Lahme Impfungen, überforderte Bürokratie, mangelnde Digitalisierung – Deutschland kasteit sich gerade wieder einmal selbst. Das droht vom Kern abzulenken: Der Staat muss mit viel Geld aufgepeppt werden – Ein Fürst wird koommen – der hat „ne Dose gegen „Cholera“ und natürlich gegen: Corona.
Naja, aber als zumindest so tragisch könnte sich allerdings auch erweisen, wie sachte Kritik an alledem in diesen Tagen in so eine deutsche Lust am eigenen Unvermögen umzuschlagen droht – eine diffuse Selbstkasteiung und Pauschalkritik an dem, was die Deutschen so sind und machen. Dass sich jetzt zeige, wie schlecht unsere (zuvor immer vorgeblich vorbildliche) Verwaltung dastehe, ach, wie satt und unbeweglich und rückschrittlich wir sind. Als Land „eingeschlafen“, wie unser Volksphilosoph Uli Wickert gerade befand. Kürzlich noch Lehrmeister von Griechen und Italienern, jetzt Sanierungsfall. Was wir beides im Wechsel mit viel Romantik zu zelebrieren fähig sind wie wahrscheinlich kein anderes Volk.
Dabei birgt so viel Untergangsfreude gerade jetzt eher Ungemach. Weil sie die konstruktive Suche nach Besserung in ein diffuses Lamento abgleiten lässt – und im Zweifel zu noch mehr tumbem Verdruss und ebenso diffusem Politaktivismus führt. Dabei sind die Probleme eingrenzbar. Und drehen sich vor allem darum, für einen moderneren Staat zu sorgen. Kein Grund, deshalb gleich einen gefährlichen Totalabgesang anzustimmen.
Derlei Selbstkasteiung klingt schon deshalb ein wenig mehr als ein bisschen grotesk, weil es gerade ein paar Wochen her ist, dass noch als Beleg für deutsche Innovationskraft gefeiert wurde, wie hiesige Forscher den weltweit ersten Impfstoff entwickelt haben. Und wir vor ein paar Monaten noch international als Beispiel für gutes Eindämmen der Pandemie galten. Während Italiener, Franzosen, Belgier, Briten, Amerikaner und Spanier völlig überfordert schienen. Bei uns sind bis dato weniger Menschen gestorben. Und die Krankenhäuser scheinen trotz aller Kürzungen besser ausgestattet als die in Italien oder Spanien. Und, an alledem hat sich ja nun wirklich nichts geändert.
Der deutsche Erfolg ließ die Bereitschaft erschlaffen
Was dann? Wenn Politiker wie Bürger mit der zweiten und dritten Welle plötzlich so überfordert scheinen, liegt das – nicht allein, aber auch – an der tückisch menschlichen Eigenlogik so einer Pandemie: Deutschland ist ja nicht das erste und einzige Land, wo es zuerst gut lief – und das dann von umso heftigeren Folgewellen erfasst wurde. Nicht weil die Politiker urplötzlich verblödet wären (die sind nicht blöder als zuvor) oder abrupt Verfall einsetzt – sondern weil Menschen dazu neigen, ihr Verhalten nach dem zu richten, was sie unmittelbar erleben. Da wirken in einer Pandemie Ersterfolge eben tückisch: Dann ist die Bereitschaft schwerer aufrechtzuerhalten, sich an Kontaktbeschränkungen zu halten und Politiker zu radikalen Maßnahmen zu bewegen – oder auf schlimmere Zeiten einzustellen. Das machte es dem Virus in zweiter Runde fatal einfacher. Und, gerade steuern wir die Dritte Welle an …
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