Orge sagte mir: Der liebste Ort, den er auf Erden hab
Sei nicht der Rasenplatz am Elterngrab.
Sei nicht ein Beichtstuhl, nicht ein Hurenbett
Und nicht ein Schoß weich weiß und warm und fett.
Orge sagte mir: Der liebste Ort
Auf Erden war ihm immer der Abort.
Dies sei ein Ort wo man zufrieden ist
Daß drüber Sterne sind und drunter Mist – Ein Ort sei einfach wundervoll, wo man
Selbst in der Hochzeitsnacht allein sein kann.
Ein Ort der Demut, dort erkennst du scharf:
Daß du ein Mensch nur bist, der nichts behalten darf: Ein Ort der Weisheit wo du deinen Wanst
Für neue Lüste präparieren kannst – Wo man indem man leiblich lieblich ruht
Sanft, doch mit Nachdruck etwas für sich tut.
Und doch erkennst du dorten was du bist: Ein Bursche der auf dem Aborte frißt!
Ω
Baal, Trommeln in der Nacht
Aus: Dreigroschen Oper – Die heilige Johanna der Schlachthöfe
Bertold Brecht, Stücke 1 und 2
Suhrkamp Frankfurt aM, 1997
Sind diese Stücke nicht Texte eines wilden Pflügers der Berliner Pflaster
des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, eines vom Krieg entsetzten?
Und: Heute? – All jenen gewidmet, die wir gerne auf Orges Lieblingsplatz setzten in der Hoffnung, dass sie dorten bleiben mögen, sitzen zur Rechten. In Ewigkeit. Und so weiter …