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Lügenpresse? Nazis blöken das gerade mal wieder – derzeit in Chemniz. Wer oder was steckt dahinter?

[1]Kollegen von Mimikama machen einen Faktencheck: Fotojournalist Thomas Victor wird von Nazis als „der Nazi in Chemnitz“ bezeichnet beziehungsweise denunziert. Er wird mit Hilfe der Polizei und einem Anwalt juristisch gegen jene vorgehen, die diese Unwahrheit verbreitet haben.Von rechter Seite wird gerne immer wieder betont, dass sie selbst gar nicht so pöbelhaft und brutal seien, das käme alles von „links“. Beweisen sollen das Fotos von „V-Männern“. Aktuelles Beispiel: Thomas Victor …

Thomas Victor ist Fotojournalist. In dieser Funktion war er auch in den letzten Tagen in Chemnitz. Nun gibt es Filmaufnahmen und Fotos, die beweisen sollen, dass Thomas Victor selbst einen Rechten „spielte“, dort nur eingeschleust wurde, um die Leute anzustacheln und die Rechten ins schlechte Licht zu rücken.

Nur eines der vielen Beiträge, die im Internet kursieren und über die wir viele Anfragen bekamen:

Screenshot mimikama.at
Screenshot mimikama.at

„Der Hitlergruß zeigende von Chemnitz heißt Thomas Victor und ist freier Journalist bei SZ, Spiegel, Stern und die Zeit. Er provozierte auch mit Rufen wie „Unser Motto heißt Töten“ und ähnliche Parolen …“

Frage 1: Fotografierte er sich selbst?

[2]

Wie schon oben erwähnt, war Thomas Victor ebenfalls in Chemnitz und schoss dort auch einige Fotos. Allerdings muss er wohl eine Kamera mit Selbstauslöser auf einem Stativ gehabt haben, andernfalls können wir uns beispielsweise dieses Foto nicht erklären, welches von Victor geschossen wurde [3], ihn aber angeblich gleichzeitig auf dem Bild zeigt:

 

Quelle: zeit.de [3]

 

Frage 2: Die Ähnlichkeit

[4]Vergleichen wir nochmal genau die beiden Personen.
Wenn man die beiden Gesichter sehr oberflächlich betrachtet, kann man mit viel gutem Willen eine Ähnlichkeit erkennen.
Am Besten geht das, wenn man zusätzlich noch ein wenig schielt und verschwommen sieht.
Wir zeigen trotzdem noch einmal genau die Unterschiede auf:

1. Haare

[5]

Screenshot mimikama.at

Haare kann man lang wachsen lassen (dauert nur ein wenig länger) und färben. Schwierig wird es aber, wenn es um den Scheitel geht, der bei dem unbekannten Herrn auf der rechten Seite, bei Herrn Victor aber auf der linken Seite ist. Da müsste schon ein professioneller Maskenbildner am Werk gewesen sein.

2. Augenbrauen und Augen

Screenshot mimikama.at
Screenshot mimikama.at

Der unbekannte Herr hat sehr buschige, braune Augenbrauen, Thomas Victor hingegen sehr dünne Augenbrauen. Die Augenfarbe kann man bei dem Herrn auf der Demo nicht gut erkennen, wirken aber bräunlich, während der Fotojournalist helle Augen hat. Zudem ist die Augenform zu beachten, welche auf dem rechten Bild unten gerade ist, oben gebogen mit einem Schwung nach unten, bei Thomas Victor hingegen sieht man eine gleichmäßig gebogene Augenform.

3. Die Nase

Screenshot mimikama.at
Screenshot mimikama.at

Die Nase des Mannes auf der Demo hat eine wulstige Form, welche nach unten breiter wird, der Nasenrücken des Fotografen ist gleichmäßig gerade.

4. Die Kinnpartie

Screenshot mimikama.at
Screenshot mimikama.at

Nur auf dem ersten Blick haben beide Personen die gleiche Kinnform. Auf dem linken Bild erkennt man aber leichte Speckfalten zwischen Kinn und Hals, was die untere Kopfpartie insgesamt runder macht, während man solcherlei auf dem rechten Bild nicht sieht.

