und, den haben sie zu recht: klein gedruckt, viel zu viele Fremdwörter, unmöglich zu falten und eine angsteinflößende Liste an Nebenwirkungen. Dieser Text hilft, einen (halbwegs schnellen) Überblick über die wichtigsten Inhalte Ihres nächsten Beipackzettels zu bekommen. So sparen Sie Zeit. Und Nerven.  Beipackzettel wirken – zwar – oft abschreckend; aber,  sie enthalten wichtige Informationen, damit Sie das Arzneimittel sicher anwenden können. Wenn Sie wissen, wie Beipackzettel grundlegend aufgebaut sind, verlieren Sie sich nicht in der Bleiwüste, sondern können sich schnell orientieren. Alsdann:

Wie Beipackzettel besser verständlich werden können, wird seit Langem diskutiert. Möglicherweise kommt aber bald Bewegung in die Sache. Egal, ob Sie es Beipackzettel, Packungsbeilage, Gebrauchsinformation oder „Waschzettel“ nennst: Wenn Sie zu einem Arzneimittel greifen, finden Sie in der Packung einen scheinbar endlos langen, dicht bedruckten Zettel auf dünnem Papier. Was machen Sie damit?

Ausmessen und staunen, wie lang ein Stück Papier sein kann, das in so eine kleine Medikamentenpackung passt? Mal eben zu Beispiel: Bei einer Schmerztablette mit dem Wirkstoff Ibuprofen sind es vier Spalten von jeweils 37 cm Länge.

Oder kommt Ihnen eher der Gedanke, den Zettel gleich in den Papierkorb zu werfen, weil Sie denken: „Das kann ja kein Mensch lesen!“

Andere studieren ihn akribisch und sind sich danach gar nicht mehr so sicher, ob sie das Arzneimittel tatsächlich einnehmen wollen: Lange Listen von Nebenwirkungen, die sich manchmal gruseliger anhören als das eigentliche Gesundheitsproblem, dessentwegen sie das Mittel eigentlich bekommen oder gekauft haben.

Wir empfehlen dir aber etwas Anderes: Diesen Artikel lesen und mit dem nötigen Hintergrundwissen gezielt die Informationen aus dem Beipackzettel filtern, die sie brauchen, um das Medikament sicher einnehmen zu können.

Warum es Packungsbeilagen gibt

Heutzutage ist der Beipackzettel ein Muss für alle, die Arzneimittel auf den Markt bringen. Bevor Sie ein Mittel in der Apotheke bekommen, werden die Studien eines pharmazeutischen Unternehmers zu Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Mittels durch die zuständige Behörde geprüft – und wenn alles gut geht, wird das Arzneimittel zugelassen. Mit den Unterlagen reicht der pharmazeutische Unternehmer auch ein Muster des Beipackzettels ein und die Behörde prüft, ob die Angaben dort mit den Erkenntnissen zu dem Arzneimittel übereinstimmen, zum Beispiel was die Nebenwirkungen angeht.

Ohne behördliche Genehmigung dürfen die pharmazeutischen Unternehmer die Packungsbeilage nicht ändern. Umgekehrt kann es jedoch Auflagen geben, dass etwa bei neu bekannt gewordenen Nebenwirkungen auch die Packungsbeilage angepasst werden müsse [1].

Das war übrigens noch nicht immer so: In Deutschland sind Packungsbeilagen in einem festgelegten Format erst seit der Neuordnung des Arzneimittelgesetzes 1976 gesetzlich vorgeschrieben. Und damals war das eine Errungenschaft, weil sich so Ärzte und Patienten verlässlich über das Arzneimittel informieren können. Heute sind Packungsbeilagen EU-weit einheitlich gestaltet [2]. Falls es Sie wenigstens ein wenig tröstet: Alle EU-Bürger müssen sich also durch den gleichen Dschungel an Informationen schlagen und mit der Faltung des Zettels kämpfen.

Was wo im Beipackzettel steht

Ein Hauptproblem der Beipackzettel: Sie sind sehr umfangreich. Und um 4×37 Zentimeter Bleiwüste zu durchforsten, braucht es schon etwas Geduld. Schneller geht es, wenn du weißt, dass alle Beipackzettel gleich aufgebaut sind: in den immer gleichen sechs Rubriken. Dann können Sie gezielt in die Rubrik springen, die Sie gerade brauchen.

Manche Abschnitte brauchen Sie nur zu lesen, wenn Sie das Arzneimittel zum ersten Mal nehmen wollen. Andere dagegen sind auch immer mal wieder nützlich. Damit reduziert sich der Aufwand mit dem Beipackzettel-Lesen nochmals. Und, gleichzeitig wird auch klar: Es ist wichtig, den Beipackzettel so lange aufzuheben, wie auch das Arzneimittel in Ihrer Hausapotheke ist. Und damit nichts durcheinander gerät, solltent Sie Beipackzettel und Arzneimittel immer im zugehörigen Karton aufbewahren.

