Polizisten in NRW. (Quelle: Noah Wedel/imago images) |
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Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser, |
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hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages – heute von mir als Stellvertreter von Florian Harms: |
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WAS WAR? |
Diese Zahlen sind ganz besondere, weil sie die ersten sind. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat das bundesweit erste Lagebild zur Clan-Kriminalität veröffentlicht. Ergebnis: In NRW gebe es 104 kriminelle Clans. In den Jahren 2016 bis 2018 sollen die für rund 14.000 Straftaten verantwortlich sein, begangen von 6.500 Verdächtigen. Von den Straftaten seien 26 Tötungsdelikte, davon 24 Versuche und zwei vollendete. Das sind hohe Zahlen, die NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) da präsentiert hat. |
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Fakt ist: Die Bundesländer haben das Thema Clan-Kriminalität eher jahrzehntelang als jahrelang verpennt. Das hat Reul selbst noch im Februar zugegeben. Deshalb sind die Zahlen so hoch. Deshalb hat es so lange gedauert, bis es jetzt überhaupt welche gibt. Und deshalb haben mehrere Bundesländer und insbesondere die Städte Essen, Berlin oder Bremen ein riesiges und gefährliches Clan-Problem. |
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Expertengremien von Polizei und Kriminalämtern in Bund und Ländernarbeiten angeblich seit Monaten an einer besseren Erfassung der Straftaten von Clans – sowie an einer besseren Definition und Abgrenzung anderer Bereiche organisierter Kriminalität. Sonderlich viele Ergebnisse sind dabei offensichtlich noch nicht rum gekommen. |
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Immerhin in NRW sind sie mittlerweile wach. Das Landeskriminalamt in Düsseldorf gründete erst im Dezember 2018 eine Task Force mit Clan-Fokus. Es folgten diverse Razzien. Sie hat den Kampf gegen Raub, Erpressung und Körperverletzung also aufgenommen. Da helfen neben den Zahlen insbesondere weitere Erkenntnisse. Der Ursprung der Clans seien türkisch-arabischstämmige Großfamilien. Viele Clan-Mitglieder hätten keinen oder einen niedrigen Schulabschluss, aber große Erwartungen an ihren Lebensstandard. Einkünfte würden aus Drogenhandel, Shisha-Bars, Wettbüros und dem Autohandel kommen, aber auch aus Betrugsmaschen. |
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Die betroffenen Länder müssen schlicht noch mindestens einen Gang hochschalten. Die Razzien der vergangenen Monate und nun die Erhebung der Zahlen in NRW können nur der Anfang sein, um die entstandenen Parallelstrukturen und die Paralleljustiz zu zerschlagen, wie NRW-Justizminister Peter Biesenbach sie nannte. |
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- Gerade die Hotspots für Clan-Kriminalität wie Berlin und Bremen müssen nachziehen und ebenfalls schnellstmöglich Lagebildererarbeiten und veröffentlichen. Das gilt natürlich auch für andere Länder wie Niedersachsen, die ebenfalls unter Clans leiden. Und für den Bund.
- Die Länder müssen endlich Erkenntnisse austauschen und wirklich zusammen arbeiten – statt nur darüber zu reden.
- Die Länder müssen selbstbewusst auftreten und das geltende Recht durchsetzen. Reul sagt beispielsweise: „Das können Clans gern als Drohung oder als Kampfansage verstehen. Bei uns gilt nicht das Recht des Clans, sondern das Recht des Staates.“
- Sie müssen zugleich Mitgliedern der Clans den Ausstieg ermöglichen aus dem Teufelskreis – und Zeugen noch besseren Schutz garantieren.
- Das Gesetz zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung sieht seit 2017 bereits eine teilweise Umkehr der Beweislast vor und muss noch konsequenter umgesetzt werden: Verdächtige müssen die Herkunft ihres Vermögens belegen. Besteht kein Zweifel daran, dass Vermögen aus kriminellen Handlungen herrührt, kann es auch dann eingezogen werden, wenn die konkrete Straftat, aus der es stammt, nicht nachgewiesen werden kann. Durch Beschlagnahmungen müssen die Clans finanziell ausgetrocknet werden.
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Die Zeit drängt, will man den Kampf gegen die Clan-Kriminalität noch gewinnen. Die Zahlen aus NRW sind da eindeutig eine Warnung. |
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