[1]Welches sind die Boom-Städte und wo droht der größte Einwohner-Schwund? Nur manche deutsche Metropolen können einer neuen Studie zufolge in den kommenden Jahren noch mit einer stark wachsenden Zahl von Einwohnern rechnen. Laut einer Analyse des Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung wird unter den größten Städten Berlin bis zum Jahr 2035 am stärksten wachsen. Für die Hauptstadt erwarten die Regionalforscher, dass die Bevölkerung um 6,6 Prozent zunimmt. Knapp dahinter liegt in der Prognose Frankfurt mit 6,2 Prozent.
Auch Köln (plus 4,8 Prozent) und Hamburg (4,7 Prozent) können der Analyse zufolge in den kommenden 15 Jahren noch mit einem deutlichen Bevölkerungszuwachs rechnen. Abgebremst werde das Wachstum dagegen in Düsseldorf (plus 0,9 Prozent), Stuttgart (2,6 Prozent) und München (vier Prozent). In Bayerns Landeshauptstadt könne „das Wohnungsangebot trotz reger Neubautätigkeit nicht mehr mit der externen Nachfrage Schritt halten“, so das Gewos-Institut. Vor allem das weitere Umland werde sich daher dynamisch entwickeln.
Nur noch wenig Bevölkerungszuwachs bis 2035
Insgesamt erwarten die Forscher, dass die Bevölkerung in Deutschland bis 2035 nur noch leicht wächst – um 0,7 Prozent auf dann 83,7 Millionen Menschen. Aktuell dämpfe die Corona-Krise gerade die Zuwanderung von Fachkräften [2] aus dem Ausland den Trend der vergangenen Jahre ab. Vor allem die Großstädte waren durch eingewanderte Arbeitskräfte mit speziellen Qualifikationen teils stark gewachsen. „Firmen sind vorsichtig bei Neueinstellungen, zudem haben Reisebeschränkungen die Mobilität gebremst“, sagte Gewos-Geschäftsführerin Carolin Wandzik.
Erst von 2022 an, so glauben die Regionalforscher, wird die Außenwanderung wieder zunehmen, dann aber nicht mehr das Ausmaß des vergangenen Jahrzehnts erreichen. Zudem sei davon auszugehen, dass mehr Menschen angesichts hoher Immobilienpreise künftig von den Metropolen ins Umland abwanderten – vor allem junge Familien. Der Trend könnte sich mit der Corona-Krise noch verstärken, sollten Unternehmen das Arbeiten im Homeoffice [4] auch langfristig zur Routine machen.
Gute Aussichten für Rostock
Dass die Bevölkerung in Deutschland wegen der niedrigen Geburtenrate und möglicherweise geringeren Zuwanderung in den kommenden Jahren kaum noch wachsen dürfte, droht den Fachkräftemangel in vielen Branchen massiv zu verschärfen. Einer Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos für das „Handelsblatt“ zufolge wird die Zahl der Arbeitskräfte in Deutschland bis 2030 um sieben Prozent zurückgehen. Grund sei, dass die geburtenstarken Jahrgänge nach und nach in Rente gehen.
Besonders hohes Wirtschaftswachstum erwarten die Prognos-Experten indes in mehreren mittelgroßen deutschen Städten. Rostock, Potsdam, Leipzig, Regensburg und Darmstadt gehörten zu den zehn Ballungsräumen mit den besten Wachstumsaussichten in den kommenden zehn Jahren, so das Institut. In manchen dieser Städte bilden junge Firmengründer eine lebendige Szene.
Für Leipzig sagen die Regionalforscher auch eine besonders stark ansteigende Einwohnerzahl voraus. Das Gewos-Institut geht davon aus, dass 2035 in der Universitäts-Stadt 12,7 Prozent mehr Menschen leben als heute.
In Ostdeutschland insgesamt wird die Bevölkerung den Gewos-Forschern zufolge in den kommenden Jahren schrumpfen. Zurückgehende Einwohnerzahlen oder Stagnation seien auch in weiten Teilen des südlichen Niedersachsens, in Nordhessen, dem Saarland, im Ruhrgebiet sowie in Schleswig-Holstein zu erwarten.
Fast ganz Süddeutschland kann der Prognose zufolge damit rechnen, Einwohner zu gewinnen. Die Bevölkerung in Bayern werde bis auf wenige Regionen im Nordosten in den kommenden 15 Jahren um bis zu zehn Prozent wachsen. Boomregionen seien auch weite Teile Baden-Württembergs, das Rhein-Neckar- und Rhein-Main-Gebiet, Hannover sowie das Umland des Volkswagen-Stammsitzes Wolfsburg.