Das kann man wohl sagen, und das gilt für die Spinner auf allen Seiten: Methanol, Bleichmittel, sogar Kamelurin: Die Liste der Substanzen ist lang, die fehlgeleitete Personen geschluckt oder sich gespritzt haben, um sich vor dem Virus zu schützen. Stand ja auf Facebook/Twitter/Google, dass das hilft. Hey, sogar der US-Präsident hat doch gerade noch Desinfektionsmittel zur Behandlung empfohlen – „damit gurgeln“! Der Irrsinn hat Folgen: Wissenschaftler haben nun herausgefunden: Fehlinformationen durch Gerüchte und Verschwörungstheorien in Zusammenhang mit dem Coronavirus haben seit Beginn der Pandemie weltweit Hunderte Menschen das Leben gekostet. Tausende mussten wegen der in sozialen Netzwerken verbreiteten Falschinformationen im Krankenhaus behandelt werden; das ergab eine im „American Journal of Tropical Medicine and Hygiene“ veröffentlichte Studie.

Allein der Konsum von hochkonzentriertem Alkohol zur vermeintlichen Desinfizierung des Körpers kostete weltweit 800 Menschen das Leben. Rund 5.900 landeten nach dem Trinken von Methanol im Krankenhaus, 60 erblindeten. Neben der Pandemie gebe es auch eine „Infodemie“, warnen die Forscher: eine kollektive Verblödung durch Falschinformationen. Sie fordern, den lebensgefährlichen Quatsch und die Lügen im Internet besser zu überwachen und zu entlarven.

Nun gibt es viele Medien, die sich verdienstvollerweise dieser Aufgabe verschrieben haben. Auch wir bieten in Zusammenarbeit mit (wir – der Wahrheit die Ehre – bedienen uns der ihren. Danke dafür) dem Recherchekollektiv „Correctiv“ einen regelmäßigen Faktencheck zu Corona-Mythen an (Sie finden ihn hier). Das Problem ist: Vernunftbegabte, zu kritischer Reflexion fähige Menschen erreicht man damit zwar, doch bleiben Zigtausende übrig, die nicht bereit sind, ihr verschrobenes Weltbild auch nur zwei Sekunden lang zu hinterfragen. Jede Frage beantworten sie mit einer Gegenfrage, wittern hinter allem und jedem dunkle Mächte und fühlen sich darin von den Detlefs, Attilas und Kens dieser Welt bestärkt. So träufeln sie ihr Gift in unsere Gesellschaft, säen Misstrauen und Bosheit. „Die Dummheit ist die sonderbarste aller Krankheiten. Der Kranke leidet niemals unter ihr. Aber die anderen leiden“, hat einer der Gründerväter der EU, der belgische Politiker Paul-Henri Spaak, einmal gesagt. Wie recht er hatte.

Damit wir uns nicht falsch verstehen

Selbstverständlich muß auch hierzulande jeder denken, sagen und schreiben dürfen, was er will, solange er (- ahäm – sie, es) nicht die Rechte anderer Menschen verletzt. Man darf die Fehler der Corona-Politik und den Weltverbesserungs-Aktivismus mancher Medien anprangern. Man darf Politiker für Doofmänner halten und Virologen für Alarmisten, man kann das sogar auf ein Plakat schreiben und damit durchs Brandenburger Tor stolzieren. Angeblich schlummert ja in jedem „Oberstübchen“ sowohl ein Genie als auch ein Idiot. Aber als Bürger haben wir nun mal auch eine gemeinsame Verantwortung (zu haben!) und gefährlichen Unsinn und Hetze in Schranken zu weisen. Wohin es führen kann, wenn zu viele Leute Hassparolen und Lügen hinterhertrotten, hat dieses Land schließlich zur Genüge erfahren.

Seien Sie für heute mit einem Satz des polnischen Satirikers Gabriel Laub verabschiedet: „Ein Dummkopf ist ein Idiot, der keine Karriere gemacht hat.“ In diesem Sinne:
Alsdann, schöne Grüße von Eurem Rundschau-Idioten, Ihr Tumblinge allüberall auf den Tannenspitzen und, da draußen in der Welt …

 

Aug. 2020 | Allgemein, Essay, Gesundheit, In vino veritas, Sapere aude | Kommentieren