Die neue Kampagnen-Organisation „TheRepublic“ versteht sich als „außerparlamentarische Stimme von CDU und CSU“ – Friedrich Merz (Bild) gehört zu den Unterstützern . Die Macher warnen vor einem Linksruck in Deutschland und wollen eine mediale Gegenöffentlichkeit bieten. Dabei scheuen sie nicht vor populistischen Forderungen zurück.
Menschen, die für die Enteignung von Immobilienkonzernen auf die Straße gehen, die Besetzung des Dannenröder Forstes, Ausschreitungen auf Demonstrationen der linken Szene. Dazwischen immer wieder Zitate von Politikern von SPD, Grünen und Linken, in denen die gezeigten Bilder vermeintlich legitimiert werden. In schnellen Schnitten und untermalt mit dramatischer Musik wird selbst die Kölner Silvesternacht aus dem Jahr 2015 aufgegriffen.
Die Aussage des Trailers der neuen WebsiteTheRepublic“ ist unmissverständlich: Deutschland steht vor einem gefährlichen Linksruck. „Wir haben es in der Hand“, heißt es am Ende des rund zweiminütigen Clips, der am Donnerstag auf Youtube veröffentlicht wurde. In einer Erklärung heißt es dazu: „TheRepublic“ verstehe sich „auch als außerparlamentarische Stimme von CDU und CSU.“ Aber was genau hat es damit auf sich?

Bei der Gründung von „TheRepublic“ sind mehrere Politiker von CDU und CSU involviert. Ihr erklärtes Ziel ist es, einem angeblichen „medialen Linksdrift etwas entgegenzusetzen“. Die Macher sehen ein „wirtschafts- und bürgerfeindliches Klima“ im Lande und wollen denen eine Stimme geben, „die Deutschland am Laufen halten“. Das Projekt erfahre breite Unterstützung aus der Union, so heißt es. „Durch eigene Plattformen und Kanäle, den Aufbau eigener Influencer als Multiplikatoren sowie das Produzieren pointierter Inhalte und Kampagnen helfen wir dem bürgerlichen Lager aus der kommunikativen Defensive“, steht in einem Text zur Gründung.

Bereits bei einer Auftaktveranstaltung Ende August mit an Bord ist ein bekanntes Gesicht: Friedrich Merz. Er habe die Entwicklung des Projekts mit Interesse verfolgt und wünsche den Initiatoren viel Erfolg. Auch der Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß gibt sich zuversichtlich: „Das bürgerliche Lager muss raus aus der Defensive.“ Die Mittelstandsvereinigung der CDU und Fraktionsvize Carsten Linnemann gehören ebenso zu den Unterstützern des Projekts.

Kein Unbekannter

Verantwortlich für „TheRepublic“ zeichnet der ehemalige CSU-Funktionär Armin Petschner-Multari. Bekannt wurde er als Moderator einer auf Jugendliche zugeschnittenen Youtube-Show der CSU. Das im Jahr 2019 an den Start gegangene und inzwischen eingestellte Format „CSYOU“ erntete viel Spott und Kritik. Bereits damals war der drohende Linksdrift ein Thema.

Nun also „TheRepublic“. Das Projekt startet laut „Bild“-Zeitung mit einem Budget von 500.000 Euro. Die Kampagne beschränkt sich nicht nur auf einen Youtube-Auftritt. Pikant: Der dazugehörige Twitter-Kanal hieß vorher offenbar Amthor-Memes. Die Tweets aus dieser Zeit wurden gelöscht, die Follower mit dem Namenswechsel übernommen. Einen Hinweis darauf gibt es nicht. Vor allem aber wartet „TheRepublic“ mit einer eigenen Website auf, auf der bereits eine Vielzahl an Artikeln abrufbar sind. Nüchterne Berichte wechseln sich dort mit Beiträgen ab, in denen die Nähe zur Union mehr oder weniger offen erkennbar ist.

Drei Kampagnen – gegen links?

Deutlich wird das Anliegen von „TheRepublic“ in der Ankündigung von drei Kampagnen. Eine ist der Kampf gegen gendergerechte Sprache. „Revolutionäre Gender-Aktivisten“ kämpften offen gegen „traditionelle Geschlechtertrollen und das klassische Familienbild“, heißt es da. Ein weiterer Punkt auf der Agenda ist die Reformierung des Rundfunks. „TheRepublic“ unterstellt den öffentlich-rechtlichen Anstalten einen „moralisierenden Haltungsjournalismus“ und fordert einen radikalen Umbau.

Am deutlichsten jedoch wird „The Republic“ in seiner Darstellung von angeblich „radikalen Krawallmachern“. In Deutschland gebe es ein undurchsichtiges Netzwerk von Aktivisten, die staatlich gefördert würden. „Unter dem Deckmantel von Anti-Rassismus, Umweltschutz und politischer Bildungsarbeit werden große Umerziehungskampagnen organisiert – zum Schaden unseres Landes“, wird dort behauptet.

Namentlich solle man neben Greenpeace auch Anetta Kahane den „Geldhahn zudrehen“. Kahane ist Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, eine gemeinnützige Organisation, die sich gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus engagiert, Initiativen fördert und Öffentlichkeitsarbeit leistet. Kahane ist immer wieder Ziel von rechtsextremen Angriffen und antisemitischen Anfeindungen.

Harsche Kritik

Im Netz kommt es zu reichlich Kritik an „TheRepublic“. Die Amadeu-Antonio-Stiftung reagiert auf Twitter und spricht von einer „demokratieschädigenden Rhetorik“ der Website. Die Kampagne bediene „dieselben Narrative, die Pegida, AfD und Querdenken in den letzten Jahren geformt haben“. Ziel sei es, die „engagierte Zivilgesellschaft zu diffamieren.“

Für den Linken-Abgeordneten Jan Korte zielt „TheRepublic“ ebenfalls darauf ab, rechtspopulistischen Themen einen Raum zu geben. „Wer sich fragt, wie nah die Union an die AfD heranrücken möchte, muss nur ‚TheRepublic‘ im Blick behalten“, teilt er mit. Kolumnist Hendrik Wieduwilt spricht bei ntv von einer „geistigen Nulllinie von Deutschlands Konservativen“. Statt auf Inhalte zu setzen, komme „TheRepublic“ nicht über „reaktionären Glibber“ hinaus.

Auch innerhalb der Union regt sich Widerstand. So distanzierte sich Digitalisierungsbeauftragte Dorothee Bär von dem Projekt, nach dem Gerüchte aufkamen, sie gehöre zu den Gründungsmitgliedern. Deutliche Worte findet der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer. „Was sich dem Linksdrift entgegenstellt, das sind CDU und CSU, aber keine kommerzielle Kampagnenagentur“, schreibt er auf Twitter. Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke kritisiert die Plattform als „befremdlich“. Stimmungsmache könne nicht die Antwort auf reale Probleme sein, twittert er.

Okt. 2021 | In Arbeit | Kommentieren