„Ab sofort“ zeichnet der Karikaturist Dieter Hanitzsch für die Münchener Abendzeitung (AZ). Nachdem der 85-Jährige im Mai einer kontroversen Karikatur zum israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wegen von der Süddeutschen Zeitung entlassen worden war. Im Interview mit der AZ nennt er nun Details zum Rauswurf und was ihn an der bayerischen Politik besonders reizt.
 “Wunderbar. Danke”, habe die Antwort aus der Redaktion der Süddeutschen Zeitung an Dieter Hanitzsch auf die Zusendung der Netanjahu-Karikatur gelautet, erzählt er im Interview mit der Münchener AZ, seinem neuen Arbeitgeber. Rund anderthalb Monate nach der Trennung von der SZ hat sich die AZ die Dienste des renommierten Zeichners gesichert. Gegenüber dessen Chefredakteur Michael Schilling spricht Hanitzsch über die Vorwürfe gegen seine Karikatur und die neue “alte” publizistische Heimat.

Der Aufschrei, der auf die Karikatur folgte, war enorm. Kritiker bemängelten die grotesk überzeichneten antisemitischen Klischees und verglichen die Zeichnung mit der Nazi-Zeitung Der StürmerNatürlich kenne er die Klischees und Typologien aus dem “Stürmer”, betont er nun gegenüber der AZ. “Deswegen ist dieser Vorwurf so ungeheuerlich. Es ist der Schlimmste, den man einem Karikaturisten machen kann. Nicht nur in Deutschland, sondern überall.
”Des öffentlichen Drucks wegen trennte sich die SZ wenige Tage später von ihrem langjährigen Karikaturisten. Den Rauswurf wiederum kritisierte unter anderem die weltweite Karikaturisten-Organisation “Cartooning for Peace” in einer offiziellen Stellungnahme. Sie bedauerte, dass sich die SZ-Redaktion nicht mehr zu ihrer Verantwortung bekannt habe.
Die Kündigung laufe letztlich auf die Beschränkung der Meinungsfreiheit hinaus.

Um diese Karikatur ging es: Kritiker bemängelten Ohren und Nase von Netanjahu

Von anderen Seiten wie der französischen Zeitung El Pais oder dem berühmten Karikaturist Plantu, erzählt Hanitzsch, gab es Zuspruch und Unterstützung. Auch der Deutsche Presserat hatte sich mit diesem Fall befasst und kam zu dem Ergebnis, dass die Karikatur von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Die Grenze zur Diskriminierung von Juden sei nicht überschritten worden, hieß es in einer Stellungnahme.
Seine neue Tätigkeit bei der AZ bedeutet für ihn eine Rückkehr an die alte Wirkungsstätte, nachdem er von 1961 bis in die 80er Jahre schon einmal für die Münchener tätig war. Seinen Fokus lege Hanitzsch künftig auf die Münchener und bayerische Politik. “Karikaturen über München – ob es um Wohnungsbau oder Wiesnbierpreis geht – müssen sein. Das wollen die Menschen auch. Und die bayerische Politik gibt ja täglich Anlass, sie zu karikieren.” Der kritische Blick auf  Bundes- und Weltweites werde aber nicht vernachlässigt, betont Hanitzsch.

Jul 2018 | Allgemein, In vino veritas | Kommentieren