Der Facebook-Konzern heißt jetzt Meta. Damit ändern sich Antlitz und Name. Doch das Geschäftsmodell bleibt. Schließlich ist es hochprofitabel.
Das kann sich nur ein Gründer mit einer Machtfülle wie Mark Zuckerberg erlauben. Wenn der Name ruiniert ist, verpasst man sich eben einen neuen.
Der Facebook-Konzern heißt jetzt Meta. Obwohl die abgelöste Marke laut einer jährlichen Erhebung des US-Wirtschaftsmagazins Forbes trotz aller Skandale immerhin noch 70 Milliarden US-Dollar wert ist. Das ist weltweit Rang fünf, noch vor Coca-Cola, Disney, Samsung und Louis Vuitton. Laut dem frischgebackenen Meta-Chef Zuckerberg passt Facebook nicht mehr zu seinen Ambitionen. Facebook ist jetzt nur noch eins der Angebote von Meta neben Diensten wie Instagram und WhatsApp.
„Meta kommt aus dem Griechischen, steht für darüber hinaus“, erklärte Zuckerberg am Donnerstag auf einer Entwicklerkonferenz seines Hauses. Einer der reichsten, mächtigsten und umstrittensten Männer der Welt baut sich ein neues Universum, in das über die nächsten zehn Jahre über hundert Milliarden Dollar gepumpt werden sollen. Und dessen Bestand ein Symbol im Logo der Marke symbolisiert – das Zeichen für Unendlichkeit. Oder eine Datenbrille, je nach Betrachter.
Wie sein Antlitz genau aussieht, „weiß ich auch noch nicht genau“, gibt Zuckerberg freimütig zu. Auch dass Hard- und Software noch nicht noch nicht ausgereift sind. Vieles müsse erst noch über die nächsten fünf bis zehn Jahre erfunden oder grundlegend verbessert werden. Am Donnerstag präsentierte der Meta-Chef ein Amalgam aus dem, was er schon in den vergangenen Jahren auf seinen Konferenzen zeigte. Eine virtuelle Welt mit Avataren, die sich mit Datenbrillen wie Oculus erschließt oder mittels Gedanken gesteuert wird. Ähnlich dem, was Linden Lab schon vor fast zwanzig Jahren mit „Second Life“ präsentierte, nur eben mit den heutigen technischen Möglichkeiten.
Die Facebook-Seite oder das Instagram-Profil wandelt sich zu einer „digitalen Präsenz“, einer Art Computerspiel des Lebens. Nicht nur in der Freizeit, sondern auch am Arbeitsplatz. Neu ist nur, dass Zuckerberg die Zukunft seines Unternehmens darauf wettet. Facebook spielt nach Willen seines Schöpfers nur noch die zweite Geige.
Das ist ein Ablenkungsmanöver. Denn das Fundament für Meta sind die über zwei Milliarden Facebook-Nutzer, für die das Angebot nun erweitert wird – und zugleich so miteinander verschmolzen, dass Regulierer es noch schwerer haben werden, die Bestandteile aufzutrennen.
Sollten trotzdem die Alarmglocken bei Facebooks Aktionären schrillen? Hat Zuckerberg mit seinen 37 Jahren bereits eine vorgezogene Midlife-Crisis? Nein, denn seine Mission, so machte er in seiner Präsentation klar, hat sich nicht verändert. Sie lautet immer noch: Menschen verbinden. Nur dass diese von der zweiten in die dritte Dimension wandern soll.
Im Grunde hat sich die Schlacht ums kommerzielle Internet seit den neunziger Jahren nicht verändert, egal ob die Protagonisten AOL, Netscape, Microsoft oder Google hießen. Es geht um den Krieg der Augäpfel. Darum, die Aufmerksamkeit möglichst vieler Menschen auf sich zu ziehen. Und mit ihr – vorzugsweise in Form von Werbung, um das Publikum nicht zu begrenzen – Profite zu scheffeln.
Facebook ändert Namen und Antlitz. Das Geschäftsmodell aber bleibt. Zuckerberg kauft nicht mehr wie früher bei Instagram oder WhatsApp zu, sondern baut mit den Milliarden etwas Eigenes. Mit dem Risiko, dass es floppt.
