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Gerade schließt sich eine Tür für Deutschland. Konkreter müsste man sagen: Olaf Scholz schließt eine Tür. Nicht ganz, aber doch so weit, dass eigentlich niemand mehr durchkommt. |
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Denn die Chance auf ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken nach der Wahl ist so gut wie dahin. Gestorben schon vor dem 26. September. Das ist eine schlechte Nachricht – selbst für all jene Wähler, die bei keinem von den potenziellen Partnern ihr Kreuzchen setzen werden. |
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16 Jahre lang hat die Union mit Angela Merkel an der Spitze regiert, zwölf davon mit der SPD an ihrer Seite. Die Arbeitsteilung lautete: Die Sozialdemokraten liefern die Inhalte, CDU und CSU gewinnen die Wahlen. |
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Was CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet gerade immer wieder vorgeworfen wird, gilt dabei eigentlich für das ganze Land: Die Bundesrepublik ist in dieser Zeit fast durchgehend im Schlafwagen gefahren. Bitte keine Experimente, nur keine allzu großen Veränderungen – diesen Auftrag konnte Angela Merkel aus den Wahlergebnissen ziehen. Und diesem Auftrag folgte sie. |
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Wenn man so will, hat Merkel die Deutschen die ganze Zeit dösen lassen. Natürlich gab es Krisen, und das nicht zu knapp. Aber Merkel hat dann immer vermittelt: Kein Grund zur Sorge, ich kümmere mich. |
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Wie viel dann doch liegen geblieben ist, hat nicht nur, aber eben auch die Corona-Krise offengelegt. Um nur einige von vielen Missständen zu nennen: Viele systemrelevante Berufe werden schlecht bezahlt – von der Kassiererin über den Lkw-Fahrer bis zu den Pflegekräften. Zu viele Stellen in den Gesundheitsämtern sind nicht besetzt, Schulen schlecht ausgestattet, Behörden nicht ansatzweise digital für die Zukunft gerüstet. Es mangelt an transparenten Vergabeverfahren ebenso wie an bezahlbarem Wohnraum für Familien und schlecht Verdienende. Die Liste ließe sich beliebig erweitern. |
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Kassiererin in einem Supermarkt: hohe Infektionsgefahr und Belastung, niedriges Gehalt und kaum Sicherheit. |
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Ein rot-rot-grünes Bündnis würde viele dieser Punkte adressieren. Schon allein deshalb, weil es sich um Themen handelt, die diese Parteien wirklich umtreiben. |
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Einen höheren Mindestlohn etwa fordert die Linke genauso wie Grüne und SPD. Auch wenn es um Stopper für Mietpreise geht, sind die Vorschläge ähnlich. Alle drei nehmen auch den Bildungssektor, die Absicherung von Kindern und den Klimaschutz in den Fokus. Und sie wollen vor allem Entlastungen für die Bezieher geringer und mittlerer Einkommen. |
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Wie „unter einem Brennglas“ zeige Corona die Missstände in der Gesellschaft – das war eine der beliebtesten Floskeln in der Jahrhundertkrise. Man müsse radikal neu denken nach der Pandemie, das war die Ansage aus allen Ecken des politischen Spektrums. |
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Doch nun, wo das Schlimmste der Krise vorerst vorbei zu sein scheint, steht fest: Das radikale Neudenken ist krachend gescheitert. Was die Sache für die linken Parteien besonders bitter macht: Es liegt vor allem an ihnen selbst. |
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Die Spitzenkandidaten der Linkspartei, Janine Wissler und Dietmar Barsch: Acht Seiten „Sofortprogramm“ für eine Regierungsbeteiligung stellten sie am Montag vor. (Quelle: Wolfgang Kumm/dpa) |
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Da ist etwa die Linke, der Ideologie doch wichtiger ist. Sie schwadroniert unter anderem über die Abschaffung der Nato, aber wehrt sich gegen einen Realitätscheck. Mit so wenig Pragmatismus kann man die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt nicht regieren. Da hilft es auch wenig, wenn sich die Partei wie am Montag mit einem „Sofortprogramm“ für eine Regierung mit SPD und Grünen bewirbt. Denn klar wurde bei aller Symbolik in den letzten Tagen auch: Von manchen unrealistischen Vorstellungen wie der Forderung nach einem Aus für Auslandseinsätze der Bundeswehr wird sie sich am Ende mit großer Sicherheit nicht trennen. |
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So macht die Linke es Olaf Scholz leicht, das rot-rot-grüne Projekt zu begraben, bevor es überhaupt Koalitionsverhandlungen geben kann. Dass der Mann, der in der SPD als Konservativer gilt, keine Koalition mit der Linkspartei will, ist in Berlin längst kein offenes Geheimnis mehr. Zuerst verlangte Scholz ein Nato-Bekenntnis von der Linken – und schob dann noch weitere Forderungen und einige Kritik hinterher. |
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In einem Instagram-Video signalisierte der Kanzlerkandidat nun sogar: Eher als mit den Linken in eine Regierung würde er wieder in eine große Koalition gehen. Ganz so, als würde das Motto für die Zeit nach der Wahl schon jetzt lauten: alter Stillstand mit neuen Köpfen. |
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