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Pressefreiheit weltweit bedroht: Recht oft unter Belagerungszustand,

[1]das jedenfalls zeigt der Jahresbericht 2018 [2] der Organisation „Reporter ohne Grenzen“: Auch im Jahr 2018 stand die unabhängige Presse unter Druck – selbst in Mitgliedstaaten der Europäischen Union wie Polen und Ungarn. Autoritäre Regierungen versuchen, Kontrolle über die Medien zu erlangen. Gezielte Diffamierungen, Hetze und Drohungen erzeugen ein Klima, in dem auch Gewalt gegen kritische Journalisten zunehmend als „legitim“ erscheint.

Im vergangenen Jahr wurden weltweit mehr als 80 Medienschaffende in Ausübung ihres Berufes getötet. Die meisten Todesfälle bleiben ungeklärt und unbestraft. Daher setzen wir uns weiterhin für einen Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für den Schutz von Journalisten ein.

Hetze gegen Medienschaffende führt zu Angst und Gewalt

Die systematische Hetze gegen Journalisten hat dazu geführt, dass Medienschaffende zunehmend in einem Klima der Angst arbeiten – vor allem in Ländern, in denen sie sich bisher im weltweiten Vergleich eher sicher fühlen konnten. Zu den Regionen, in denen sich die Lage am stärksten verschlechtert hat, gehört Europa. Auch die USA sind auf der Rangliste nach unten gerutscht. Deutschland ist um zwei Plätze nach oben auf Rang 13 gerückt, was jedoch vor allem daran liegt, dass die Pressefreiheit in anderen Ländern stärker abnahm. Die Zahl der tätlichen Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten ist in Deutschland 2018 gestiegen.

„Auch in Europa münden gezielte Diffamierungen und aggressive, zum Teil hetzerische Kampagnen populistischer Politikerinnen und Politiker gegen Medien in reale Gewalt“, sagte ROG-Vorstandssprecherin Katja Gloger. „So etwa im EU-Beitrittskandidaten Serbien und in Tschechien. Wer Journalisten pauschal zu Sündenböcken für gesellschaftliche Missstände macht, bereitet den Boden für Übergriffe, Attentate und sogar Morde.“

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Die Rangliste der Pressefreiheit 2019 vergleicht die Situation für Journalisten und Medien in 180 Staaten und Territorien. Untersucht wurde das Kalenderjahr 2018. Grundlagen der Rangliste sind ein Fragebogen zu verschiedenen Aspekten journalistischer Arbeit sowie die von ROG ermittelten Zahlen von Übergriffen, Gewalttaten und Haftstrafen gegen Medienschaffende. Daraus ergeben sich für jedes Land Punktwerte, die im Verhältnis zu den Werten der übrigen Länder die Platzierung in der Rangliste bestimmen. Über die Entwicklung der Situation in einem Land gibt demnach eher ein Vergleich der Punktwerte verschiedener Jahre Auskunft als die Bewegung auf der Rangliste. So kann es vorkommen, dass ein Land in der Rangliste einen großen Sprung gemacht hat, sich die Situation tatsächlich (ablesbar an der Punktzahl) aber nur geringfügig verändert hat. Abhängig vom Abschneiden anderer Länder kann ein Land in der Rangliste im Einzelfall auch aufrücken, obwohl sich seine Punktzahl verschlechtert hat und umgekehrt.

Deutschland ist auf der Rangliste um zwei Plätze vom 15. auf den 13. Rang gerückt. Dies liegt jedoch vor allem daran, dass sich die Situation in anderen Ländern verschlechtert hat. Die Zahl der tätlichen Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten in Deutschland ist 2018 sogar gestiegen: ROG zählte mindestens 22 Fälle, 2017 waren es 16. Zu Gewalt kam es insbesondere am Rande rechtspopulistischer Veranstaltungen und Kundgebungen. Bei Demonstrationen in Chemnitz im Sommer 2018 schlugen Protestierende filmenden Journalistinnen und Journalisten wiederholt gegen das Handy oder die Kamera oder griffen sie mit Vorwürfen wie „Lügenpresse“ verbal an. Ein so medienfeindliches Klima wie in Chemnitz herrschte aus Sicht von Reporter ohne Grenzen seit der Hochphase der Pegida-Bewegung im Jahr 2015 nicht mehr. Problematisch sind zudem einige neuere Gesetze wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gegen Hassbotschaften im Internet und das BND-Gesetz, das die Überwachung ausländischer Journalisten im Ausland durch den Bundesnachrichtendienst erlaubt.

Weltweite Entwicklungen im Überblick [4]

Bei alledem stellt das Internet eine besondere Herausforderung für die Pressefreiheit dar. Das Freiheitsversprechen des Internets bleibt – in autoritären Staaten bietet es ja oft die einzige Möglichkeit, staatliche Kontrolle zu umgehen. Doch zugleich ermöglicht es in bislang nicht gekanntem Umfang Zensur und Überwachung – wir plädieren daher für ein internationales Exportverbot für Überwachungstechnologie.

Zugleich übernehmen Plattformen und soziale Netzwerke wie Google und Facebook mehr und mehr die Rolle traditioneller Medien, ihre Algorithmen sortieren Inhalte. Mit der Arbeit des Referates für Informationsfreiheit im Internet [5]  trägt Reporter ohne Grenzen zu der wichtigen Debatte bei, wie man Pressefreiheit in digitalen Zeiten schützen kann.

Deren – so in ihrer Selbstdarstellung – vornehmste Aufgabe aber bleibt: Weltweit Verstöße gegen die Pressefreiheit zu dokumentieren sowie bedrohten, verfolgten und inhaftierten Medienschaffenden zu helfen. Mit finanzieller Förderung der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe wurde das „Berliner Stipendienprogramm“ auf den Weg gebracht: Wir laden Journalisten aus Kriegs- und Krisengebieten für drei bis vier Monate nach Berlin ein, um sie in digitaler Sicherheit zu schulen.