Kurz vor der entscheidenden Abstimmung im Europa-Parlament zur umstrittenen Urheberrechtsreform der Europäischen Union (EU) versuchen Befürworter und Gegner der Reform in letzter Minute, die öffentliche Meinung und die abstimmenden Parlamentarier zu beeinflussen. Reformgegner warnen in offenen Briefen vor einer Gefahr für die Meinungsfreiheit. Die Verlegerlobby sprach dagegen von „einem Schlag ins Gesicht der freien Presse“. Der EU-Abgeordnete Axel Voss (CDU) wirft Reformgegnern gar eine „Fake-News-Kampagne“ vor. Voss war maßgeblich an der Ausarbeitung der hoch umstrittenen Reformvorschläge zum EU-Urheberrecht beteiligt. Im Kern geht es um zwei große Streitpunkte:
so genannte Uploadfilter und ein EU-weites Leistungsschutzrecht. Bei den Uploadfiltern würden kommerzielle Plattformbetreiber verpflichtet, von Nutzern hochgeladene Inhalte vor der Veröffentlichung auf Urheberrechtsverletzungen zu prüfen. Sollte eine Urheberrechtsverletzung vorliegen, sollen die Inhalte gar nicht erst veröffentlicht werden. Bislang gilt ein “Notice and Takedown”-Verfahren. Dabei können Urheber eventuelle Verletzungen geltend machen (Notice), woraufhin die Plattform die Inhalte löscht oder sperrt (Takedown). Dieses Verfahren wurde von YouTube auch bereits automatisiert.
Takedown vs. Staydown
Kritiker fürchten nun, dass bei einer Umkehr des Verfahrens hin zu “Notice and Staydown”, die Meinungsfreiheit ausgehebelt würde. Bei “Notice and Staydown” würden Urheberrechtsverletzungen vor/bzw. während dem Hochladen geprüft und im Falle einer vorliegenden Urheberrechtsverletzung blockiert. Kritiker meinen, dass hiervon auch Remixes und so genannte Memes betroffen sein könnten, bei denen zum Beispiel satirische Inhalte bestehendes Bildmaterial verfremden. Kritiker und Befürworter der Uploadfilter werfen sich jeweils gegenseitig vor, die jeweils anderen Argumente nicht zu verstehen. Voss erklärte im EU-Parlamentsfernsehen aktuell, die Erkennungssoftware bei den Uploadfiltern betreffe nur große Plattformen und Portale, die mit nutzergenerierten Inhalten Geld verdienen. Dabei handle es sich um “ein bis fünf Prozent des globalen Internets”. Kritikern der Reform wirft Voss vor, “Unsinn” zu erzählen. Eine der prominentesten Gegnerinnen der Reform ist die EU-Parlamentsabgeordnete Julia Reda von der Piraten-Partei. Sie fürchtet, dass deutlich mehr Plattformen und Web-Angebote betroffen sein könnten, als Voss meint, nämlich “alle Plattformen, die Uploads von Usern erlauben, denn deren Geschäftsmodell basiert im Grunde genommen auch auf urheberrechtlich geschützten Inhalten.”
Auch zahlreiche Startup-Verbände haben sich europaweit gegen die Reform ausgesprochen. Die beiden CDU/CSU-Politiker Dorothee Bär (CSU, Staatsministerin für Digitales) und Thomas Jarzombek (netzpolitischer Sprecher der CDU) haben sich öffentlich gegen das in der Reform vorgesehene EU-Leistungsschutzrecht ausgesprochen, was wiederum von deutschen Verlegerverbänden scharf kritisiert wurde. Dieses Leistungsschutzrecht ist der zweite große Knackpunkt der Reform. Dabei sollen Online-Anbieter, wie Google oder Facebook, verpflichtet werden, für das Anzeigen kleinster Textausschnitte (Snippets) zum Beispiel bei Suchtrefferseiten Lizenzgebühren an Medienunternehmen zu zahlen. Google hat sich bislang stets geweigert, LSR-Gebühren zu zahlen und stattdessen eher auf das Anzeigen von Snippets verzichtet. Versuche in Deutschland, Google juristisch zum Anzeigen von Snippets zu zwingen, sind gescheitert. Befürworter des Leistungsschutzrechts versuchen nun, dieses auf EU-Ebene durchzusetzen. Das Kalkül dabei ist, dass Google bei einer EU-weiten Regelung einknickt, weil hier viel mehr Nutzer betroffen sind.
Den “Fake-News”-Vorwurf äußerte der Reform-Befürworter Voss im EU-Parlamentsfernsehen. Er bezieht sich auf Vokabeln wie “Zensurmaschine” oder eben auch “Uploadfilter”, die seiner Auffassung nach tendenziös sind. Statt Uploadfilter bevorzugt er das Wort “Erkennungssoftware”. Was den Sinn des Leistungsschutzrechts angeht, ist übrigens selbst Voss skeptisch. So sagte er: “Das Leistungsschutzrecht mag nicht die allerbeste Idee sein, aber es ist die bislang einzige Idee, die überhaupt zu einem gewissen Erfolg für die Presseverlage führen kann.”
Morgen (5. Juli 2018) entscheidet das EU-Parlament, ob es der Vorlage des EU-Rechtsausschusses folgt. Ist dies der Fall, würden Uploadfilter und EU-Leistungsschutz in der einen oder anderen Form EU-Gesetz werden.
12.Jul.2018, 18:57
Auch zahlreiche Startup-Verbände haben sich europaweit gegen die Reform ausgesprochen. Die beiden CDU/CSU-Politiker Dorothee Bär (CSU, Staatsministerin für Digitales) und Thomas Jarzombek (netzpolitischer Sprecher der CDU) haben sich öffentlich gegen das in der Reform vorgesehene EU-Leistungsschutzrecht ausgesprochen, was wiederum von deutschen Verlegerverbänden scharf kritisiert wurde. Dieses Leistungsschutzrecht ist der zweite große Knackpunkt der Reform. Dabei sollen Online-Anbieter, wie Google oder Facebook, verpflichtet werden, für das Anzeigen kleinster Textausschnitte (Snippets) zum Beispiel bei Suchtrefferseiten Lizenzgebühren an Medienunternehmen zu zahlen. Google hat sich bislang stets geweigert, LSR-Gebühren zu zahlen und stattdessen eher auf das Anzeigen von Snippets verzichtet. Versuche in Deutschland, Google juristisch zum Anzeigen von Snippets zu zwingen, sind gescheitert. Befürworter des Leistungsschutzrechts versuchen nun, dieses auf EU-Ebene durchzusetzen. Das Kalkül dabei ist, dass Google bei einer EU-weiten Regelung einknickt, weil hier viel mehr Nutzer betroffen sind.
MfG Eberhard Himmelheber