Es ist ja nun wirklich in der Tat wirklich nicht ausschließlich  auszuschließen, dass die Antwort einer Politikerin durchaus auch mal erhellend sein kann. Erhellend sein könnte jedenfalls. Manchmal allerdings kann es auch erhellend sein, wenn Politiker gerade nicht bereit sind, eine Frage zu beantworten. In der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ versuchte Thomas Walde über fünf Minuten lang, den Standpunkt von SPD-Umweltministerin Svenja Schulze zum Tempolimit zu erfahren. Vergeblich. Das Interview macht nun – auch dank Waldes Hartnäckigkeit – die Runde im Netz:

Alsdann: Eigentlich – möchte man meinen dürfen – eine einfache Frage: In Deutschland wird gerade (mal wieder) über die Sinnhaftigkeit eines Tempolimits auf Autobahnen diskutiert und der ZDF-Journalist Thomas Walde wüsste gerne, was die Bundes-Umweltministerin dazu denkt. In der Praxis ist das dann aber doch nicht so einfach. Mehrfach versucht Walde in dem  – durchaus guten – guten Gespräch zu erfahren, wie es Frau Schulze mit dem Tempolimit hält. Die verweist immer wieder auf ein Maßnahmenprogramm des Verkehrsministers, das im März vorgelegt werden soll. Dass die Umweltministerion nicht im Alleingang ein Tempolimit beschließen kann, wird auch Walde klar sein. Seine Fragen zielten hingegen darauf, der Ministerin eine Art Standpunkt, eine Meinung zu entlocken. Immerhin hatte sich der CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer ja überdeutlich zum Thema geäußert, indem er erklärt hatte, ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen sei “gegen den gesunden Menschenverstand”.

Aber viele Fragen und Nachfragen später, lächelt die Ministerin immer noch jedes Bemühen des ZDF-Journalisten weg, eine klare Aussage zu bekommen. Stattdessen verweist sie immer und immer wieder auf den “Gesamtplan”, den es zu erarbeiten gelte.
Am Schluss versucht es Walde mit einer Zuspitzung: “Wer rasen will, wählt Andreas Scheuer. Wer ein Tempolimit will, wählt die Grünen. Was bekommen die, die Sie wählen?”
Antwort Svenja Schulze: “Von der SPD bekommen sie einen klaren Plan, wie wir CO2 reduzieren. Wir wollen nicht einzelne Maßnahmen haben, sondern wir wollen, dass wir in allen Bereichen beschreiben, wie wir CO2 jetzt wirklich reduziert bekommen und wir wollen das so machen, dass das Leben für die Menschen besser wird. Was ist eigentlich schlecht daran, wenn in den Städten die Luft besser wird, weil die Autos weniger Abgase ausstoßen, weil sie leiser sind, weil sie immer mehr mit Elektro fahren? Das ist doch ein Vorteil für alle, die in den Städten leben.” Wie unverfroren und dämlich zugleich darf denn eine Politikerin noch sein?

Alles klar? Auch die neuerliche Frage, ob sie nun für ein Tempolimit sei, wird von der Umweltministerin wieder wegredet (“Ich will einzelne Vorschläge nicht kommentieren.”) Und falls die SPD sich mal fragen sollte, warum es bei den Wahlen nicht mehr so richtig klappt, könnten sich die Genossen nochmal dieses Interview anschauen. Da ist ja unter Umständen ein Hinweis versteckt …

Und mir, mir bleibt zu sagen übrig: Nachdem ich oft genug vor der Glotze saß
und mir an den Kopf fasste, weil Moderatoren es in der Regel zulassen,
dass eine Frage mit einem dem interviewten Politiker gerade genehmen Statement
beantwortet wird und Journalisten dann den Kopf oder was immer ihnen dazu sonst noch dient, „ihn“ einzuziehen,
war das eine erfreuliche Ehrenrettung für meinen Berufsstand.
Danke dafür, Thomas Walde. (Tenno/got)

 

Jan 2019 | Allgemein, Gesundheit, In vino veritas, Junge Rundschau, Politik, Sapere aude, Senioren | Kommentieren