Trotz aller Kritik und Enthüllungen geht es Facebook finanziell so gut wie nie. Das Zuckerberg-Imperium stellt jedes Quartal einen neuen Rekordumsatz auf. Seine Nutzerzahl mag im Heimatmarkt stagnieren, dafür wächst sie im Rest der Welt. Die Profitmargen liegen immer noch über denen von Apple, dem wertvollsten Unternehmen der Welt.
Die Namensänderung ist geschickt. Die Historie mit all ihren Skandalen kann Zuckerberg nicht abstreifen. Das weiß er auch. Noch mehr als über das schlechte Image muss er sich über zwei Dinge Sorgen machen. Einmal, ob sein Konzern genügend Nachwuchs in Form von jungen Nutzern finden kann. Und ob sein Konzern weiterhin Talente rekrutieren kann.
Mit dem Versprechen, Milliarden in das Erschaffen einer künstlichen Welt zu investieren, die der Nachfolger des Internets sein könnte, kann er sowohl Software als auch Hardwareentwickler hinter sich scharen. Und mit dem Metaverse junge Leute begeistern.
Gefährlich werden können ihm bei seinen Plänen nur noch Politiker. Zuckerberg, assistiert von seinem Oberlobbyisten Nick Clegg, ehemaliger britischer Vizepremier, weiß, wie man Politiker am besten ruhigstellt.
Kampfansage an Apple
Es war kein Zufall, dass er noch vor der Premiere seines Metaversums verbreiten ließ, dass dessen Konstruktion allein in Europa mindestens zehntausend neue Arbeitsplätze schaffen soll. Und auch Umweltschutz nutzt Zuckerberg gern als Imageträger: Die virtuellen Reisen im Metaverse machten viele Flugreisen unnötig.
Bei Alexandria Ocasio-Cortez ist Zuckerberg trotzdem an der falschen Adresse. Die demokratische Kongressabgeordnete und ein Star der Demokraten – kurz AOC – hält Meta für ein „Krebsgeschwür, dass eine globale Überwachungs- und Propaganda-Maschine darstellt“.
Gleichzeitig ist Meta auch eine Kampfansage an Apple. Mehrfach kritisierte Zuckerberg in seiner Präsentation geschlossene Systeme und „hohe Steuern“ für Entwickler. Damit war Apple gemeint. Zumal Zuckerberg betonte, dass man auch die Hardware für Meta, so wie heute das Videosystem-Portal subventionieren werde. Zwar werde man neue Geschäftsmodelle wie etwa das Verkaufen von digitalen Objekten erschließen. Doch der Zugang soll wie heute bei Facebook, Instagram und WhatsApp gratis für die Nutzer bleiben, finanziert durch das Verkaufen von deren Aufmerksamkeit via Werbung.
Smartphones, wichtigste Umsatzquelle für Apple, sind für Zuckerberg wie auch für seinen künftigen Technologie-Chef Andrew Bosworth Technik von gestern, ein Relikt aus der „zweidimensionalen Welt“. Die Umsätze mit mobiler Werbung nimmt Zuckerberg natürlich weiterhin gern mit, auch wenn ihr Wachstum durch Tracking-Kontrollen wie bei Apple zunehmend bedroht ist.
Wettbewerb um kreative Köpfe verschärft sich
Apple macht seine Umsätze derzeit vorrangig mit Hardware. Obwohl Apples Dienstleistungssparte am schnellsten wächst, wird sich das so schnell nicht ändern. Apples Einfallstor sind seine Geräte. Fürs nächste Jahr wird erwartet, dass Apple-Chef Tim Cook mit einer eigenen Datenbrille aufwartet. Um sie attraktiv zu machen, muss der Konzern stärker in sinnvolle Angebote dafür investieren oder zumindest zum Start mehr in Richtung erweiterte Realität gehen, wo die nötigen Informationen aus dem traditionellen Internet geliefert werden.
Zwar machte Zuckerberg klar, dass Meta keine geschlossene Welt sein werde. Doch das Ökosystem wird von ihm kontrolliert. Und das ist weder im Interesse von Apple noch von Google oder Amazon. Der Wettbewerb um kreative Talente sowohl bei Inhalten, Dienstleistungen und Hardware wird sich also verschärfen.