Ein Irisscan ist „noch sicherer, als ein Gesichtsscan“

Für die Teilnahme an einem „Minispiel“ bekamen Freiwillige einen Gutschein über 5 US-Dollar. Dass es sich dabei um einen Gesichtsscan im Auftrag von Google handelte, wurde ihnen verheimlicht. Mit den Scans soll eine neue Funktion für das Pixel 4 realisiert werden. Googles neues Smartphone sollte sich auch mit dem Gesicht des Nutzers entsperren lassen – damit das funktioniert, hat Google eine Firma beauftragt, um in einem „Feldversuch“ eine Datenbank mit 3D-Gesichtsscans aufzubauen. Die Firma soll dabei mit unlauteren Methoden gearbeitet haben, das berichtet The New York Daily News. In Reaktion auf die Berichterstattung hat Google den umstrittenen Feldversuch beendet.

Nach Obdachlosen und Studenten sollten sie suchen und vor allem solchen „Spielern“ mit dunkler Hautfarbe, berichten mehrere Mitarbeiter der Firma Randstad, die als Zeitarbeiter für den umstrittenen Feldversuch von Google eingesetzt wurden. Deren Gesicht sollte für eine möglichst diverse Gesichtsdatenbank gescannt werden – dabei war den freiwilligen Teilnehmern oft überhaupt nicht klar, dass ein 3D-Scan ihres Gesichts durchgeführt wurde. Am Ende – immerhin – erhielten die Versuchsteilnehmer einen Gutschein über 5 US-Dollar.

Dezidiert sollte vertuscht werden

Den Randstad-Mitarbeitern wurde erklärt, dass sie die Tatsache, dass das Gesicht gescannt wird, vertuschen sollen. Ihnen wurde explizit erklärt, dass sie lügen sollten, um die Anzahl der gescannten Gesichter zu erhöhen. So sollten sie den Gesichtsscan beispielsweise als ein Minispiel oder „Selfie-Spiel“ wie bei Snapchat präsentieren. Dabei sollten sie Sätze wie „Spielen Sie einfach mit dem Telefon für ein paar Minuten und besorgen Sie sich einen Gutschein“ oder „Wir haben eine neue App, probieren Sie sie aus und holen Sie sich 5 US-Dollar“ sagen. Dabei wurden die Zeitarbeiter von Randstad-Mitarbeitern angehalten, den Umstand, dass das Gesicht der Nutzer aufgenommen wird, zu verheimlichen. Auch auf Nachfrage sollten sie verneinen, dass Bilder oder Videos aufgenommen wurden.
Vielmehr sollten sie die Versuchspersonen überfordern, indem sie sie mit Informationen überschütteten und sie dazu animierten, schnell auf Buttons zu klicken oder nach links oder rechts zu schauen. Ein Ziel sei gewesen, die Versuchsteilnehmer vom Lesen der Einverständniserklärung abzuhalten, berichtet ein Mitarbeiter.
Die Vereinbarung räumt Google ein umfangreiches, weltweites Nutzungsrecht des Gesichtsscans ein: Eine Begrenzung, wie lange die Daten von Google aufbewahrt werden dürfen, gab es nicht. Sie würden so lange wie notwendig aufbewahrt, was voraussichtlich fünf Jahre betragen würde, heißt es in der Erklärung. Die Erklärung erlaubt zudem, „nichtpersonenbezogene identifizierende oder gesammelte Daten ohne Einschränkung für irgendeinen Zweck zu speichern, zu verwenden oder weiterzugeben“ und dass die Daten „außerhalb des Landes“ verarbeitet werden könnten, einschließlich von Orten, „an denen Sie möglicherweise weniger Rechte haben“, berichtet The New York Daily News.

Von einem Gesichtsscan war nicht die Rede

„Wir mussten einem Punkt mit der Nase folgen“, erklärte eine 18-jährige Studentin, die an dem Versuch teilgenommen hatte. Manche Studenten wurden gefragt, ob sie an einer Umfrage teilnehmen oder ein Android-Telefon testen wollten. Von einem Gesichtsscan sei nicht die Rede gewesen.
Ein Google-Sprecher teilte mit, dass das Unternehmen durch „Feldforschung“ Daten sammele, um seine Gesichtserkennungsfunktion „mit robuster Sicherheit und Leistung“ aufzubauen. „Unser Ziel in diesem Fall war es, sicherzustellen, dass wir eine faire und sichere Funktion haben, die über verschiedene Hauttöne und Gesichtsformen hinweg funktioniert“, erklärte Google der New York Times. Google-Manager sollen auch regelmäßig bei Telefonkonferenzen bei Randstad und damit an vielen Aspekten der Datenerhebung und -überprüfung beteiligt gewesen sein, einschließlich des Mandats, „dunklere Hauttöne“ zu verfolgen, sagte ein ehemaliger Mitarbeiter.

Apr. 2021 | Allgemein, Gesundheit, In vino veritas, Junge Rundschau, Politik, Sapere aude, Zeitgeschehen | Kommentieren