Nach 20 Jahren in der Heidelberger Altstadt sieht sich eine Wohngemeinschaft von Studenten und jungen Berufstätigen mit einer Räumungsklage vor Gericht konfrontiert. Damit (alsbald nachdem ein Heidelberger Rechtsanwalt das Haus geerbt hat) erreicht der etwa dreijährige Konflikt mit dem so zum Vermieter gewordenen RA einen Höhepunkt.
Ausgangspunkt des Streits seien Verhandlungen über eine Mieterhöhung vor einem Hauptmieterwechsel gewesen, der laut dem Mieterverein Heidelberg nicht rechtmäßig gewesen sei. Die Liste der Vorwürfe die laut Vermieter die Kündigung rechtfertigen würde, ist lang: von illegaler Untervermietung bis hin zum gewerblichen Betreiben eines Air B’nBs. „Die Tatsache das der Kläger insgesamt elf Verfahren eröffnet hat, verdeutlicht, dass das Ziel keine einvernehmliche Lösung ist, sondern dass die Wohngemeinschaft Platz für hohe Mieten machen soll“, erklärt Raoul Fessler vom Heidelberger Wohnraumbündnis, der das Geschehen lange mitverfolgte und nun zu dem Entschluss gekommen ist, dass die Öffentlichkeit informiert werden müsse.
Allein der Streitwert des aktuellen Gerichtsverfahrens beläuft sich auf über 10.000 Euro, ein großer Schock für die Betroffenen: „Wenn der Vermieter mit seiner Klage erfolgreich ist, landet unsere WG auf der Straße. Das sind bedrohliche Aussichten – gerade in Zeiten der Pandemie: die Wohnungssuche ist schwer und alle haben schon genügend Herausforderungen im Beruf oder durch die schwierigen Studienbedingungen“, fasst Charlotte Lachauer, eine Bewohnerin des Hauses und Mitangeklagte, die möglichen Konsequenzen zusammen.
Für das Wohnraumbündnis Heidelberg steht der Fall sinnbildlich für die dramatischen Veränderungen auf dem Heidelberger Wohnungsmarkt und die zahnlosen gesetzlichen Rahmenbedingungen unter welchen diese stattfinden. „Die Heidelberger Altstadt hat bis heute das Image des studentischen Lebens. Doch immer mehr Wohngemeinschaften verschwinden aus dem Stadtteil. Ein Zimmer kostet heutzutage gut und gerne 450€ – kalt. Das können sich schon lange nicht mehr alle leisten. Die Behörden und die Politik schauen dabei tatenlos zu. Die Vermietenden sitzen am längeren Hebel, denn die Mietpreisbremse findet kaum Anwendung und wird ja auch nicht effektiv kontrolliert“, meint Raoul Fessler.
Der Ausgang des Gerichtsverfahrens ist nicht absehbar. Prozessbeginn ist am Dienstag 19. Januar um 10 Uhr am Heidelberger Amtsgericht – wir werden berichten.