Aber was steht jetzt wo?

Ganz oben auf dem Beipackzettel steht der Name des Arzneimittels und der Name des Wirkstoffs. Das ist nicht das gleiche, denn der gleiche Wirkstoff kann in verschiedenen Arzneimitteln enthalten sein. In manchen Fällen ist der Name des Wirkstoffs auch Teil des Arzneimittelnamens (etwa in Verbindung mit dem Namen des Herstellers), in anderen Fällen ist der Name des Arzneimittels eine Fantasie-Bezeichnung. Bekanntestes Beispiel: Der Wirkstoff Acetylsalicylsäure (kurz: ASS) wird als Medikament unter verschiedenen Handelsnamen verkauft. Das erste Arzneimittel mit diesem Wirkstoff war Aspirin. Seit vielen Jahren gibt es aber auch andere Präparate mit dem gleichen Wirkstoff, die zum Beispiel ASS-ratiopharm oder ASS 500-1A Pharma heißen.

1. Was und für wen?

Gleich in der ersten Rubrik wird beschrieben, um was für ein Arzneimittel es sich handelt. Also bei welcher Erkrankung oder bei welchen Beschwerden es eingesetzt wird. Wenn Sie es genauer wissen wollen, finden Sie hier oft auch eine kurze Beschreibung, über welchen Mechanismus das Arzneimittel wirkt.

Außerdem können Sie hier auch nachlesen, für welche Menschen es geeignet ist: Nur für Erwachsene, oder auch für Kinder und Jugendliche in bestimmten Altersgruppen? Bei Mitteln, die Sie ohne Rezept in der Apotheke kaufen können, gibt es hier auch in der Regel einen Hinweis, wann Sie zum Arzt gehen solltest, wenn die Beschwerden nach Anwendung des Arzneimittels nicht wieder verschwinden.

2. Vor der Einnahme beachten

Die nächste Rubrik geben Hinweise, was vor der Einnahme oder Anwendung beachtet werden sollte. Das ist meist sehr umfangreich. Die gute Nachricht: In vielen Fällen muss gar nicht alles Zeile für Zeile gelesen werden. Die Grafik gibt einen Überblick, was wirklich für alle wichtig ist und was nur in bestimmten Situationen gelesen werden muss: Für alle eiligen Leser: Was Sie in der Rubrik „Vor der Einnahme beachten“ im Beipackzettel immer lesen sollten und was nur in bestimmten Situationen wichtig ist.

Manches sollten Sie sich zur Sicherheit ansehen

Dazu gehören etwa Erläuterungen, bei welchen Krankheiten Sie das Arzneimittel nicht einnehmen sollten. Im medizinischen Jargon nennt man das „Kontraindikationen“. Wenn alles so läuft, wie es sein sollte, haben Ihr Arzt bzw. die Mitarbeiter in der Apotheke schon abgeklärt, ob Sie das Arzneimittel einnehmen dürfen. Es schadet jedoch nicht, zur Sicherheit noch einen prüfenden Blick in diesen Abschnitt zu werfen.

Zudem finden Sie hier auch Warnungen und Hinweise zu Vorsichtsmaßnahmen: Beispielsweise Anzeichen schwerwiegender Nebenwirkungen, bei denen Sie sofort mit Arzt oder Ärztin sprechen sollten. Oder weiterführende Tipps, wie bestimmte Probleme vermieden werden können. Oder Hinweise, wenn das Arzneimittel in bestimmten Situationen Probleme verursacht, etwa vor einer Operation. Diese Aspekte sind für eine sichere Anwendung des Arzneimittels wichtig, und es ist nötig, sie zu kennen.

In dieser Rubrik geht es auch noch ganz praktisch weiter:

  • Was müssen Sie beachten, wenn Sie noch andere Medikamente einnehmen? Das kann Medikamente betreffen, die Sie dauerhaft nnehmen, aber auch Mittel, die Sie bei kurzfristigen Gesundheitsproblemen anwenden, wie zum Beispiel bei einer Erkältung, oder Mittel, die Sie aus anderen Gründen einnehmen, wie etwa die Pille. Um Wechselwirkungen zu vermeiden, lohnt sich ein Blick in diese Aufzählung.
  • Wechselwirkungen kann es übrigens auch mit Nahrungs- oder Genussmitteln geben. Klassiker sind dabei Milch oder Milchprodukte, Alkohol oder Grapefruitsaft. Um die Wirksamkeit des Mittels nicht zu beeinträchtigen oder um keine Nebenwirkungen zu provozieren, sollten Sie diesen Abschnitt auch lesen.
  • Was ist in Schwangerschaft oder Stillzeit zu beachten? Wenn Sie das (gerade oder grundsätzlich) nicht betrifft, können Sie diesen Abschnitt auslassen. Aber Vorsicht: In seltenen Fällen gibt es hier auch Hinweise für Männer – denn manche Arzneimittel können auch bereits bei der Zeugung schädlich sein.
  • Manchmal können Arzneimittel die Reaktionsfähigkeit oder Aufmerksamkeit beeinträchtigen. Das ist besonders wichtig, wenn Sie im Straßenverkehr unterwegs sind oder beruflich mit schweren Maschinen zu tun haben. Je nach Lebenssituation können die Hinweise hier sehr wichtig sein.
  • Haben Sie Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten, zum Beispiel von Lactose oder Sorbit? Dann ist der letzte Abschnitt in diesem Bereich des Beipackzettels für Sie besonders interessant, denn hier finden Sie entsprechende Hinweise.

