Anhand zahlreicher Beispiele entlarvt der Philosoph Hubert Schleichert – wienerisch charmant, witzig, geistvoll und bissig – die rhetorischen und argumentativen Tricks von Politikern, Dogmatikern und Fundamentalisten jeder Couleur. Er zeigt, wie man die Schwachstellen ihrer Diskussionsweisen und Weltanschauungen nutzt, um in Streitgesprächen gut zu bestehen.
Ein leicht verständlicher Grundkurs in Logik und Argumentation, ein wahres Lesevergnügen. Selten über Fundamentalisten so gelacht – und (klammheimlich) an die AfD gedacht.
Wenn es ein kleines Buch im Paperback-Format in 15 Jahren zu so vielen Auflagen bringt, muss davon ausgegangen werden dürfen, dass der Autor den Nervus Rerum, einen „Nerv der Zeit“ getroffen hat.
Schleicherts Darstellung ist so anregend und bestechend, dass Sie nachgerade Lust darauf bekommen werden, die Argumente eines Gegners frühzeitig zu durchschauen und sie mit der ganzen logischen Kompetenz eines klaren Verstandes zu unterlaufen.

Was  ist es, dass Hubert Schleicherts philosophische Expedition durch die Fundamentalismen der  Menschenzeit so viel Interesse hervorruft? Aktualität gewiss. Es weht aber auch ein sehr feiner subversiver Zugang durch das Buch – und stellt sich in erfrischender Weise gegen Dogmen aller Art.

Ein im besten Sinne aufklärerisches Buch, ein Lesevergnügen in Logik und Argumentationskunst.

 

Im Normalfall des Argumentierens wird versucht zu überzeugen, im Fundamentalfall – nachdem das Überzeugen nicht funktioniert hat – wird versucht, zu überreden, beginnt Schleichert auf den ersten Seiten.
Der Autor legt sehr viele philosophische Diskussionen und Beispiele der Antike und aus dem Chinesischen dar und beschreibt viele unterschiedliche Arten des Argumentierens in den ersten Kapiteln seines Buches. Der rote, aufklärerische Faden fehlt dabei nie.
Im Kapitel„Fallgruben“ schreibt der Autor über die Schwierigkeit mit Verleumdungen umzugehen und spricht damit aktuelle rassistische Strategien an, um bestimmte Menschengruppen zu diskreditieren:
„Wer mit Dreck beworfen wird, hat es schwer, sich reinzuwaschen. Je mehr man es bestreitet, desto mehr redet man darüber, und schließlich sagen die Leute, dass vermutlich doch irgendetwas daran sein dürfte. Wer sich [dabei] verteidigt, hat sich nolens volens von seinem Gegner dessen Argumentation aufzwingen lassen. Was aber kann der Angegriffene tun, außer sich zu verteidigen?
Man könne nur die Quellen lächerlich zu machen versuchen. Am besten dürfte aber wohl ein massiver Gegenangriff sein, der die Aufmerksamkeit in andere Bahnen lenkt. Das sei durchaus kein schäbiger Trick, sondern entspreche der Lage der Dinge: „Wenn Verleumdungen ohne Gründe in die Welt gesetzt werden, kann man ihnen schwerlich durch Gründe ein Ende setzen.“
Der Autor Schleichert beschäftigt sich in vielen Kapiteln mit der Moraltheorie des Christentums und den vielfältigen Rechtfertigungen von Gewalt in monotheistischen Religionen. Er stellt aber auch die ketzerisch-häretischen Argumentationslinien vor, die der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert den Weg bereiteten.
Auch setzt sich das mit den „Wahrheitsgehalt“ religiöser und manch ideologischer Schriften auseinander. Den(n) „Wahrheiten“ könne man durch interne Kritik begegnen. Interne Kritik sei aber nur dann möglich, wenn die Kritiker das „Substrat“ der Religion oder die Ideologie als Ganzes nicht in Frage stellen – die Gefahr bestehe,  womit aber viele Menschen der Kritik fehlenden Wissens wegen nicht folgen könnten.
Anders verhalte es sich bei der subversiven Kritik, den wohl spannendsten Teilen des Buches:
„Es macht das Wesen und die angebliche Verdienstlichkeit des Glaubens aus, dass er nicht auf Argumenten beruht;  was nämlich ohne Argumente geglaubt wird, kann auch niemand mit Argumenten schlüssig widerlegen. Aber man kann es erschüttern, unterminieren, untergraben.“ Das ist der subversive Gebrauch der Vernunft“.
Wenn in einer Kultur ein bestimmtes Buch als heilige Schrift gelte, dürfe man sich nicht wundern, wenn es ernst genommen werde – so beginnt das achte Kapitel „Den Gegner ernst nehmen“.
Und der Autor meint dabei nicht den Islam. sondern die zweite große monotheistische Religion des Christentums. Wenngleich auch die anderen beiden Buchreligionen Islam und Judentum dazugezählt werden können. Schleichert plädiert dafür, den Gegner solcherweise ernst zu nehmen, in dem man dessen gewalttätigen, menschenfeindlichen und totalitären Argumente durch ständiges Wiederholen und Scharfzeichnen darstellt.

Blick ins Buch

Schleichert, Hubert
Wie man mit Fundamentalisten diskutiert,
ohne den Verstand zu verlieren.
Oder Anleitung zum subversiven Denken.

Broschur 9,90 €
196 Seiten, Paperback
ISBN: 978-3-406-42144-0
Verlag C.H.Beck

 

Sep. 2018 | Heidelberg, Allgemein, Buchempfehlungen, Feuilleton, Junge Rundschau, Politik, SeniorenKommentare deaktiviert für Fundamentalisten? Anleitung zu subversivem denken & diskutieren“