Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose (Bild), hat die Bedeutung auch später Prozesse wegen NS-Verbrechen unterstrichen. «Es geht um Schuldfeststellung, nicht um Rache oder darum, einen alten Mann noch ins Gefängnis zu bringen», sagte Rose am Freitag vor Beginn des 22. Verhandlungstags im Prozess gegen einen mutmaßlichen früheren KZ-Wachmann in Brandenburg/Havel. «Aber unsere Gesellschaft muss sich von solchen Tätern distanzieren.»
«Für uns ist wichtig, dass sich solche Täter verantworten müssen, die am Holocaust mit 500.000 Opfern der Sinti und Roma im nationalsozialistisch besetzten Europa beteiligt waren», sagte Rose. Solche Prozesse seien zur historischen Aufarbeitung wichtig und nach Urteilen auch dafür geeignet, Holocaust-Leugnern mit Tatsachen entgegentreten zu können.
Vor der ersten Strafkammer des Landgerichts Neuruppin ist ein 101-Jähriger aus Brandenburg/Havel angeklagt, der als SS-Wachmann in dem Konzentrationslager von 1942 bis 1945 Beihilfe zum Mord an mindestens 3518 Häftlingen geleistet haben soll. Die Staatsanwaltschaft stützt sich auf Dokumente zu einem SS-Wachmann mit dem Namen, dem Geburtsdatum und dem Geburtsort des Angeklagten. Das Verfahren wird aus organisatorischen Gründen in einer Sporthalle in Brandenburg/Havel geführt.
Im Prozess hatte auch der Historiker Stefan Hördler zahlreiche Belege zur Tätigkeit des Mannes in SS-Wachkompanien vorgelegt. Der Angeklagte bestritt dagegen bisher energisch, in dem KZ als Wachmann gearbeitet zu haben.
Hördler schilderte am Freitag, wie sich die Zustände im KZ Sachsenhausen gegen Ende 1944 zunehmend verschlechterten, nachdem es zahlreiche Transporte aus den evakuierten Konzentrationslagern im Osten wie Auschwitz gab. Daraufhin seien Tausende Häftlinge aus Sachsenhausen in «Sterbelager» wie Bergen-Belsen deportiert worden. Ab Mitte April sei auch das KZ Sachsenhausen geräumt worden, berichtete Hördler. Bei diesen von SS-Mannschaften bewachten Todesmärschen seien Tausende Häftlinge gestorben, viele seien erschossen worden.
Der Prozess soll Mitte Februar fortgesetzt werden
Dann will das Gericht die stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte Sachsenhausen, Astrid Ley, als Sachverständige befragen. Anschließend will das Gericht weitere Überlebende des Lagers als Zeugen hören. Darunter ist ein Überlebender aus dem rheinischen Moers, der vier Jahre lang in dem KZ inhaftiert war. Zudem sollen weitere Überlebende aus Frankreich und Israel gehört werden. Ein Urteil könnte Ende April gesprochen werden. Bis dahin kündigte der Vorsitzende Richter Udo Lechtermann neue Verhandlungstermine an.
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Romani Rose wurde 1946 in Heidelberg geboren. Dort war er bis 1982 selbständiger Kaufmann. Bei der Gründung des Zentralrats im Jahre 1982 wurde er von den Delegierten der Mitgliedsorganisationen – damals neun, heute 16 Landesverbände und regionale Vereine – zum Vorsitzenden gewählt und seither alle vier Jahre auf den Mitgliederversammlungen in seinem Amt bestätigt. Ab dem Jahre 1991 übernahm Rose die Geschäftsführung des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg. Er ist bei den Regierungen von Bund und Ländern und auch im Ausland seit vielen Jahren bekannt für seine Entschlossenheit und für die konsequente und unnachgiebige Arbeit.