Nicht nur wer an der Supermarktkasse steht, weiß: Plastiktüten sind Teufelszeug. Doch der beliebte Baumwollbeutel ist nicht in jedem Fall besser. Im Gegenteil – seine Ökobilanz ist noch viel übler. Entscheidend ist etwas ganz anderes. Lange gehörte sie zum Alltag dazu, sie war zuverlässig, haltbar und billig. Doch seit einigen Jahren ist die Plastiktüte der Bösewicht unter den Einkaufstaschen. Vor allem, wenn man an vermüllte Strände denkt, an Wale, die an ihnen ersticken, an (Bild) Plastikinseln im Pazifik. 2016 verpflichteten sich viele deutsche Unternehmen, keine Plastiktüten mehr umsonst abzugeben – seitdem ist der Verbrauch dramatisch gesunken.

Eine Lkw-Ladung pro Minute Taucher dokumentiert Vermüllung der Meere

Als Alternative hat sich der Jute- oder Baumwollbeutel durchgesetzt. Es ist nicht schwer, jederzeit so einen Beutel dabeizuhaben, aber manchmal hat man ihn eben vergessen. Wer dann an der Supermarktkasse aus schlechtem Gewissen gleich noch einen Jutebeutel kaufen möchte, sollte sich das gut überlegen. Denn wie der Naturschutzbund (Nabu) auf seiner Internetseite mitteilt, hat ein Beutel aus konventioneller Baumwolle (nicht Bio) eine 100 Mal schlechtere Ökobilanz als eine Plastiktüte. Die berücksichtigt die Auswirkungen auf die Umwelt bei Herstellung und Transport.

Das bedeutet, dass ein Baumwollbeutel „über hundertmal so oft wie eine erdölbasierte Kunststofftüte genutzt werden muss, um die schlechtere Klimabilanz auszugleichen“, wie es beim Nabu heißt. Es habe keinen Sinn, für einen einzigen Einkauf einen Stoffbeutel zu kaufen und diesen dann zu Hause auf den Stapel der dort bereits lagernden Stoffbeutel zu legen. „Der Stoffbeutel ist ökologisch nur besser, wenn er häufig zum Einsatz kommt“. Aus dem gleichen Grund sind auch Tragetaschen aus reißfestem Plastik sinnvoll, wenn sie besonders häufig genutzt werden.

Entscheidend ist der mehrfache Einsatz

Auch Papiertüten sind keine Alternative für den Einmaleinsatz. Auch sie muss „schätzungsweise dreimal so oft genutzt werden wie eine erdölbasierte Plastiktüte, damit sich die Klimabilanz ausgleicht“. Das liege daran, dass bei der Herstellung besonders viel Energie und Wasser verbraucht werde und überdies Chemikalien eingesetzt werden, um die Tüte haltbar zu machen.

Ganz entscheidend ist also der mehrfache Einsatz. „Plastiktüten sind nicht per se schlimm“, heißt es auch beim Umweltbundesamt. Wer weiß, dass er den Tragebehälter nur einmal verwenden kann, sollte demnach also die Plastiktüte nehmen und sie zumindest noch als Mülltüte verwenden oder aber anschließend in den Gelben Sack stopfen, damit sie nicht in der Umwelt landet. Besser wäre es, die Plastiktüte mehrfach zu verwenden.

Lieber Mehrweg-Plastik als Einweg-Glas

Das trifft auch beim Vergleich von Glas und Plastik zu. Laut Nabu haben Mehrweg-Plastikflaschen eine bessere Ökobilanz als die aus Glas. Das liege daran, dass das Transportgewicht geringer sei und daher beim Transport die Umwelt weniger belastet werde. Dementsprechend ist es aus ökologischer Sicht am besten, Mehrwegflaschen aus der Region zu verwenden, also das heimische Mineralwasser oder Bier zu trinken. Für die Mehrwegflaschen aus Glas wird 8 Cent Pfand erhoben, für die aus Plastik sind es 15 Cent.

Refinanzierung oder Umweltschutz? Wohin das Geld für Plastiktüten fließt

Zu vermeiden seien dagegen Einwegflaschen, selbst wenn sie aus Glas sind. Denn das Einschmelzen von Glas sei sehr energieintensiv. Für Einwegflaschen aus Plastik wird Pfand in Höhe von 25 Cent erhoben. Wenn es doch einmal eine Einweg-Verpackung sein muss, sollte man zu Getränkekartons greifen. Die haben eine recht gute Ökobilanz, weil sie größtenteils recycelt werden und durch ihr geringeres Gewicht den Transportaufwand senken.

All die akzeptablen Eigenschaften von Plastiktüten und auch Mehrwegplastik werden aber zweitrangig, wenn sie achtlos weggeworfen und nicht recycelt werden. Denn Plastik benötigt mehrere Hundert Jahre, um zu zerfallen. Gelangen Tüten aus Plastik ins Meer, sind sie tatsächlich eine Gefahr für Meeresbewohner, im Gegensatz zu anderen Materialien. Daher rufen Umweltschützer dazu jeden Einzelnen auf, herumfliegende Plastiktüten aufzulesen und in die nächste Mülltonne zu werfen.

Mai 2019 | Allgemein, Gesundheit, In vino veritas, Junge Rundschau, Politik, Sapere aude, Senioren | Kommentieren