Doch geht er wirklich als echt durch? ZEIT ONLINE hat es ausprobiert.

Gefälschter Corona-Impfpass: "Wie viele brauchen Sie?", fragt uns der Fälscher.
„Wie viele brauchen Sie?“, fragt uns der Fälscher. © Andreas Prost für ZEIT ONLINE

Der Brief, der verspricht, die Freiheit zurückzubringen, trägt keinen Absender. Ein weißes Kuvert liegt im Briefkasten, darin die derzeit wohl heißeste Fälscherware: Ein Impfpass, der seiner neuen Besitzerin bescheinigen soll, gegen Covid-19 immunisiert zu sein.

Tagelang konnten wir seine Spur per Trackingnummer nachvollziehen, von Dortmund nach Berlin, nun liegt er im Briefkasten. Der anonyme Fälscher hat Chargenaufkleber und Stempel eines Berliner Impfzentrums in den gelben Pass eingefügt. Er sieht offiziell aus. Aber ist er wirklich nicht vom Original zu unterscheiden? Wir werden es später testen.

Seit knapp einer Woche haben Menschen, die vollständig gegen Covid-19 geimpft sind, in Deutschland wieder Freiheiten, auf die andere noch lange werden verzichten müssen: Sie können ohne Test zum Einkaufen, ins Museum oder zum Friseur. Und sie haben sogar Freiheiten, die sich nicht durch Tests erreichen lassen: Für Geimpfte und Genesene gelten weder Kontaktbeschränkungen noch Ausgangssperren oder Quarantäne. Ein geselliger Abend mit Freundinnen zu Hause, oder ein Bier in großer Runde im Park? Für vollständig Geimpfte sind Dinge möglich, die nach über einem einem Jahr Pandemie geradezu unwirklich erscheinen. Sogar Urlaub in Griechenland oder auf den Bahamas, ganz ohne Test.

Das lässt manche Menschen nach Schlupflöchern suchen: Weil sie sich nicht impfen lassen möchten, aus Angst oder politischen Gründen. Oder noch nicht dran sind, aber schlicht keine Lust darauf haben, zu verzichten. Und es ruft Kriminelle auf den Plan, die daran verdienen wollen. Und das tun sie nicht schlecht, zeigen Recherchen von ZEIT ONLINE.

Der Telegram-Nutzer, bei dem wir unseren gefälschten Pass bestellen, hat sich nach einem Freiheitskämpfer aus einem Comic benannt. Sein Angebot: ein „Original Impfpass“ inklusive zwei BioNTech-Chargenaufklebern und zwei Stempeln eines Impfzentrums. Der kostet bei ihm 120 Euro. Wer mehr bestellt, bekommt Rabatt, fünf Impfpässe gibt es für 500 Euro.

Er kommt offensichtlich mit den Bestellungen kaum hinterher. „Bitte bedenkt, dass ich jeden Tag mehrere 100 Nachrichten erhalte, alle Bestellungen von letzter Woche bis Sonntag gehen morgen in den Versand“, schreibt er am späten Montagabend. 800 bis 1.000 Leute lesen seine Posts, zeigt Telegram neben jedem Eintrag an. Selbst wenn nur die Hälfte davon, also 500 Menschen, bisher einen Impfpass bestellt hat, hätte er damit bis zu 60.000 Euro verdient. Und jeden Tag werden es mehr.

Kanäle wie diese finden sich Dutzende. Sie heißen Impfpass günstig oder Impfnachweis Digital und Papier Corona oder einfach Impfausweis kaufen. Bezahlt werden soll per Bitcoin oder via Crypto-Voucher, eine Art Gutschein für Bitcoin, der sich online bestellen lässt. Einige Verkäufer akzeptieren auch Einkaufsgutscheine großer Versand- und Technikkonzerne.

Sie nutzen aus, dass ein Impfpass kein fälschungssicheres Dokument ist – bis vor Kurzem war das einfach nicht nötig. Deshalb gibt es Blanko-Pässe frei zu kaufen und die entsprechenden Chargenaufkleber werden nachgemacht (anfangs stellte BioNTech die Anleitung zum Druck für die Arztpraxen offen ins Netz), Stempel mit Arzt- oder Impfzentrumsadressen einfach bei Stempelherstellern bestellt.

Kommentare

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Griechenland verlangt noch ein Attest in englischer Sprache,dass die Imo3fung bestätigt.Der Impfpass allein reicht nicht aus.

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Ein durch die Politik und den medialen Bahö hausgemachtes Problem. Genau das war einer der Gründe der Privilegiendiskussion skeptisch gegenüber zu stehen. Ungeimpfte werden nun zusätzlichen Risiken ausgesetzt, die sie nicht einmal umgehen können. Aber das Recht auf Unversehrtheit zählt nichts mehr, wenn Politiker und durchgeimpfte Verfassungsrichter die Freiheit entdecken. Kein prominenter Entscheidungsträger hat auf diese absehbare Entwicklung deutlich hingewiesen und entsprechende Bedenken wurden als Neid denunziert. Das wird bei der Wahl Folgen haben.

Ich verstehe nicht, warum Passfälscher und deren Nutzer und Leute, die gegen die Corona Regeln verstoßen so lasch bestraft werden.
Nach meiner Logik ist das mindestens fahrlässige versuchte Körperverletzung, wenn nicht sogar fahrlässiger Totschlag.

Mindestens!
Sie schaukeln hier die Stimmung hoch, bis sich einer berufen fühlt, solch einen Maskenverweigerer selbst zu bestrafen!

Damit dürfte es noch eine Frage der Zeit sein, bis der gelbe Lappen seine Gültigkeit verliert und durch etwas anderes ersetzt wird.

Impfpässe sind ein Leben lang gültig, auch die roten aus der DDR und die weißen aus den „alten Ländern“. Aber mag sein, dass der Nachweis in Zukunft anders erfolgen muss. Aber die Gültigkeit verliert er bestimmt nicht.

Mai 2021 | In Arbeit | Kommentieren

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