Es ist schon ein Scheißspiel: Eine Hand wäscht die andere, einmal werden die Überwachungs – Begehrlichkeiten von Regierungen befriedigt, und die jedenfalls großen IT-Konzerne werden schließlich auch etwas davon haben: David Samuels großer Essay untersucht das von Chinas gegenwärtigem Social-Scoring-System bis hin zu aktuellen Entwicklungen im Westen. Die Hinweise mehren sich, „dass die einst weit entfernten Planeten von Consumer Big Tech und (nicht nur amerikanischen) Überwachungseinrichtungen in rasantem Tempo zu einer einzigen wirtschafts-bürokratischen Lebenswelt verschmelzen, deren Potential, die Bürger zu verfolgen, zu sortieren, ihnen falsche Tatsachen vorzutäuschen, sie zu manipulieren und zu zensieren – und zu einer softeren Version von Chinas Big Brother führen könnte“.

Diese Besorgnis erregenden Trends werden teilweise noch dadurch beschleunigt, dass Big Tech sich Washington gegenüber zusehends verpflichtet fühlt, während Washington wiederum kein Interesse daran, die goldene Gans zu schlachten, die seine Taschen reich befüllt. … Als Jeff Bezos die Washington Post aufkaufte, übernahm er die direkte Kontrolle über Washingtons Lokalzeitung. Indem er eines von Amazons zwei neuen Hauptquartieren im nahe gelegenen North Virginia errichtete, wurde Bezos mit 25000 Jobs zu einem der wichtigsten Arbeitgeber in der Region. Letztes Jahr kündigte Amazon Web Services das neue Produkt AWS Secret Region an, das Resultat eines 10 Jahre laufenden, 600 Millionen Dollar umfassenden Vertrags, den die Firma nach einer Ausschreibung der CIA an Land ziehen konnte. Dies macht Amazon zum einzigen Anbieter von Cloud-Diensten, die ‚die volle Bandbreite von Datenklassifikationen abbildet, inklusive frei zugänglicher, sensibler, geheimer und absolut geheimer Daten‘, wie es in der Pressemitteillung des Anbieters heißt. Kaum waren die von Amazon betriebenen, eigenständigen CIA-Server am Laufen, beeilte sich die NSA gleichzuziehen und kündigte ihr eigenes integriertes Big-Data-Projekt an. Im vergangenen Jahr legte die Behörde die meisten ihrer Daten in eine neue, geheime Rechnerumgebung bei Amazon, bekannt als Intelligence Community GovCloud, eine integrierte Umgebung für die Zusammenlegung von Big Data, wie es die Nachrichtenseite NextGov beschreibt. Sie gestattet es den Analytikern der Regierung, ‚die Punkte‘ zwischen allen zugänglichen Datenquellen ‚zu verbinden‘, ob sie nun geheim sind oder nicht. Die Einrichtung von IC GovCloud sollte jedem Schauer über den Rücken jagen, der weiß, wie mächtig diese Systeme sein können und wie widerständig sie sich gegenüber traditionellen Formen der Aufsicht verhalten. … Microsoft reagierte prompt auf Amazons IC GovCloud mit einem auf 17 Geheimdienstbehörden maßgeschneiderten Cloud-Dienst Azure Government. Amazon und Microsoft werden sich wohl beide exzessiv um den Cloud-Dienst des Pentagon bewerben, die Joint Enterprise Defense Initiative – JEDI – ein absoluter Hauptgewinn, der wohl mindestens 10 Milliarden Dollar wert sein dürfte. Bei so vielen Goldtöpfen am Ende des Regenbogens in Washington DC scheint es für die Tech-Firmen nur eine kleine Angelegenheit zu sein, Ihre persönlichen Daten – die legal gesehen ohnehin ihnen gehören – jenen Spionage-Behörden zu überantworten, denen sie ihre Profite verdanken. Dies ist die Bedrohung, die sich gerade direkt vor unseren Augen abzeichnet. Wir sollten uns damit befassen, bevor es zu spät ist.“

Dazu passend erzählt Issie Lapowsky den langen und zehrenden Kampf des Medienprofessors David Carroll um seine von Cambridge Analytica abgegriffenen Daten.

Quellen: Wired (USA), 22.01.2019 und internationale Agenturen
Jan 2019 | Allgemein, Politik, Sapere aude, Hintergründige Auslandspresse | Kommentieren