Gleichwie viele Wege nach Rom führen,  gibt es viele Gründe, WhatsApp abzulehen. Die richtige Messaging-Alternative zu finden, ist aber alles andere als leicht: Es gibt kaum eine App, die im Leben so vieler Menschen eine Rolle spielt wie Whatsapp. 2009 von Jan Koum und Brian Acton gegründet, entwickelte sich der Dienst rasant zu einer Konkurrenz für SMS und andere Messenger, die auf veraltete Protokolle setzten. Zu Beginn war die Anwendung nicht mehr als eine Art schwarzes Brett für Statusmeldungen. Nutzer konnten ihre Gedanken posten, Freunde hatten die Möglichkeit, diese Meldungen zu lesen. Mit der Zeit verwandelten die Entwickler ihre Erfindung in einen Kurznachrichtendienst.

Die Vorteile von Whatsapp damals lagen auf der Hand: plattformübergreifende Kommunikation mit dem Smartphone und das auch noch kostenlos. Eine einfache Registrierung und der ebenfalls mögliche Austausch von Fotos und Videos taten das Übrige dazu. Seitdem ist viel Zeit vergangen und in der Welt von WhatsApp hat sich einiges getan. Nach der Übernahme durch Facebook für 19 Milliarden US-Dollar entstanden bei so manchem Nutzer Sorgenfalten. Der Umgang mit Nutzerdaten durch das soziale Netzwerk wurde schon damals kritisch beäugt. Befürchtungen, dass WhatsApp ein ähnliches Schicksal droht, waren alles andere als unbegründet.

Zusicherungen, dass sich nichts verändert und die beiden Erfinder das Ruder in der Hand behalten würden, sollten besorgte Nutzer beruhigen. Auch die Implementierung von End-to-End-Verschlüsselung brachte etwas Ruhe. Mittlerweile sind die Gründer aus Unzufriedenheit nicht mehr bei Facebook am Werk, der Zuckerberg-Konzern hat mit der Verschmelzung seiner Plattformen begonnen und bald soll auch Werbung in der App erscheinen. Dass Facebook auch noch Zugriff auf jede Menge Metadaten von WhatsApp hat und den Vorwurf nicht los wird, die Ende-zu-Ende-Verschlüsslung nur schlampig implementiert zu haben, sollte Grund genug sein, sich nach Alternativen umzusehen.

Signal

2010 als TextSecure und RedPhone gestartet, zählt Signal heutzutage zu den Vorreitern in Sachen Sicherheit. Der für iOS, Android und einige andere Plattformen verfügbare Kurznachrichtendienst ist nicht erst seit der Empfehlung von Edward Snowden die erste Anlaufstelle für Verfechter des Datenschutzes.

Unter dem Projektnamen „Open Whisper Systems“ stetig weiterentwickelt, gibt es gleich mehrere Gründe, die für Signal sprechen. Die App ermöglicht plattformübergreifende Kommunikation, selbst auf Betriebssystemen, die nicht so stark verbreitet sind. Der Quellcode ist öffentlich einsehbar und kann von jedermann kontrolliert werden. Die implementierte End-to-End-Verschlüsselung gilt als das Nonplusultra auf seinem Gebiet. Ebendiese kommt etwas überraschend sogar bei WhatsApp zum Einsatz. Wenn es um Features geht, ist der Messenger dafür eher zurückhaltend. Grundfunktionen wie Gruppenkonversationen, Dateiversand und Sprachanrufe sind vorhanden. Auch ein Zerstörungsmodus für Nachrichten gibt es. Ausschweifende Experimente mit besonderen Features sind bei Signal aber nicht zu erwarten.

Gerne kritisiert wird auch, dass Signal eine Registrierung nur via Telefonnummer zulässt. Signal überträgt bei Nutzung der App aber immerhin nur einen Hash. Die Server der Anwendung bekommen also nie die Nummern im Klartext zu sehen und versuchen über verschiedene Methoden auch möglichst keine Spuren der Daten zu hinterlassen. Kritisch beäugt werden auch die vielen Berechtigungen, die vor allem auf Android-Geräten eingefordert werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, muss aber kaum eine dieser Berechtigungen erteilen, um die App verwenden zu können. Eine umfangreiche Auflistung erklärt außerdem, wofür welche Berechtigungen genutzt werden.

