierte, zeigte sich im CNN-Interview besorgt. Clapper bezog sich dabei vor allem auf Putins Drohung, der Westen solle sich nicht einmischen.

„Denken Sie, er hat das in sich?“

Ein solcher Fall hätte Konsequenzen, wie es sie noch nie zuvor in der Geschichte gegeben habe, betonte Putin. Das wurde von Beobachtern als die Androhung einer nuklearen Eskalation interpretiert. Wenig später hat Putin tatsächlich die russischen Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt.

„Denken Sie, er hat das in sich? (…) So weit zu gehen, dass er den Knopf drückt?“, fragte die Moderatorin den pensionierten General Clapper dazu. „Nun, ich persönlich denke, dass er verrückt ist“, antwortete dieser. Er sei im Moment wirklich besorgt über das emotionale Gleichgewicht des russischen Präsidenten.

„Ein anderer Putin“

Für Condoleezza Rice ist der Mann nun „ein anderer Putin“, das sagte sie Fox News. Rice war unter George W. Bush zunächst Sicherheitsberaterin, dann US-Außenministerin – und oft bei Treffen mit Putin anwesend. Dabei sei dieser immer berechnend und kalt gewesen. „Launenhaft“ erscheine er ihr hingegen jetzt.

Laut NBC haben US-Geheimdienste zudem belastbare Erkenntnisse darüber, dass Putin zunehmend frustriert sei und diesen Ärger vermehrt an Vertrauten auslasse. Das sei unüblich, schließlich habe der ehemalige KGB-Offizier seine Emotionen normalerweise unter Kontrolle. Eindeutige Beweise dafür, dass Putin „mental instabil“ sei, gebe es aber nicht.

Putin als strenger Ideologe

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat eine andere Wahrnehmung von Putin. Nachdem er ihn Anfang Februar zu persönlichen Gesprächen getroffen hatte, sagte Macron: „Der Putin von heute war anders als der Putin von vor drei Jahren.“ Er sei ihm „strenger, isolierter“ vorgekommen, so berichteten es Quellen aus seinem Umfeld der Nachrichtenagentur Reuters.

Putin und Macron am langen Tisch Anfang Februar: Putin bestand auf die große Distanz, weil Macron keinen russischen PCR-Test vor Ort machen wollte. (Quelle: imago images/Russian Presidential Press Office Moscow Russia/SNA)Putin und Macron am langen Tisch Anfang Februar: Putin bestand auf die große Distanz, weil Macron keinen russischen PCR-Test vor Ort machen wollte. (Quelle: Russian Presidential Press Office Moscow Russia)

Am Donnerstag telefonierten die beiden Staatschefs zum dritten Mal seit Beginn der Invasion. Dabei habe sich Putin „auf neutrale und klinische Weise“ ausgedrückt, verlautete es aus Paris. Und Putin habe weiterhin an seinem paranoiden Narrativ der „Entnazifizierung“ der Ukraine festgehalten. „Du erzählst Lügen“, habe Macron ihm daraufhin gesagt.

Dazu passt Putins Kriegsankündigung aus der vergangenen Woche. In ihr legte er fast eine Stunde lang historisch dar, warum die Ukraine kein eigenständiger Staat sei und zu Russland gehöre. In dieser Theorie wäre Putin also weder ein „Madman“-Stratege noch verrückt. Hingegen handle er stattdessen aus tiefer Überzeugung.

Verwendete Quellen:

März 2022 | Allgemein, Essay, Gesundheit, In vino veritas, Politik, Zeitgeschehen, Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch | Kommentieren