Dieser Mann ist ein Illusionskünstler, der seiner Wählerschaft zwei Botschaften vermittelt: Ihr seid Opfer, aber ihr werdet Sieger sein, wenn ihr mir folgt. Wie ein Trickbetrüger redet er seinen Gefolgsleuten ein, dass sie sich ihm anvertrauen müssen, weil gewaltige Gefahren auf sie lauern. Nur er könne sie beschützen. Mehr als diese simple Kausalität hat Trump nicht zu bieten. Weil er aber den versprochenen Schutz nicht liefern kann, muss er die Gefahr immer gruseliger beschreiben: Terroristen an der Grenze, nur durch Mauern aufhaltbare Flüchtlinge, Zölle gegen die Bedrohung der nationalen Sicherheit, ein Regierungsstillstand und am Ende gar ein nationaler Notstand zur Umgehung der Gewaltenteilung und zum Schutz vor dem politischen Gegner.
Über den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un ist vergleichsweise wenig bekannt. Anders als bei Trump gibt es keine Durchstechereien aus der Regierungszentrale in Pjöngjang, anders als die USA ist Nordkorea immer noch ein verschlossenes und zumindest nach außen hin homogen wirkendes System.
Zwei Herrscher-Typen spielen Gipfel, aber Substanz sollte niemand erwarten
Zwar wurde eifrig gereist und verhandelt, aber weder zeigt Nordkorea eine glaubwürdige Bereitschaft zur Denuklearisierung, noch werden die USA das Sanktionsregime in einem Zug-um-Zug-Verfahren lockern. Das Misstrauen der Apparate ist prinzipiell, weil die Beamten bis hin zum Nationalen Sicherheitsberater im Weißen Haus die Spielernatur der Symbolfiguren an der Spitze richtig einschätzen. Es geht um die Illusion, nicht um die Substanz.
Zu dieser Illusion könnte gehören, dass Kim und Trump den Beginn von Verhandlungen ankündigen, um den Waffenstillstand von 1953 in einen Friedensvertrag umzuwandeln. Das würde einen gewaltigen Mediendonner auslösen und den Trickbetrügern den nicht ganz unberechtigten Eindruck vermitteln, dass ihr Plan aufgeht. In Wahrheit aber wird nichts erreicht sein: Weder kann eine US-Regierung mit einem totalitären, stalinistischen Verbrecherregime eine Normalität im Umgang erreichen, noch kann dieses Regime seine Nuklearwaffen und damit seine Überlebensgarantie aus der Hand geben, ohne den eigenen Untergang befürchten zu müssen.
Nach dem Singapur-Gipfel wurde Trump von vielen in Südkorea bis Europa für seinen unkonventionellen Umgang und die Geradlinigkeit gelobt. Japans Premier Shinzo Abe schlug den Präsidenten (aus sehr eigenen, taktischen Motiven) gar für den Friedensnobelpreis vor. Und so wird es auch diesmal sein, dass der Kim-Trump-Gipfel mit großer Politik verwechselt wird. Dabei handelt es sich um einen ganz großen Trick aus dem Illusionstheater: Gegeben wird eine große Szene, aber hinter der Kulisse herrscht eine andere Realität.
Wenn es die USA tatsächlich ernst meinen mit dem politischen Fortschritt, dann müsste ein konkreter Plan verabredet werden, in dem Schritt um Schritt durch konkrete Zugeständnisse beider Seiten Kapital auf das Vertrauenskonto fließt. Das wäre ein mühsamer, sehr langwieriger Prozess, der Trump und Kim das Spektakel nimmt und den Spielern ihre wichtigste Währung: die Unberechenbarkeit. Aber warum sollte sich Trump darauf einlassen?
Er bekommt doch jetzt schon, was er will. Und was er braucht: Drama, pur. Um von seiner „Integrität“ abzulenken!