2016 erregte die Studie „Die Akte Rosenburg – das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit“ großes Aufsehen. Sie zeigte auf, dass das Personal im Ministerium in der Nachkriegszeit zu über 50 Prozent aus ehemaligen NSDAP-Mitgliedern bestand. In dieser Studie wird auch ein Jurist genannt, der Anfang der 1960er-Jahre für Schlagzeilen sorgte: Wolfgang Fränkel, der 1962 zum Generalbundesanwalt ernannt worden war.
Experten prüfen NS-Vorbelastung
Abgesehen von diesem Fall war bisher aber noch unklar, in welchem Umfang NS-vorbelastete Mitarbeiter die Arbeit der Bundesanwaltschaft prägten und welchen Einfluss sie ausübten. Deshalb habe er Anfang 2018 den Rechtswissenschaftler Christoph Safferling und den Historiker Friedrich Kießling damit beauftragt, die NS-Vergangenheit von Mitarbeitern der Karlsruher Behörde zu beleuchten, so der amtierende Generalbundesanwalt Peter Frank.
„Konkret stehen folgende Fragen in der Untersuchung im Mittelpunkt: Welches Personal war wie vorbelastet? Gab es Mitgliedschaften in der NSDAP, in verschiedenen NS-Organisationen? Welche Funktionen hatten diese vorbelasteten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach 1950 in der Behörde? Hat sich diese Belastung aus der NS-Zeit in der Arbeit widergespiegelt?“
„Unbeschränkter Einblick in die Akten“
Nach Angaben von Generalbundesanwalt Frank hatten die Wissenschaftler unbeschränkten Zugang zu allen wichtigen Akten, insbesondere den Personalakten von Mitarbeitern. „Es gab keinerlei Beschränkungen unsererseits auf den Aktenzugriff. Sie konnten in jede Akte, die sie sehen wollen, auch Einsicht nehmen.“
50 Prozent waren in der NSDAP
Dabei fanden sie heraus, dass im gesamten Untersuchungszeitraum – der bis 1974 reicht – jeder zweite überprüfte Mitarbeiter früher der NSDAP angehörte. Die Experten untersuchten auch, welchen Einfluss die politische Vorbelastung auf die Arbeit der Bundesanwaltschaft hatte.
Auch dies werde in der Studie breit thematisiert, so Generalbundesanwalt Frank: „Professor Safferling hat dabei insbesondere die Prozesse um die Kommunistenverfolgung, aber auch in der Spiegelaffäre thematisiert.“
Aufarbeitung ist von aktueller Brisanz
Ende des Jahres sollen die Ergebnisse der Studie ausführlich präsentiert werden. Die Aufarbeitung ist auch deshalb so wichtig, weil sich in jüngster Zeit rechtspopulistisches und rechtsradikales Gedankengut, etwa über soziale Netzwerke im Internet, wieder stärker verbreitet. Damit werden zunehmend auch die staatlichen Sicherheitsbehörden konfrontiert.
Hinzu kommt, dass die Verfolgung von rechtsterroristischen Straftaten ein sehr wichtiger Teil der Arbeit der Bundesanwaltschaft ist. „Wir, die Bundesanwaltschaft, sind dazu berufen, mit den Mitteln des Rechts die freiheitlich demokratische Grundordnung zu verteidigen,“ sagt Frank.
Der kritische Blick auf die eigene, NS-belastete Vergangenheit schärfe dieses Bewusstsein.
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„Heutigen Angriffen entgegenstellen“
Heutzutage stelle er fest, dass aus unterschiedlichen Richtungen wieder der Versuch unternommen werde, Werte von Freiheit, Gleichheit und Demokratie zu zerstören. „Wenn wir verstehen, auf welchem Trümmerfundament die Bundesrepublik Deutschland errichtet wurde, dann müssen wir die Folgerungen ableiten für die Zukunft, wie wir sie gestalten wollen. Dann müssen wir uns allen Angriffen gegen dieses Wertesystem – sei es von rechts, von links oder religiös basiert – mit Nachdruck entgegenstellen.“ Rechtsredaktion Klaus Hempel