Threema

Der in der Schweiz ansässige Messaging-Dienst Threema wird immer wieder in einem Atemzug mit Signal genannt, unterscheidet sich in manchen Punkten jedoch massiv. Erstmals 2012 auf dem Markt erschienen, möchten die eidgenössischen Entwickler eine sichere Alternative zu WhatsApp und Co. anbieten. Deshalb geht man beim Konzept der App an manchen Stellen einen eher ungewöhnlichen Weg. Zuallererst sind da die Kosten. Im Vergleich zu den vielen anderen Anbietern ist Threema eine der wenigen Messaging-Apps, die ihre Services nur gegen Geld anbietet. Diese macht gleich aus mehreren Gründen Sinn, hat aber auch entscheidende Nachteile.

So werden die Infrastruktur und Entwicklung ausreichend finanziert. Gleichzeitig scheinen sich die Kosten aber auch auf die Verbreitung auszuwirken. Mit Nutzerzahlen im niedrigen einstelligen Millionenbereich ist es eher unwahrscheinlich, viele Freunde in der App zu finden. Was die Features angeht, bringt die Schweizer App alles mit, was ein ein guter Messenger braucht. Gruppenfunktionen, Versand von Fotos und Videos, Sprachanrufe und eine Art Safe für die Sicherung von Daten sind vorhanden. Eine Besonderheit ist die Anmeldung bei Threema. Hier ist man einer der einzigen Anbieter, der keine E-Mail-Adresse oder Handynummer verlangt.

Stattdessen kann auch über die Threema-ID kommuniziert werden. Diese fördert die Anonymität und kann jederzeit widerrufen werden. Die Server von Threema befinden sich in der Schweiz, unterliegen also der Schweizer Rechtssprechung und der DSGVO. Einen entscheidenen Nachteil hat der Dienst aber beim Code. Dieser ist nicht öffentlich einsehbar, kann also nicht ohne weiteres von unabhängigen Stellen kontrolliert werden. Stattdessen ist man auf den guten Willen des Anbieters angewiesen, der externe Firmen zu Audits zulässt. Diese haben zwar bereits mehrmals stattgefunden und resümierten positiv, vollständig sicher sein kann man sich bei Closed-Source-Anwendungen trotzdem nie.

Abschied von WhatsApp: Fünf gute Gründe, den Messenger zu wechseln

Andere von einem Wechsel des Messengers zu überzeugen, kann mühsam sein. Deshalb haben wir ein paar Argumente zusammengestellt, warum man diesen Schritt jetzt gehen sollte.

Im Streit darum, welcher Messenger der sicherste und datenschutzfreundlichste ist, gibt es viele Meinungen. Nur in einem sind sich alle einig: WhatsApp geht einfach gar nicht. Dass nun wahr wird, was viele seit dem Kauf des Messengers 2014 durch Facebook erwartet haben, bestätigt diese Sichtweise: In Zukunft wird der Messenger persönliche Daten seiner Nutzer mit dem Plattformriesen teilen, damit dieser auf noch mehr private Informationen für die Personalisierung von Werbung zurückgreifen kann.

Dass man dabei widersprechen kann, treibt die Sache auf die Spitze. Sie stellt schließlich für Werbetreibende einen zentralen Identifikator dar, anhand dessen viele Informationen aus unterschiedlichen Quellen verknüpft und einer einzelnen Person zugeordnet werden können.

Die Hersteller des alternativen Messengers Threema haben zwar gerade verkündet, dass die Downloadzahlen ihrer App sich in Anbetracht dieser Ankündigung in den vergangenen Tagen verdreifacht haben. Ansonsten muss man jedoch ernüchtert feststellen: Mit Ausnahme einer gewissen Privacy-Avantgarde erfreut sich WhatsApp nach wie vor großer Beliebtheit und ist aus dem Alltagsleben vieler Menschen kaum wegzudenken.

Die Veränderung liegt in unseren Händen

Wir finden, dass es Zeit für die nächste Abschiedswelle ist. Klar: Kommunikationsdienste sind attraktiver, je mehr Menschen man über sie erreichen kann. Doch deshalb braucht es gerade jetzt noch mehr Mutige, die vorangehen und Facebooks Datensauger den Rücken kehren. In den Kommentaren hier im Blog war in der vergangenen Woche jedoch auch viel Resignation zu spüren: Der Versuch, andere von einem Abschied von WhatsApp zu überzeugen, scheint manchmal aussichtslos.

