Neun Prozent aller Erstwähler haben laut einer ARD-Umfrage bei der Europawahl eine Satirepartei gewählt: Die Partei ist bei ihnen stärker als die SPD. Insgesamt konnte Die Partei mit (Bild): ihren Spitzenkandidaten Martin Sonneborn (li., MdEP) und Nico Semsrott ( Demotivationstrainer ) ihren Stimmenanteil auf mehr als 2,4 Prozent verdreifachen – und sitzt künftig mit den beiden Satirikern im Europaparlament. Einen weiteren Sitz verpasste die Partei nur knapp.
Wofür steht die Partei wirklich? Was erhoffen sich so viele junge Leute?
Viele Menschen fragen sich das nach der Europawahl. Nicht nur die fehlende Nominierung von Frauen (bento) auf einem der vorderen beiden Plätzen sorgt für Kritik. Auch dass Parteichef Martin Sonneborn in den vergangenen fünf Jahren abwechselnd mit Ja und Nein stimmte, findet nicht jeder lustig, auch wenn Sonneborn verteidigend auf seine Rolle bei wichtigen Entscheidungen hinweist. Ist Satire in einem Parlament ein Privileg, das man sich nur leisten kann, wenn man Probleme nicht ernst nimmt? Oder garantiert Die Partei Aufmerksamkeit für Themen, die es sonst schwer hätten – gerade weil sie von Satirikern geführt wird?
Sören, 28, angehender Lehrer
Ich habe mich erst in der Wahlkabine entschieden. Eigentlich bin ich CDU-Wähler. Aber die Schwarzen haben es verpasst, auf wichtige Fragen echte Antworten zu geben, vor allem für junge Menschen. Lippenbekenntnisse zum Klimaschutz reichen nicht mehr. Wie Wirtschaft und Umweltschutz zukunftsfähig vereinbar sein sollen, hat die Union bis heute nicht wirklich erklärt. Auch bei anderen Themen wie Pflegenotstand und Fachkräftemangel vermisse ich Antworten.
Ich bin angehender Lehrer. „Fridays for Future“ nur mit Verweis auf die Schulpflicht abzulehnen, finde ich zu wenig. Ich finde, man muss auch inhaltlich auf die Fragen der jungen Menschen eingehen.
Dass ich die „Partei“ gewählt habe, war für mich ein Zeichen von intellektuellem Protest.
Martin Sonneborn hat das ja kürzlich so ähnlich gesagt: die dummen Protestwähler wählen die AfD, die intelligenteren die Partei. Ich bin sogar selbst 2012 Mitglied geworden, war aber nur kurz lokal aktiv. Gewählt habe ich immer anders.Für mich ist Satire eine legitime Form, Kritik zu üben. Vor allem in einer Zeit, in der viele andere Parteien immer angepasster werden. Mit den Aktionen der Partei werden Menschen immer wieder neu dafür sensibilisiert, wie Politik funktioniert. Inhaltlich erwarte ich von meiner Wahlentscheidung aber nicht viel. Ich sehe mich noch zu sehr als Wertkonservativen, als dass ich es übers Herz gebracht hätte, tatsächlich die Grünen zu wählen.
Marie, 23, Krankenschwester
Am Anfang hat Die Partei sicherlich viel Blödsinn ausprobiert, aber inzwischen ist sie für mich eine ernsthafte Alternative. Die Reden von Martin Sonneborn finde ich richtig gut. Was Nico Semsrott auf Youtube und Twitter macht, gefällt mir.Ansonsten hätte ich vielleicht die Linken oder die Grünen gewählt, aber am Ende sind die auch schon etabliert. Die CDU hat sich christliche Politik auf die Fahnen geschrieben, ist aber für eine Obergrenze und gegen das aktive Retten von Menschenleben. Das empört mich.