Warum erstrahlte München nicht bei allen Spielen in bunten Farben?
Womit man beim Hauptproblem des ganzen Unterfangens aus Sicht der Gutmeinenden angekommen wäre. Im Antrag der Stadt München an die Uefa ist zwar richtigerweise von einem „Zeichen im Sinne der Weltoffenheit und Toleranz“ die Rede. Schön und gut, aber: Wieso setzte man dieses Zeichen der Toleranz im „Pride Month“ Juni nicht konsequent bei allen drei Vorrundenspielen der Deutschen?
Oberbürgermeister Dieter Reiter versuchte gar nicht zu verschleiern, worum es den Antragstellern auch – oder primär? – ging. Das Augenmerk habe den Einschränkungen gegolten, „die in Ungarn zu Lasten der Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender (LGBTIQ) gegeben sind“. Mit dieser Politisierung spielte die Stadt München der Uefa (gewollt?) die Vorlage für das Verbot zu. Wie es auch geht, macht Manuel Neuer vor, der – sich auf den Pride Month berufend – die regenbogenfarbene Kapitänsbinde seit vier Spielen trägt und damit auch ein Zeichen setzt.
Grundsätzlich sollten einem diese „Zeichen der Toleranz“ nicht erst in den Sinn kommen, wenn in autoritären Staaten Gesetze verabschiedet werden. Das Eintreten gegen Diskriminierung, Rassismus und LGBTIQ-Feindlichkeit sollte immer unterstützt und nicht termingebunden instrumentalisiert werden – also nur dann, wenn es politisch opportun erscheint und wenig Risiko birgt.
Es ist ja nicht so, dass man hierzulande schon besonders weit wäre. Am Montag wurde bekannt, dass sich Carl Nassib als erster aktiver Spieler der amerikanischen Profi-Footballliga NFL als schwul geoutet hat. Auf den ersten aktiven Bundesligaspieler, der ohne Angst zu seiner sexuellen Orientierung steht, wartet Deutschland bis heute.
Aber, heute, am 23. Juni (heute abend spielt Deutschland gegen Ungarn)
gibt sich die Uefa (reumütig?) zerknirscht und verpasst sich einen
Regenbogenanstrich mit folgender – Goodbye Logik – schräger Begründung:
Nach dem Regenbogen-Verbot für das Münchener EM-Stadion kapert die Uefa für ihr Logo nun selbst die Regenbogenflagge – inklusive absurder Begründung. Das Symbol verkörpere die Werte des Verbandes und stehe für alles, an das er glaube, schreibt die Uefa auf Twitter. Es sei jedoch nicht politisch, sondern zeige das Engagement für eine diversere und inklusivere Gesellschaft. Der Wunsch die Allianz-Arena in Regenbogenfarben zu erhellen sei hingegen politisch gewesen, die Uefa-Entscheidung gegen die Beleuchtung dagegen nicht. Die „FAZ“ wertet das neue Statement als „Entgegenkommen“ auf die „zahlreichen Kritiker“, „Bild“ dagegen schreibt von „Regenbogen-Heuchelei“. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban wird die Sache indes zu (sic) bunt, er sagt seinen Besuch beim EM-Spiel in München ab.
Einige ungarische Vereine kündigen mittlerweile an, ihre Stadien während der EM-Partie in den Nationalfarben zu beleuchten. Ihr Management ist mit Orbans Fidesz-Partei verbunden. Ungarns Regierung hatte zuletzt ein Gesetz verabschiedet, das „Werbung“ für für Homo- und Transsexualität untersagt.