Mit dem derzeitigen Merkel’schen Mantra (frei nach Kungfutse: „Lun Yu. Gespräche“) des Gucken-wir-Mals (nicht so genau hin) und des Sollen-sich-doch-erst-mal-die-Anderen-Bewegens können wir uns künftig nicht retten. Seit dem 1. Januar sitzt Deutschland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Deutsche Diplomaten sagen: Das ist gerade jetzt eine historische Gelegenheit, die Zeitläufe mitzugestalten und sich weltweit für Multilateralismus, Pluralismus und Demokratie einzusetzen. Aus dem Berliner Regierungsviertel ist zu hören, dass die Bundeskanzlerin nun, auf den letzten Metern ihrer Amtszeit, bereit ist, vehementer für diese Werte einzutreten. Um in sowohl Europa wie auch in der Welt weiterhin zu bestehen, muss Deutschland  auch im Inneren möglichst stark und geeint sein. Die Voraussetzungen dafür sind trotz Vielerlei und Alledem gut: Es herrscht nahezu Vollbeschäftigung, die Steuereinnahmen sprudeln, der Bund kann zwar so viel Geld investieren wie nie zuvor:

370 Milliarden Euro!
Zugleich aber ist die Infrastruktur in unserem Land vielerorts miserabel.

Zählen wir mal auf: Unsere Straßen sehen schlechter aus als in Frankreich,
unsere Flughäfen wirken armselig im Vergleich zu spanischen.
Warum können unsere Kitas und Schulen schon äußerlich nicht
mit Schweden oder Finnland konkurrieren?
Warum arbeitet unser Internet nur halb so schnell und gut wie das in Lettland oder Litauen?
Und warum funktioniert in Wien der soziale Wohnungsmarkt,
während in München, Frankfurt, Heidelberg oder Köln Wahnsinnsmieten
für das Hinterletzte gezahlt werden müssen?
Deutschland ist reich, aber seine Infrastruktur verarmt.

Es fällt nicht schwer, herauszufinden, was da falsch läuft:

Die große Koalition aus CDU, CSU und SPD lässt sich offenkundig beim Geldausgeben nicht von der Frage leiten, wo all die Milliarden langfristig den größten Nutzen bewirken. Sondern von der Frage, was ihre jeweiligen Wähler gern sähen. Noch genauer: Was sie glauben, was ihre jeweilige Wähler gern sähen.

Beispiel?

Fünfeinhalb Milliarden Euro kostet das „Gute-Kita-Gesetz“ – aber anders als ursprünglich beabsichtigt, wird das Geld nun nicht in erster Linie dafür verwendet, bundesweit mehr Erzieherinnen anzustellen, längere Betreuungszeiten zu garantieren oder Kindergärten aufzumöbeln. Viele Bundesländer wollen stattdessen vor allem möglichst viele Eltern von den Kita-Gebühren befreien. Warum? Weil die SPD dies im Wahlkampf versprochen hat, und weil die Union ihren Widerstand dagegen aufgegeben hat. Dafür stimmt die SPD der Verlängerung des Werbeverbots für Abtreibungen zu. Ein klassischer Groko-Deal.

Kompromisse sind auch in einer freiheitlichen Demokratie nötig und wichtig. Aber wenn sie nur allzu oft auf Kosten einer langfristigen, nachhaltigen Zukunftsplanung gehen, wirken sie nicht nur, sondern sind: destruktiv.

Jan. 2019 | Allgemein, Gesundheit, In vino veritas, Junge Rundschau, Politik, Sapere aude, Senioren, Wirtschaft | Kommentieren