Tagesanbruch: Türkei – alle Macht dem Sultan. Präsident Erdogan.
Präsident Erdogan. (Quelle: imago images)
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:
WAS WAR?
Die Türkei ist ein großartiges Land, aber ihr politisches System hat unter Recep Tayyip Erdogan Züge einer Autokratie angenommen. Der Präsident geriert sich als Sultan, duldet keinen Widerspruch und erst recht keine Risse in seiner Allmacht. Umso heftiger muss ihn die Wunde geschmerzt haben, die ihm die Bürger Istanbuls bei den Kommunalwahlen Ende März zufügten: Ein Vierteljahrhundert lang war die Metropole von islamisch-konservativen Bürgermeistern seiner AKP-Partei regiert worden, er selbst zählte einst dazu – und nun schnappte sich ein Oppositionspolitiker von der CHP-Partei den Sieg. Gerade mal 24.000 Stimmen betrug dessen Vorsprung, nach einer Neuauszählung nur noch 15.000 Stimmen. Aber Mehrheit ist Mehrheit, so ist das in einer Demokratie.
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Aber eben nicht in einer Autokratie. Gestern hat die türkische Wahlkommission die Abstimmung in Istanbul annulliert und eine Wiederholung angeordnet. Der Grund: Erdogan und seine AKP finden, die Wahl sei “regelwidrig“ abgelaufen. Selbstverständlich haben sie damit Recht. In einem Land, in dem der Sultan über allem steht und seine Macht von niemandem in Frage gestellt werden darf, müssen seine Gefolgsleute selbstverständlich auch die größte Stadt beherrschen. Logisch. Nur mit Demokratie hat das dann nicht mehr viel zu tun. Das merken auch Investoren:Prompt verlor die kriselnde Lira noch mehr an Wert. Der Sultan nimmt das in Kauf, aber die einfachen Bürger trifft es hart. Sie demonstrieren seit Stunden, indem sie mit Kochlöffeln auf Töpfe schlagen.Bittere Töne in einem großartigen Land.
Mai 2019 | €uropa | Kommentieren