Projekt „Dragonfly“ -Benutzt die chinesische Regierung Google „letztendlich als Propagandawerkzeug?“
Derzeit kursieren Berichte, dass der Konzern mit seiner Suchmaschine ins Reich der Mitte zurückkehren könnte – die Kritik daran folgt prompt. Bietet der amerikanische Internetkonzern Alphabet (Google) demnächst eine Suchmaschine in China an, die den Anforderungen an Zensur im Reich der Mitte genügt? Nach dem Onlineportal „The Intercept“ berichtet mittlerweile auch die „New York Times“ über entsprechende Pläne und beruft sich auf nicht näher genannte Quellen.
Eine offizielle Bestätigung seitens des Unternehmens gibt es nicht. „Wir bieten eine Reihe mobiler Apps in China an, etwa Google Translate und Files Go, helfen chinesischen Entwicklern und haben signifikante Investitionen in chinesischen Unternehmen durchgeführt wie JD.com. Aber wir kommentieren keine Spekulationen über zukünftige Pläne“, sagte ein Google-Sprecher gegenüber der Presse. Dafür weisen mittlerweile Staatsmedien der Volksrepublik die Berichte zurück. Darstellungen, denen zufolge die Suchmaschine nach China zurückkehre, seien unwahr, meldet an diesem Donnerstag die Zeitung „Securities Daily“ und beruft sich ihrerseits auf „relevante Abteilungen“.
Andererseits gibt es angeblich bereits einen Namen für das Projekt: Dragonfly (Libelle). Die „New York Times“ und „The Intercept“ wollen zudem erfahren haben, dass die geplante zensierte Suchmaschine in China gesperrte Webseiten und Suchanfragen etwa nach Menschenrechten, Demokratie, Religion oder friedlichen Protesten aussortieren würde. Vertreter der Menschenrechtsorganisation Amnesty International reagierten auf die Berichte mit der Aussage, dies sei ein „schwerer Angriff auf die Informationsfreiheit“.
Chinas Technikstrategie
Google ist in China gesperrt einerseits, weil es sich der Zensur zumindest bisher nicht beugen möchte. Andererseits ist unklar, ob dies seitens der chinesischen Entscheider nur ein Vorwand ist – Peking hat großes Interesse daran, dass Chinesen wichtige Internetinstrumente wie Suchmaschinen, Messengerdienste oder soziale Netzwerke von chinesischen Anbietern wählen. Geschützt vor ausländischer Konkurrenz haben sich in den vergangenen Jahren denn auch veritable Tech-Konzerne wie Alibaba, Baidu und Tencent entwickelt, die sozusagen die fernöstliche Antwort auf Google, Facebook und Amazon sind. Der Markt ist lukrativ: Mehr als 730 Millionen der 1,3 Milliarden Chinesen nutzen bereits das Internet – und tun dies sogar aktiver als viele Menschen in den westlichen Industrieländern.
Die Berichte lösten heftige Proteste aus. Amnesty-Forscher Patrick Poon in Hongkong sah „einen Sieg für die chinesische Regierung“. „Es sendet ein Signal, dass sich niemand mehr die Mühe macht, die Zensur herauszufordern.“ Er fragte auch, wie Google dann die Privatsphäre seiner Nutzer schützen werde: „Wird Google auch einknicken und persönliche Daten herausrücken, sollten die chinesischen Behörden das verlangen?“