Dabei gibt es auch viele Erfolgsgeschichten von Menschen, die Freunde, Bekannte und Familie überzeugen konnten, zu einem anderen Dienst zu wechseln. Wir haben deshalb ein paar Argumente zusammengestellt, die dabei unterstützen können, andere von einem Wechsel zu überzeugen:

  • WhatsApp ist nicht kostenlos: Nein, auch wenn man die App kostenlos herunterladen kann – umsonst ist sie nicht zu haben. Dass man mit den eigenen Daten bezahlt, klingt inzwischen zwar abgedroschen – trifft den Nagel aber auf den Kopf. Was Facebook finanziell so erfolgreich macht, sind die umfassenden Informationen, die das Unternehmen über seine Nutzer und auch Menschen ohne Account sammelt – und die Fähigkeit, unsere Aufmerksamkeit, unsere Emotionen und unsere Informationen zu vermarkten.
  • Endlich mit ruhigem Gewissen chatten:
  • Anders als WhatsApp sind viele Alternativen Open-Source-basiert. Das heißt, dass der Quellcode der Programme einsehbar ist und von unabhängigen ExpertInnen geprüft werden kann. Man muss sich also nicht auf Versprechen verlassen, dass wirklich hohe Sicherheitsstandards zum Einsatz kommen, sondern kann sich wirklich sicher sein.
  • Es ist so einfach: Viele Alternativen zu WhatsApp sind inzwischen genau so einfach zu bedienen und verfügen über gleiche oder ähnliche Features wie der Marktführer. Weder für die Installationen noch für die Anwendung benötigt man heute noch technisches Fachwissen.
  • Gegen den intransparenten Monopolisten: WhatsApp gehört Facebook. Das Unternehmen beherrscht mit seiner Netzwerkplattform, seinen beiden Messengern und seinem Fotodienst Instagram weite Teile des Social-Media-Marktes. Während der Konzern mit den Informationen über Nutzer Millardengewinne macht, ist er gleichzeitig für seine eigene Intransparenz bekannt. WhatsApp musste sogar erst gerichtlich dazu verdonnert werden, die AGBS und Datenschutzbestimmungen auf deutsch bereitzustellen. Und auch wenn es bequem ist, (fast) alle Menschen über eine App erreichen zu können: Wo ist eigentlich das Problem, wenn sich die Kontakte nun auf zwei Dienste verteilen? Eine App mehr oder weniger macht für die meisten Smartphone-Besitzer nun wirklich keinen Unterschied, gerade wenn man sich darauf verlassen kann, dass sie sicher und datensparsam sind.
  • Vorangehen lohnt sich: Auch wenn es für manche unvorstellbar scheint: Ein Leben ohne WhatsApp ist möglich. Wirklich wichtige Menschen werden folgen oder es werden sich andere Kommunikationsmöglichkeiten mit ihnen auftun. Und vielleicht wirkt sich Reduktion der täglichen Kommunikationspartner ja sogar positiv auf das eigene Wohlbefinden aus. Noch wichtiger aber ist: Wenn alle darauf warten, dass sich von allein etwas ändert, wird nichts passieren. Nur wenn es starke Zugpferde gibt, die vorangehen und WhatsApp verlassen, kann Bewegung in die Sache kommen. Vielleicht hilft es, mit der Überzeugungsarbeit erstmal im persönlichen Nahbereich anzufangen und guten Freunden deutlich zu kommunizieren, dass es einem wichtig ist, den Draht zu ihnen zu behalten. Bei der Gründung gemeinsamer Gruppenchats darauf zu bestehen, einen datensparsamen Messenger zu nutzen, kann hingegen nützlich sein, auch entferntere Bekannte auf Alternativen zu stoßen.

Die Frage, zu welchen Alternativen ein Wechsel zu empfehlen ist, wollen wir an dieser Stelle hier bewusst nicht adressieren, weil sie nicht ohne Weiteres zu beantworten ist. Es gibt neben den Diensten Threema und Signal viele kleinere Alternativen zu WhatsApp – eine umfassende Bewertung der technischen, organisatorischen und juristischen Faktoren ist da gar nicht so einfach. Die US-amerikanische Electronic Frontier Foundation (EFF) hatte mal eine übersichtliche Analyse veröffentlicht, die sie aufgrund notwendiger Aktualisierungen inzwischen aber explizit zurückgezogen hat. Eine Neuauflage ist laut EFF jedoch in Arbeit. Auch wenn es an alternativen Angeboten ebenfalls einzelne Kritikpunkte gibt: Besser als WhatsApp sind sehr viele von ihnen.

Juni 2019 | €uropa | Kommentieren