Im voraussichtlich letzten Teil der „Rambo“-Reihe zelebriert Sylvester Stallone die Paranoia des amerikanischen Konservatismus. Und stellt diesen damit bloß. Möglich, dass Sylvester Stallone der spannendste Kritiker der amerikanischen Gesellschaft unserer Zeit ist. Nicht, weil seine Filme besonders gut wären oder er ausgeprägte Fachkompetenz in US-Politik oder gesellschaftlichen Fragen hätte. Nach eigenen Angaben lernte der Schauspieler erst dank „Rambo“, was ein Republikaner ist. Doch der damalige Präsident Ronald Reagan ließ sich – wie er mal sagte – von den Filmen um den von seinem Land enttäuschten Vietnam-Veteranen inspirieren. In John Rambo fanden die Vereinigten Staaten der 80er Jahre ihre menschliche Gestalt: traumatisiert von der eigenen Geschichte, aber heldenhaft in ihrem Patriotismus.
Fast 30 Jahre später ist in „Rambo 5: Last Blood“, dem voraussichtlich letzten Teil der Reihe, aus dieser Heldengestalt ein paranoider „Prepper“ geworden, der seine Tage in einem selbst gebauten Tunnelsystem unter seiner Ranch verbringt. Der Pillen schluckt und Waffen hortet, um sich gegen das Böse auf der Welt zu wappnen. Schonungsloser kann man den eigenen Mythos kaum demontieren.
Nur gelegentlich tritt der von Kriegen wahnsinnig gewordene Antiheld noch an die Oberfläche, um in Jeansjacke und Cowboyhut seine Pferde auszureiten. Fast glaubt man, Ronald Reagan wiederzuerkennen, der vor seiner politischen Laufbahn in Hollywood als Cowboydarsteller Karriere gemacht hatte. Es ist das letzte Aufbäumen eines Archetyps, der im Jahr 2019 nur noch lächerlich wirken muss.
Irgendjemand muss immer gerettet werden
Die einzigen anderen Bewohner der Ranch sind die Haushälterin und deren Tochter Gabrielle, eine Art Ziehkind für Rambo. Zumindest vor ihr hält er noch den Anschein von Menschlichkeit aufrecht. Und weil in der „Rambo“-Reihe immer irgendjemand gerettet werden muss, landet Gabrielle zuerst auf der Suche nach ihrem leiblichen Vater in Mexiko und dort in der Gewalt eines Menschenhändlerrings.
Rambo nimmt das als Anlass für einen Amoklauf durch die mexikanische Unterwelt. Der Film endet mit einer Verteidigungsschlacht auf amerikanischem Boden, die an „Kevin allein zu Haus“ erinnert, mit der Rambo-Ranch als Kulisse. Die gedanklichen Anschlüsse zur neu erstarkten Isolationspolitik der USA könnten nicht offensichtlicher sein. Dass Stallone das Drehbuch zu weiten Teilen bereits vor rund zehn Jahren und damit lange vor Trumps Mauer zu Mexiko geschrieben haben soll, ist dabei kein Widerspruch, sondern umso deprimierender.
Ironisch im Unironischen
Auch die filmischen Motive kommen nicht über den kokainschnupfenden Kriminellen im teuren Anzug hinaus, verwinkelte Armenviertel und Nachtclubs mit Stroboskoplichtern. Das passt: Regisseur Adrian Grunberg arbeitete zuvor als Assistent für die Kartellserie „Narcos“. Aber eigentlich ist das alles auch unerheblich, immerhin bieten die erstaunlich wenigen Actionszenen in ihrer brachialen Gewalttätigkeit ein Mindestmaß an Unterhaltung. Jeder kleine Schusswechsel klingt wie das Kanonenfeuer eines Schlachtschiffs.
Das Kunststück dieses fünften „Rambo“ besteht darin, wie unironisch er in die Paranoia und Xenophobie des amerikanischen Konservatismus eintaucht. Und sich dieser am Ende selbst entwaffnet. Wie beabsichtigt diese Ironie ist, hat in den „Rambo“-Filmen nie eine Rolle gespielt.