
Dr. Khouloud Daibes – Botschafterin Palästinas in der Bundesrepublik Deutschland in der
Palästinensichen Vertretung Palästinas in Berlin
In einer gestern veröffentlichten Erklärung kündigte der US-Außenminister Mike Pompeo an, die israelischen Siedlungen nicht länger als völkerrechtswidrig ansehen zu wollen.
„Diese Ankündigung folgt unilateral vollzogenen Schritten der US-Regierung, darunter die Anerkennung Jerusalem als Israels Hauptstadt, die US-Botschaftsverlegung, die Einstellung der UNRWA-Finanzhilfen und die Schließung des PLO-Vertretungsbüros in Washington. Mithin erhält MP Netanyahu grünes Licht für seine Siedlungspolitik mit Bevölkerungstransfer und Landraub. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit soll das palästinensische Land mit den Siedlungen in der Westbank entgegen dem Völkerrecht schrittweise annektiert werden. Um den Frieden zu sichern, muss die Internationale Gemeinschaft handeln. Ihre Werte sind zu schützen und die Rechte des palästinensischen Volkes zu verteidigen,“ so Botschafterin Dr. Daibes zur Ankündigung der US-Regierung.
Palästinensische und internationale Stimmen zur US-Ankündigung
„Diese Ankündigung hat keine rechtliche Gültigkeit. Die USA haben weder das Recht noch verfügen sie über die Befugnis, das Völkerrecht neu zu schreiben und die auf Regeln beruhende internationale Ordnung auf der Grundlage ihrer krankhaften ideologischen Ansichten zu verdrehen“, so PLO-Exekutivmitglied Dr. Hanan Ashrawi zur US-Erklärung.
„Die israelischen Siedlungen sind ein schwerer Verstoß gegen das Völkerrecht und humanitäres Recht. Sie stellen ein Kriegsverbrechen im Sinne des Römischen Status dar. An diesen Fakten kann die US-Regierung weder etwas ändern noch sie abschaffen“, so Dr. Ashrawi. Sie kritisierte die US-Regierung in ihrer Erklärung scharf, da sie als Partner der israelischen Verbrechen fungiere und politischen Schutz für die beständigen Rechtsverstöße bietet. Abschließend forderte sie die internationale Gemeinschaft auf, mit Konsequenz und moralischer Klarheit dieser Ankündigung zu begegnen.
Der palästinensische Außenminister Dr. Riad Al-Malki verurteilte die Ankündigung der US-Regierung als schweren „Verstoß gegen internationales Recht und jahrzehntelangen internationalen Konsens (…). Die derzeitige US-Regierung hat eine antipalästinensische Agenda verabschiedet. Sie bemüht sich, die israelische koloniale Siedleragenda zu stärken und legitimieren. (…) Diese Regierung kann und wird das Völkerrecht nicht umschreiben. (…) Die Durchsetzung dieser Agenda würde den Niedergang der internationalen Ordnung nach sich ziehen und den Errungenschaften der Menschheit in den letzten sieben Jahrzehnten irreversiblen Schaden zufügen. Die Welt droht ins Chaos und in Gewalt zu stürzen,“ mahnte Dr. Al-Malki. Er appellierte an die internationale Gemeinschaft, die Bemühungen Palästinas zum Schutz der Zwei-Staaten-Lösung in den Grenzen von 1967 zu schützen, indem sie den Staat Palästina anerkennt. Die Besatzung Palästinas muss beendet und positive Maßnahmen eingeleitet werden, um die Glaubwürdigkeit des Völkerrechts wiederherzustellen und die Gerechtigkeit als Voraussetzung für den Frieden zu achten.
Auch PLO-Generalsekretär Dr. Saeb Erekat forderte die internationale Gemeinschaft per Twitter zu Maßnahmen auf, die dieses verantwortungslose Verhalten der US-Regierung erfordert. Denn gem. Völkerrecht und völkerrechtlichen Standards sind die israelischen Siedlungen auf palästinensischem Gebiet, die mit schweren Menschenrechtsverletzungen einhergehen, völkerrechtswidrig.
Federica Mogherini, Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik sagte, das die EU-Position zur israelischen Siedlungspolitik auf besetztem palästinensischem Gebiet unverändert sei. Alle Siedlungstätigkeiten sind völkerrechtswidrig und beeinträchtigen die Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung sowie die Aussichten auf einen dauerhaften Frieden, wie in der Res. 2334 des UN-Sicherheitsrates im Dezember 2016 bekräftigt worden ist. Sie forderte Israel auf, alle Siedlungsaktivitäten im Einklang mit seinen Verpflichtungen als Besatzungsmacht einzustellen. „Die EU wird, so Mogherini, auch weiterhin die Wiederaufnahme eines konstruktiven Prozesses, der zu einer Verhandlungslösung mit zwei Staaten als einzigen realistischen und tragfähigen Weg, um die legitimen Bestrebungen beider Parteien zu erfüllen, unterstützen“.
Auch das Auswärtige Amt bekräftigte in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung den unveränderten Standpunkt zur israelischen Siedlungspolitik. Darin heißt es wörtlich:
„Der Siedlungsbau ist aus Sicht der Bundesregierung völkerrechtswidrig, beeinträchtigt die Möglichkeit eines Friedensprozesses und erschwert eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung. Wir weisen in diesem Zusammenhang auf die Resolution 2334 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen hin, die diese völkerrechtliche Bewertung bekräftigt.“
Nota bene gab Minuten nach der „Ankündigung“ des US-Außenministers Mike Pompeovon die US-Botschaft in Jerusalem eine Reisewarnung für Jerusalem, das Westjordanland und Gaza aus.
25.Nov..2019, 11:37
Auswärtiges Amt zum Bau von über 2.300 Wohneinheiten im besetzten Westjordanland
Zu den jüngsten Planungsschritten zum Bau von über 2.300 Wohneinheiten im besetzten Westjordanland erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts heute (05.11.):
Die Beschlüsse israelischer Behörden zum weiteren Ausbau von Siedlungen im besetzten Westjordanland haben wir mit großer Sorge zur Kenntnis genommen. Die Bundesregierung betrachtet, ebenso wie ihre Partner in der Europäischen Union, den Siedlungsbau in den Palästinensischen Gebieten als völkerrechtswidrig und ein Haupthindernis für die Möglichkeit einer zwischen Israel und den Palästinensern zu verhandelnden Zwei-Staaten-Lösung. Sie ruft dazu auf, alle Schritte zu unterlassen, die eine Zwei Staaten-Lösung weiter erschweren.
Die Bundesregierung schließt sich der Stellungnahme eines Sprechers des Europäischen Auswärtigen Dienstes vom 4. November zum Siedlungsbau an.
Hintergrund
Die Oberste Planungsbehörde der Zivilverwaltung (Higher Planning Council of the Civil Administration) hat am 10. Oktober 2019 Planungsschritte zum Bau von über 2.300 Wohneinheiten im besetzten Westjordanland genehmigt. Die Entscheidung der Planungsbehörde wurde vergangene Woche öffentlich bekannt. Insgesamt sind seit Beginn des Jahres über 8.000 Wohneinheiten genehmigt worden.