Protest gegen Handke angekündigt
Es sind jedenfalls Protestaktionen von bosnischen Kriegsopferverbänden wie den „Müttern von Srebrenica“ angekündigt. Wie sich die verbreitet, bleibt abzuwarten. Für ihre Kundgebung auf Stockholms zentralem Platz Sergels Torg, rund 300 Meter vom Konzerthaus entfernt, hoffen die Veranstalter jedenfalls auf mehrere Tausend Teilnehmer.
Die Akademie selbst hat auf Aufforderungen, die Auszeichnung wegen verschiedener Kommentare Handkes, die Kritiker als Verharmlosung von Kriegsverbrechen bzw. Herabwürdigung der Opfer werten, zurückzunehmen, kühl reagiert. „Die Akademie (…) hat nichts in seinem schriftstellerischen Werk gefunden, das eine Attacke auf die Zivilgesellschaft darstellt oder den Respekt für die Gleichheit aller Menschen infrage stellt“, antwortete Mats Malm, der Ständige Sekretär der Akademie. Und der Vorsitzende des Nobelpreiskomitees, Anders Olsson, schrieb, es sei „deutlich, dass wir das literarische Werk von Peter Handke auf ziemlich unterschiedliche Weise betrachten“. Diese unterschiedlichen Perspektiven gab es offenbar auch innerhalb des Komitees.
„Keine Beweise dafür, dass Handke dem Blutvergießen Tribut zollte“
So umstritten die Entscheidungen der Jury des Literaturnobelpreises manchmal auch sind, verteidigen tut sich die Schwedische Akademie üblicherweise nicht. Nun haben sich aber zwei der derzeit 18 Mitglieder in einer Stellungnahme in der schwedischen Zeitung „Dagens Nyheter“ zu Wort gemeldet. Darin gehen sie auf die scharfe Kritik an der Vergabe an den österreichischen Autor Peter Handke ein, dessen Haltung und Texte zu Serbien und dem Jugoslawienkrieg derzeit für heftige Debatten sorgen: Sie sähen „keine Beweise dafür, das Handke dem Blutvergießen Tribut zollte“, er habe das Srebrenica-Massaker klar verurteilt.
Auch in der Kollegenschaft bezog man die Fronten
So nutzte der in Visegrad geborene Autor Sasa Stanisic seine Dankesrede bei der Zuerkennung des Deutschen Buchpreises für eine volle Breitseite gegen Handke, während zahlreiche Autoren, Literaturwissenschafter und Übersetzer von Klaus Amann bis O.P. Zier eine Erklärung gegen die „Anti-Handke-Propaganda, der jedes Mittel Recht ist“ unterzeichneten.
Nobelvorlesungen via Livestream
Am Samstag halten beide Preisträger nacheinander in der Schwedischen Akademie ihre Nobelvorlesungen. Für 16.45 Uhr ist jene von Olga Tokarczuk angesetzt, um 17.30 Uhr soll die Rede von Peter Handke folgen. „Der Hauptteil besteht aus dem Anfang und dem Ende des Stückes ‚Über die Dörfer‘. Das ist ja schon bald 40 Jahre her, aber es kam mir vor, dass es das Richtige ist für den Moment“, verriet der Dichter im Vorfeld.
Bisher waren diese Vorlesungen meist medienöffentlich, diesmal habe man sich aufgrund der zwei Preisträger entschlossen, aus Platzgründen nur geladene Gäste zuzulassen, gab die Schwedische Akademie bekannt. Die Weltöffentlichkeit kann aber immerhin via Livestream mit dabei sein.
Verleihung am kommenden Dienstag
Am Sonntag steht das Nobelpreiskonzert an, am Montag die Dialog-Veranstaltung „Into the Unknown“ – höchst unspektakuläre Ereignisse im Vergleich zum Höhepunkt des Veranstaltungsreigens am Dienstag, 10. Dezember, um 16.30 Uhr: Am Todestag des Preisstifters Alfred Nobel werden im Konzerthaus von Stockholm vom schwedischen König die Nobelpreise in Physik, Chemie, Medizin und Literatur an insgesamt elf Personen (darunter mit Tokarczuk eine einzige Frau) überreicht. Für die Zeremonie gilt ebenso wie für das daran anschließende Bankett um 19 Uhr im Stockholmer Rathaus ein strikter Dresscode: Abendkleid für die Damen, Frack für die Herren.
„Da habe ich ein bissel Sorgen, welche Figur ich darin machen werde“, meinte Handke: „Aber es gibt schlimmere Sorgen.“ Zumal die Nobelpreisträger ein besonderes Service in Anspruch nehmen können: Zu ihnen kommt der Schneider ins Hotel.
Nur zwölf internationale Print-Journalisten zugelassen
Der Medienzugang zur Zeremonie und dem Nobelpreis-Bankett, an dem immerhin bis zu 1.300 Gäste teilnehmen können, ist mehr als exklusiv: Nur zwölf internationale und sieben nationale Print-Journalisten werden von der Nobelpreis-Stiftung zugelassen. Das Menü wird noch geheim gehalten. Da möcht man doch – wirklich – nicht hinmüssen.