und, lebte ich dort, wäre ich natürlich New-York-Times-Kritiker und würde – dann dort natürlich auch allein ins Museum gehen wollen. Das New Yorker Metropolitan Museum jedenfalls hat für den Kritikaster Jason Farago aufgeschlossen, der sich vor Anthony van Dycks Heilige Rosalie setzt, die 1624 Palermo vor der Pest gerettet haben soll – oder vielmehr ihre sterblichen Überreste, die von den Gläubigen durch die Stadt getragen wurden. Es war gar nicht so leicht, die Frau auf dem Bild als Heilige Rosalie auszumachen, weil sie keine bekannten Insignien trägt, erklärt uns Farago in der Times. „Unser flämischer Emporkömmling musste daher eine Ikonografie für die Frau erfinden, die die Epidemie stoppte. Van Dyck beschloss, Rosalia als eine junge Frau mit langen, blonden, aufgebauschten Haaren, erröteten Wangen und großen, ekstatischen Augen darzustellen. Unter ihr, energisch skizziert in einer verwaschenen Palette von Ocker und Grün, liegt der Hafen von Palermo, und im Hintergrund der Monte Pellegrino, der Hügel, auf dem ihre Reliquien gefunden wurden. … Nach einer Quarantäne, die seine internationale Karriere beendete, und, nachdem er eine Epidemie überlebt hatte, die ihn das Leben hätte kosten können, schuf van Dyck in Palermo eine Inkarnation der Wohltätigkeit im Chaos.
Es sind diese Plagen ebenso zufällig, wie erbarmungslos. Sie sind, wie wir heute wissen, für ihre ungewisse Dauer am schrecklichsten. Doch Rosalia, die wie ein Heißluftballon über Sizilien schwebt, verspricht, dass der Schrecken der Epidemie schließlich verschwinden und die Schönheit zurückkehren wird.“
Dazu paßt: Der Fotograf Wolfgang Tillmans hat am Kunstmuseum Basel eine Leuchtbotschaft angebracht, die um Abstand bittet: „Du schützt mich – Ich schütze dich – Zwei Meter – Zweihundert – Sechs Fuß – Zwei Armlängen – Haltet Abstand“ und dann nochmal auf Englisch. Ein Museum, das um Abstand bittet. Man möchte schon weinen (nicht Tillmans wegen, sondern – was Wunder – wegen der Situation. Natürlich).