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Corona hat uns klar gemacht, was wir derzeit wirklich brauchen: Ein Europa, das solidarisch ist und Verantwortung zeigt

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Junge Flüchtlinge sind am 18. April 20 in Hannover gelandet – Gestrandet? Oder angekommen?

Ist die Aufnahme von 47 Flüchtlings – Kindern wirklich mehr als reine Symbolpolitik? Im Schatten karonatischer Weltkrise fand sich in der Tat in Europa eine neue „Koalition der Willigen“ von Luxemburg über Finnland bis Bulgarien. Drum herum ist ein Netzwerk entstanden, das Anlass zur Hoffnung gibt. Wir erinnern uns: Im September 2013 treffen am Flughafen Hannover 107 Männer, Frauen und Kinder ein.
Sie sind die ersten von 5.000 syrischen Kriegsflüchtlingen aus einem Sonderkontingent. Deutschland hatte sich verpflichtet, die Menschen,  die Monate unter erbärmlichsten Bedingungen im Libanon festsaßen, aufzunehmen. Zur Begrüßung eilen Politiker aus Bund und Land herbei, in Demut verstummt. Während vorn in der Ankunftshalle Kleinkinder gelöst Seifenblasen pusten, behandeln Sanitäter hinter Planen Schwerverletzte mit zerschossenen Leibern.

 

Es gab sie auch damals schon, die Klagen über die Tatenlosigkeit der Bundesregierung. Und, es gab die bestürzend geringe Zahl der Aufgenommenen – aber es gab auch diese Hoffnung: Wir schaffen das!

50 statt 15.000 Flüchtlingskindern!

Nun ist wieder in Hannover ein Flugzeug gelandet: 47 Kinder und Jugendliche, die ihre Eltern auf der Flucht und im Krieg verloren haben, klettern mit ihren Atemmasken die Gangway hinunter. Die vergangenen Monate haben sie in völlig überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln leben müssen. Nässe, Schlamm, Kälte, zuletzt die Gefahr durch die Seuche – für sie ist es die Rettung.

50 statt 15.000 – auch mir stößt das Übel auf! Der unselige Türkei-Deal, die kalkulierte Politik der Vergrämung auf Kosten von 40.000 Menschen, die allein auf den griechischen Inseln festsitzen. Bloß nicht im Alleingang, bloß kein Signal der Ermutigung setzen – auch aus Sorge vor der dem Wählerklientel der AfD hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren viele Flüchtlinge, die auf den griechischen Inseln feststeckten, nicht nach Deutschland geholt. Organisationen wie Pro Asyl und die Landesflüchtlingsräte geißeln die Rettungsaktion denn auch als reine Symbolpolitik.

Netzwerk aus Behörden, Organisationen und „Alltagshelden“

Tatsächlich ist mehr gelungen: Vehement bedrängt von seinem niedersächsischen Amtskollegen Boris Pistorius (SPD) hatte sich am Ende auch Bundesinnenminister Seehofer (CSU) dafür ausgesprochen, mehrere Tausend Flüchtlinge von den griechischen Inseln aufzunehmen. In Schatten der Weltkrise, fand sich in Europa eine neue „Koalition der Willigen“ von Luxemburg über Finnland bis Bulgarien. Drumherum ist ein Netzwerk aus Behörden und Organisationen entstanden. Sie alle sind an der Auswahl und Verteilung der minderjährigen Schutzbedürftigen beteiligt: In Griechenland, auf EU-Ebene bis hin zum BAMF in Deutschland.

Wir brauchen ein solidarisches Europa

Ermutigend ist auch, dass auf jene Alltagshelden weiter Verlass ist, die sich seit 2015 in der Flüchtlingshilfe engagieren. 150 Städte und Gemeinden zuletzt im Netzwerk Seebrücke. Da sind Ärzte und Psychologen, Pädagogen, die Jugendhilfe, und die vielen Kulturinitiativen, die sich eben nicht entmutigen lassen, sondern das große Integrationsprojekt unermüdlich quer und weiter denken.

Womöglich ist ja auch die europäische Asylpolitik nicht gänzlich tot. Die EU-Länder müssen die Zusagen, die sie gemacht haben einhalten! Und Tausende weitere Flüchtlinge aufnehmen. Die Rettungsaktionen dieser Tage können nur der Anfang sein. Denn letztlich macht uns Corona klar, was wir wirklich brauchen: Ein Europa, das solidarisch ist. Und Verantwortung beweist.