3. Anwendungshinweise

Einfach schlucken und gut? Bei vielen Arzneimitteln ist es damit nicht getan. Manchmal mussen Sie noch bestimmte Aspekte beachten, um die angestrebte Wirkung zu bekommen. Alles Nötige dafür finden Sie in dieser Rubrik. Dabei geht es um folgende Fragen:

  • Wie häufig und in welcher Menge sollten Sie das Arzneimittel anwenden? Also zum Beispiel: Wie viele Tabletten sollen Sie einnehmen? Wie häufig eine Salbe auftragen?
  • Bei Tabletten: Dürfen Sie die Tabletten teilen oder bei Schluckbeschwerden noch weiter zerkleinern? Sollten Sie das Mittel zum Essen oder vor dem Essen oder gar auf nüchternen Magen einnehmen? [3]
  • Müssen Sie vor dem Einnehmen noch etwas tun, beispielsweise den Antibiotika-Saft für dein Kind noch mit Wasser anrühren oder vor dem Ausgießen die Flasche schütteln?

Falls Sie das schlecht erklärt oder unklar finden: Fragen Sie in Ihrer Apotheke nach, die Mitarbeiter dort kennen sich mit diesen Fragen in der Regel bestens aus.

In dieser Rubrik gibt es außerdem noch Hinweise, was zu tun ist, wenn Sie aus Versehen zu viel eingenommen oder die Anwendung vergessen haben.

4. Nebenwirkungen

Die vierte Rubrik des Beipackzettels ist vermutlich auch die gefürchtetste: nämlich die zu Nebenwirkungen. Um es übersichtlicher zu gestalten, sind diese Angaben nach der Häufigkeit sortiert. Was die Angaben wie „häufig“ oder „selten“ bedeuten, erklärt die Grafik.

Was bedeuten die Häufigkeiten bei den Angaben zu Nebenwirkungen im Beipackzettel von Medikamenten?

Das macht schon deutlich: Die Angaben zu Nebenwirkungen sind statistische Größen. Und das heißt: Sie werden nicht jede Nebenwirkung bekommen, die im Beipackzettel aufgeführt ist. Lesen lohnt sich denn, denn manchmal gibt es hier (oder im Abschnitt zur Anwendung) auch wichtige Hinweise, wie Sie Nebenwirkungen vermeiden können.

Wie Sie die Angaben zu Nebenwirkungen im Beipackzettel interpretieren und für Ihre Gesundheitsentscheidungen nutzen können, haben wir bereits in einem anderen Artikel ausführlich beschrieben. Dort finden Sie auch Hintergründe, wie das Wissen zu Nebenwirkungen entsteht oder wie Sie damit gute Gesundheitsentscheidungen treffen können.

5. Aufbewahrung

Sehr praktisch ist die vorletzte Rubrik: Hier erfahren Sie alles, was Sie zur Aufbewahrung wissen müssen. Gehört das Arzneimittel in den Kühlschrank? Wie lange ist es nach dem Öffnen verwenden? Und wie sollte es entsorgt werden, wenn das Haltbarkeitsdatum überschritten ist? [4]

6. Inhaltsstoffe und mehr

Die letzte Rubrik ist ein Sammelsurium von sonstigen Informationen: Hier finden sich etwa eine vollständige Liste der Inhaltsstoffe. Neben dem Wirkstoff sind dort auch alle Hilfsstoffe aufgeführt. Diese werden gebraucht, um den Wirkstoff zu „verpacken“, also zum Beispiel erst in Form einer Tablette zu bringen. Die Liste ist hilfreich, wenn Sie zum Beispiel auf bestimmte Farbstoffe allergisch reagieren.

Ginge es besser?

Dass die jetzige Form des Beipackzettels noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist, ist seit Langem bekannt. So gibt es immer wieder Beschwerden von Patienten über unverständliche, zu schwierige und zu umfangreiche Informationen. Gerade im Hinblick auf Nebenwirkungen bereitet das derzeitige Format sogar Fachleuten Probleme [5].

Aug. 2020 | Allgemein, Gesundheit, In vino veritas, Sapere aude, Senioren | Kommentieren