In den letzten Wochen erlebte der Christian Links Verlag etwas, das an Vorgänge vor gut 25 Jahren erinnerte. Nachdem im Frühjahr 1993 deren kritischer Report »Der Sekten-Konzern. Scientology auf dem Vormarsch« von Liane v. Billerbeck und Frank Nordhausen erschienen war, erreichte den Verleger binnen kurzer Zeit fünf Klagen mit anschließenden Verhandlungen vor den Landgerichten in Hamburg, Köln, Bonn, München und Berlin. Angehörige aus dem Scientology-Umfeld versuchten dabei, einzelne Darstellungen und die Nennung ihrer Namen zu verhindern. Ähnliches ereignet sich gerade bei dem aktuellen Buch »Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos« der beiden Journalisten Andres Röpke und Andreas Speit. Sie schildern anschaulich und sehr konkret, wie im ländlichen Raum eine stille Unterwanderung stattfindet. Die Aussteiger von rechts, die unauffällig national dominierte Zonen schaffen wollen, bringen sich in örtlichen Vereinen ein und gehen in die lokale Politik, wobei es ihnen um die Verbreitung einer demokratiefeindlichen Ideologie in weiten Teilen der Gesellschaft geht.

Die beiden ausgewiesenen Rechtsextremismus-Experten Röpke und Speit verfolgen schon seit Jahren diese kaum beachtete Entwicklung und legen nun ihre umfassenden Rechercheergebnisse vor. Das gefällt vielen Akteuren aus der Szene offenbar nicht, die lieber weiter im Verdeckten arbeiten möchten, teilweise sogar Pseudonyme benutzen.

In der Zeit vom 30. August bis zum 16. September gingen beim Verlag mit kurzem Abstand fünf Abmahnungen zu dem Titel ein, vier davon aus der Kölner Kanzlei Höcker, in die gerade der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen als »projektbezogener Mitarbeiter« eingetreten ist. Anwalt Ralf Höcker, der zugleich Pressesprecher der rechtskonservativen Werteunion von CDU- und CSU-Mitgliedern ist und auch die AfD vertritt, erklärte kürzlich in einem Interview mit der »Neuen Zürcher Zeitung«, dass er es als seine Aufgabe ansehe, Journalisten zu bedrohen:
»Ich zeige Journalisten die Grenzen auf … Ich drohe mit Einstweiligen Verfügungen, Gegendarstellungen, Schmerzensgeld, Schadenersatz, was auch immer.«

Genau dies tut er jetzt gegenüber den beiden Autoren und gegenüber dem Verlag. Insgesamt habe man bisher zwölf Abmahnungen von ihm zu dem neuen Titel erhalten. Darüber hinaus wurde Andrea Röpke für Äußerungen bei öffentlichen Präsentationen des Werkes dreimal abgemahnt. Wertende kritische Einordnungen von Personen, die eigentlich durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind, sollen auf diese Weise unterbunden werden. Man habe – so Christian Links die geforderten Unterlassungserklärungen nicht abgegeben, sondern stattdessen mit ihren Anwälten Peter Scheibe, Alexander Hoffmann und Johannes Eisenberg Schutzschriften erarbeitet und bei Gericht hinterlegt, in denen eigene Positionen begründen und belegt wurden. Es wird sich zeigen, ob es vor Gericht zu mündlichen Verhandlungen über die angedrohten Einstweiligen Verfügungen kommt und wie sich die Richter in jedem einzelnen Punkt positionieren werden.

Im ersten Fall der Auseinandersetzungen, der von einer Berliner Kanzlei gegen uns in Gang gebracht wurde, hat sich das hiesige Landgericht inzwischen ganz klar geäußert: Alle Forderungen nach 15 Änderungen am Buch wurden zurückgewiesen. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, aber der Tenor der Entscheidung war eindeutig.

Die Nachfrage nach dem Buch ist derweil spürbar gestiegen, da es zahlreiche positive Rezensionen und Reaktionen gab, darunter auch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Süddeutschen Zeitung. Die erste Auflage ist komplett ausverkauft, an einer aktualisierten Neuausgabe arbeiten wir gerade. Der wichtige Band wird in wenigen Wochen wieder lieferbar sein.
Wir werden – sobald dies Buch bei uns eingegangen ist – ausführlich besprechen

Den zunehmend dreisteren Versuchen aus rechten Kreisen, eine kritische Berichterstattung über sie zu unterbinden, will der Verlag energisch entgegentreten, „auch wenn es nervenaufreibend ist und Kräfte bindet, die eigentlich im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse für ganz andere Dinge gebraucht werden. Wir sind dabei.

Okt. 2019 | Allgemein | Kommentieren