Unser Ein-Mann-Nachrichtendienst“: Ein hoch organisierter literarischer Sozialarbeiter: Zum Neunzigsten des Schriftstellers und Filmemachers Alexander Kluge.
„Seine Bücher wollen nicht durchgelesen werden, sondern hie und da aufgeschlagen, durchgeblättert wie ein Magazin, stellenweise diskutiert oder fortgesponnen. Man kann sie nicht zusammenfassen. Man kann trotz der Anmutung von Chronik und Lagebericht nicht einmal sagen, wo sie von Geschehenem und wo von bloßen Möglichkeiten handeln. Das teilt die Leserschaft, der wenig Chancen geboten werden, sich in jemanden einzufühlen, und die auch wenig moralische Stärkung erhält. Dafür bekommt, wer darauf nicht besteht, viel Stoff zum Nachdenken, im Grunde mehr, als verarbeitet werden kann. Woraus sich kein Vorwurf machen lässt, im Gegenteil.“
„Die Ein-Mann-Guerilla“: Keiner operiert wie er im Zwischenreich der Rationalität: Zum Geburtstag des Geschichtenerzählers Alexander Kluge. „Tausende Seiten hat Kluge in sechzig Jahren geschrieben. Er liefert damit die Bedingungen der Möglichkeit, und der Leser, die Leserin ist angehalten, die Skizze auszumalen, den Entwurf zum Bau zu vollenden, einfach daran weiterzuarbeiten, so wie er es seit je mit seinen Geschichten macht. Sie dürfen sich nicht zu einem Ganzen fügen und sich vor allem nicht an die Wirklichkeit verraten.“
„Von der Kunst des vertikalen Erzählens“: Kluges Kommentare auf das eigene Leben. „Gleich zwei aktuelle Kluge-Bücher tragen diese Form im Titel: Das Buch der Kommentare. Unruhiger Garten der Seele und Zirkus Kommentar. Beide sind in hohem Grade von Selbstauskünften durchsetzt. Teile einer großen Konfession, gar einer Autobiografie sind sie nicht. Wohl aber Anwendungen des Prinzips Kommentar auf das eigene Leben.“
Alexander Kluge, Das Buch der Kommentare. Unruhiger Garten der Seele (Suhrkamp Verlag)
Alexander Kluge, Zirkus Kommentar (Suhrkamp Verlag)