Frage 3: Was sagt Thomas Victor zu den Vorwürfen?

Wir baten ihn um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen. Freundlicherweise ließ er uns diesen Text zukommen:

[6]

Begegnen aber wir solch verlogenen rechten Banden mit der sicheren Überzeugung:
WIR SIND MEHR!

„Mein Name ist Thomas Victor. Ich bin freiberuflicher Fotojournalist und werde häufig für Reportagen und Dokumentationen im Osten der Bundesrepublik gebucht. Am Montag den 27.08.2018 hat mich ZEIT ONLINE beauftragt die Demonstration von Pro Chemnitz zu fotografieren. Die entstandenen Bilder wurden für verschiedene Artikel auf zeit.de und in der Printausgabe der ZEIT am 30.08.2018 benutzt.
Am Mittwoch, 29.08.2018, wurde ich zum ersten mal von einem Freund darauf hingewiesen, dass auf Twitter und Facebook das Gerücht gestreut wird, ich sei ein V-Mann, der auf der Demo am Montag den Hitlergruß gezeigt hat. Dazu wird mein Autorenfoto von zeit.de mit dem Bild eines Mannes verglichen, der den Hitlergruß zeigt, mit mir aber keine Ähnlichkeit hat. In der Zwischenzeit bekam ich einen Anruf in dem ich gefragt wurde wieviel Geld ich für den Hitlergruß bekommen habe, verschiedene Mails mit ähnlichem Inhalt und Bedrohungen und diverse Drohungen und Beleidigungen auf Facebook.
Dieses Vorgehen gegen meine Person und das unüberlegte Teilen solcher offensichtlich schlecht gemachten Fakenews enttäuscht meine Glauben an die Vernunft der Leute. Ich werde mit Hilfe der Polizei und einem Anwalt juristisch dagegen vorgehen und weiterhin von dort berichten, wo Berichterstattung notwendig ist.“

Fazit

Bei dem Herrn auf der Demo handelt es sich nicht um Thomas Victor.
Die Arbeit von Journalisten ist, gerade auf solchen Demonstrationen, ohnehin schon schwer genug. Ob da nun ein – mittlerweile hoffentlich ehemaliger – LKA-Mitarbeiter dafür sorgt, dass ein Kamerateam 45 Minuten lang festgehalten wird, man als „Lügenpresse“ beschimpft oder anderweitig angepöbelt wird. Und da kommen nun diese verleumderischen Behauptungen hinzu.
Wir müssen es mal in aller Deutlichkeit sagen: Was von rechter Seite hier für eine Hetzkampagne betrieben wird, ist unverantwortlich! Irgendjemand treibt ein Bild auf, behauptet, das sei diese Person, schon wird es (auch auf Seiten gewisser Parteien!) herumgereicht, als ob es eine bewiesene Tatsache wäre.

Eine persönliche Anmerkung des Autors:

Kurz gesagt: Geht’s noch??

Ihr Leute, der ihr jene Bilder und Memes verbreitet und damit einen Fotojournalisten, der keine Ähnlichkeit mit dem parolengröhlenden Herrn auf der Demo hat, in das Visier eurer Hetztiraden stellt:
Ist euch eigentlich klar, was ihr da macht?
Mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ist genau das den rechten Machern solcher „Fake-News“ nicht nur klar, es geht ihnen hingegen eben genau darum!

Billigend nämlich nehmen sie nicht nur in Kauf, dass Menschenleben und Existenzen zerstört werden, sondern sie wollen ja, dass Menschen in Angst leben müssen, da jederzeit einer von ihnen mit dem Baseballschläger hinter der nächsten Ecke lauern könnte – und dann nicht nur schreibend tätig sein müßte!

Waren sie doch aber vorgeblich nicht (sic: „eigentlich“) alle dort, um zu „trauern“? So aber sieht ihre Trauer wirklich aus? Den nackten Hintern oder die ebensolche Glatze in die Kamera halten, Parolen gröhlen, den Hitlergruß zeigen – und Unschuldige diffamieren?